Fallout 76 hatte nicht nur einen schweren Start, es hat auch jetzt noch eine weite Reise vor sich. Bethesda patcht seit dem Release fleißig nach, bessert aus und fügt neue Inhalte hinzu. Das hilft, doch leider sorgen neue Updates auch regelmäßig für weitere Fehler. Erst kürzlich wurde das mit Patch 12 und dem ersten Raid Vault 94 wieder deutlich.
Ich spiele selbst kein Fallout 76. Obwohl ich seit Fallout 3 großer Fan der Reihe bin und mehrere hundert Stunden in die Vorgänger gesteckt habe, spricht mich das Multiplayer-Konzept von 76 nicht an. Das würde es vermutlich auch nicht, wenn technisch alles fehlerfrei laufen würde.
Trotzdem beschäftige ich mich auffällig viel mit dem Online-Appalachia, denn die Community-Beiträge sind immer einen Ausflug wert. So viel witzigen Nonsense und abstruse Geschichten über Kannibalen, hinterhältige Fallen und Bugs, die von Kunstsammlern gekauft werden, finde ich eben nur hier.
Geschichten aus dem Leben (eines Ödländers)
Ich "liste" an dieser Stelle einige Beispiele von der Art Geschichten auf, die mich persönlich angesprochen haben. Einige sind größer, andere bestehen im Grunde nur aus einem Satz. Es sei jedem empfohlen selbst ab und zu einen Blick in den Subreddit zu werfen!
Das Todeskrallen-Labyrinth
Oft sind in den User-Stories auch eigens gebaute Konstruktionen involviert. Ein Spieler hat beispielsweise ein Labyrinth gebaut und ahnungslose Wanderer hineingelockt. Drinnen eingesperrt versuchten die Opfer einen Ausweg zu finden, aber es gab nichts - abgesehen von einer Todeskralle, die aus den meisten Spielern kurzen Prozess gemacht hat. Und hab ich schon erwähnt, dass der hinterhältige Schöpfer des Labyrinths seine Opfer die ganze Zeit beobachtet? Gekleidet mit Spazierstock, Frack und Zylinder?
"An die Person, die ich gegessen habe …"
Mit diesen Worten beginnt ein sympathischer Brief eines hungrigen Kannibalen. Darin beschreibt er sehr detailliert die Begegnung mit einem anderen Spieler. Vollgepumpt mit Psycho und nur einer Dose Hundefutter im virtuellen Magen entschied er sich dazu, seinen Kontrahenten zu essen. "You were delicious", schreibt er zum Abschluss. Als Dank für das festliche Mahl hinterlies er bei der Leiche einen Beuteln mit einem einzelnen Salzkorn darin.
Ist das Kunst, oder kann das weg?
Nachdem der neue Raid 94 einen völlig wertlosen Bohrer als Belohnung für das schwere und lange Dungeon verteilte, erklärten die Fans das Werkzeug zum Kunstobjekt und widmeten den Namen des Items dem Game Director Todd Howard. Ein selbst ernannter "Kunstsammler" kaufte das Objekt für 10.000 Kronkorken und hing es bei sich im C.A.M.P. an die Wand - zusammen mit den Worten "Danke Todd".
Der Mothman-Kult ist echt
Es gibt sogar einen eigenen Kult, der das mystische Wesen Mothman verehrt. Einen Kult, der sich eigene Tempel und Gebetsstellen baut, an dem sich die Mitglieder treffen um ihrem "Lord und Retter" zu huldigen. Das ist schon eine ziemlich coole Sache, zumal Bethesda sogar darauf reagiert hat: Mit dem kommenden Wastelanders-Update, das NPCs einführt, kommen auch "echte" virtuelle Kultisten als kleine Fraktion hinzu.
Link zum YouTube-Inhalt
Gourmet-Kannibalen
Noch eine letzte Sache, die ich ganz frisch auf Reddit entdeckt habe: Nachdem ein Spieler von einer Gruppe Hobby-Kannibalen gefragt wurde, ob er ein Kochbuch für sie schreiben könne, ist genau das passiert. Stolz präsentiert er seine Artworks zu "Let's E.A.T.T.! Barbecue Book: Grill or spit roast your neighbors with ease" und den Nachfolger "Wastelanders Barbecue: Guide to People Eatin'".
Alle sind lieb zueinander
Das stimmt natürlich nicht ganz, denn es gibt mit Sicherheit auch unfreundliche Ödlander. Trotzdem gibt es regelmäßig Posts und Events, bei denen die Community zusammenrückt und sich gegenseitig unterstützt. Ein Spieler wandert beispielsweise von Camp zu Camp und repariert beschädigte Teile seiner Mitmenschen, ohne Gegenleistung. Außerdem gibt es regelmäßig Spieler, die sich bei anderen Ödländern für deren Hilfe bedanken. Das ist keine Selbstverständlichkeit auf Reddit.
Schon nach dem Ende der Beta bauten mehrere Spieler für die Neuankömmlinge des vollwertigen Releases Unterkünfte und halfen mit nötigen Ressourcen aus. Darunter waren bekannte YouTuber wie Many A True Nerd. Auch jetzt helfen sich die User untereinander dort, wo Bethesda es nicht schafft. Für den großen Raid fehlt z.B. eine offizielle Sammelstellen, um Mitspieler zu finden. Also werden diese einfach selbst gebaut.
Warum das nicht nur witzig, sondern auch wichtig ist
Bethesda sollte sich wirklich glücklich schätzen, dass die Core-Fans zum Spiel halten und im wahrsten Sinne des Wortes das beste aus der Situation machen. Grund genug als Ödländer das Handtuch zu werfen, gäbe es jedenfalls. Das zeigt sich auch darin, dass es selbstverständlich weiterhin viel Kritik gibt. Doch die negativen Stimmen müssen eben auch immer wieder Storys wie den obigen Beispielen weichen und wirken dadurch weniger erdrückend.
Nicht alle Live-Service-Titel mit gescheitertem Start haben so viel Glück wie Fallout 76. Denn letztendlich tragen die geteilten Erfindungen, Entdeckungen und witzigen Ideen der Fans dazu bei, dass die Stimmung nicht komplett kippt und sich vollends gegen die Entwickler richtet. Dafür bietet die Fallout 76-Sandbox schlicht zu viele kreative Freiheiten, mit denen man jede Menge Spaß haben kann. Zumindest mit einer so coolen Community.
Gleichzeitig sind die Storys aber auch ein Indiz dafür, wie viel Potential in Fallout 76 steckt. Wenn viele Spieler schon jetzt so viel Spaß im Ödland haben, wie würde der Subreddit wohl aussehen, wenn alles funktionieren würde, wie es sollte? Es bleibt nur zu hoffen, dass Bethesda mit zukünftigen Updates endgültig die Technik-Kurve kriegt und aufhört sich mit spielerisch-relevanten Items im Echtgeldshop unbeliebt zu machen. Allein schon, damit ich mich noch lange durch die absurden Fan-Beiträge wühlen kann.
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