Hart, härter, From Software - Genau das war bislang mein Eindruck von Spielen wie Dark Souls, Bloodborne und Sekiro. Und das kurioserweise, ohne auch nur eine Sekunde in einem der Souls-Spiele verbracht zu haben. Aber warum sollte ich auch? Ich stehe weder auf kämpferische Demütigungen noch auf Grind. Und die düstere Stimmung mit ihren meist abnormalen Kreaturen war für mich bislang auch nicht unbedingt einladend.
Und trotzdem habe ich mich immer gefragt, warum so viele Menschen einfach nicht genug von Souls-Spielen bekommen können, ja sie sogar teils abgöttisch feiern. Aus diesem Grund hatte ich mir schon vor einer Ewigkeit fest vorgenommen: Irgendwann gebe ich mir auch mal die harte Welt der Souls-Spiele und erlege einen harten Boss!
Annika Bavendiek
@annika908
Über die Kolumnenreihe:
Elden Ring ist das erste Souls-Spiel für Annika überhaupt. Dark Souls & Co. empfindet sie als zu melancholisch, zu kryptisch und zu hart, was nicht so ihrem Geschmack trifft. Um aber trotz allem ein Gefühl dafür zu bekommen, was den Reiz dieser Spiele ausmacht, und um herauszufinden, ob sie als Noob überhaupt den Hauch einer Chance hat, wagt sie ihre ersten Souls-Gehversuche in Elden Ring. In ihren Tagebuch-Kolumnen hält sie fest, wie sie sich als absoluter Neuling mit dem Ziel, den ersten Halbgott zur Strecke zu bringen, durch das unerbittliche Zwischenland kämpft.
Spoiler inklusive!
Plötzlich Souls-Spielerin - Hilfe!
Womit wir bei Elden Ring wären. Denn gegen all meiner Absichten wurde der enorm gehypte Titel spontan zu eben dieser Souls-Prüfung, die ich immer so fein vor mich hergeschoben hatte. Aber zu groß war meine Klappe und zu klein mein Mut, Nein zu sagen, als wir im Redaktions-Meeting über das Thema Zugänglichkeit von Elden Ring sprachen. Ich bin das perfekte Opfer, äh Beispiel, für einen absoluten Souls-Noob, der sich mit Elden Ring endlich in die Hölle wagt – oder “liebevoll” geschubst wurde, je nachdem, wen man in der Redaktion fragt.
Dabei hatte ich doch gerade erst im bockschweren Kampfspiel Sifu so hart einen drauf bekommen, dass es normalerweise für den Rest des Jahres locker reicht. Andererseits heißt es auch, dass Elden Ring dank Schleichen, Magie sowie helfenden Geistern und NPCs für ein Souls-Spiel sogar recht zugänglich sein soll.
Samurai-Power statt Möchtegern-Gandalf
Aber fangen wir von vorne an. Herausforderung Nummer 1: Welche Klasse nehme ich, welche ist die Beste für Einsteiger? Um sicher zu gehen, habe ich unsere Souls-Profis in der Redaktion gefragt. “Nimm den Astrologen!”, haben sie gesagt. “Der ist mit seiner Magie für Anfänger gut.”, haben sie gesagt. Und auch unsere sowie andere Guides sprachen eine ähnliche Sprache. Und habe ich darauf gehört? Natürlich nicht!
Zu sehr lockte mich der Samurai mit seinem Katana und Bogen. Magie? Die kann ich ja irgendwann dazu skillen. Hauptsache, ich fühle mich in meiner schicken Rüstung auch wie ein richtiger Krieger, statt in Kuttenlumpen wie so ein Möchtegern-Gandalf. Außerdem soll der Samurai ebenfalls gut für Einsteiger sein. Also was kann da schon schiefgehen?
Zur Hölle mit dem Multiplayer
Mein Samurai Liem war fertig, das Intro vorbei, es konnte losgehen. Wobei ich mir immer noch nicht sicher war, ob ich das wirklich wollte. Ich hatte gemischte Gefühle. Einerseits war ich neugierig und freute mich auf die Erfahrung, andererseits sah ich mich schon bei meinen Kolleg*innen ausheulen, wie fies das Spiel doch sei. Aber bevor ich mir da weitere Gedanken darüber machen konnte, musste ich mich schon mit dem Multiplayer rumschlagen.
Ich stand mit meinem Samurai keine drei Sekunden in der Kapelle der Erwartungen, da hüpfen andere Spieler*innen in geisterhafter Erscheinung wild um mich herum und machten Mätzchen. Dazu pflasterten Textnachrichten so sehr den Boden, dass ich davon nicht nur sehr abgelenkt, sondern auch genervt war. Ich wollte doch in eine melancholische Welt eintauschen und mich nicht durch “Try fingers but hole”-Nachrichten trollen lassen.
Als Konsequenz deaktivierte ich den Multiplayer nach wenigen Minuten. Allerdings brachte das leider erst etwas, als ich das Spiel nach einer Pause neu gestartet hatte, da die Einstellung dadurch erst übernommen wurde. Da ich das vorher aber nicht wusste, regte ich mich nur umso mehr darüber auf, dass das Deaktivieren nicht funktionierte und Elden Ring eher einer Party glich. Meine ersten Zitterpartien durchlebte ich damit noch mit Quasi-Zuschauern.
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'Wie kannst du es wagen?!'
Ein Spross, der erste große Gegner, machte aus mir wenig überraschend ruckzuck Kleinholz. Wie sich aber zum Glück raus stellte, ist das vom Spiel gewollt, da die Niederlage eine Cutscene mit Ortswechsel einleitet. Und ich hatte schon befürchtet, dass das hässliche Vieh der Standard sei und mein katastrophales Scheitern in diesem Projekt brutal einläutet.
Trotz der Erleichterung schlich ich mich – mal mit mehr, mal mit weniger Panik – durch das Tutorial, das folgte. Dass ich das versteckte Tutorial nicht verpasst habe, Kollege Dennis sei Dank. An sich war das zwar zu meiner Überraschung gut machbar, erwies sich aber auch als Krampf. Zu sehr vermasselte mir mein Muskelgedächtnis mit der Horizon Zero Dawn-Steuerung die Tour, weshalb ich mich immer wieder richtig dumm anstellte. Dass sich das in Zukunft noch als weitaus größeres Problem herausstellen sollte, konnte ich da noch nicht ahnen.
Als ich das Tutorial hinter mich ließ und schließlich ohne einen einzigen Tod (Halleluja!) durch ein Tor schritt, entfaltete sich Limgrave vor mir. Ich bestaunte die offene Welt mit dem riesigen leuchtenden Baum. Auf ihre Art ist Elden Ring echt hübsch. Aber hier herrschen raue Sitten, also ab in die Hocke und von Busch zu Busch geflitzt. Zu sehr hatte ich Angst, dass mich ein starker Gegner umrennt, weil ich die ganz gerne mal übersehe übersehe. Immerhin gibt es keine Mechanik, die mir wie in Horizon Zero Dawn Feinde hervorhebt. Ich wusste außerdem nicht so recht, was ich nun mit mir anfangen soll. Denn selbst ein normal wirkender berittener Feind schreckte mich ab und mir sprang keine Quest auffallend ins Gesicht.
Aber siehe da: Schafe! Leichte Beute und gut zum Üben.
Da konnte ich meine übervorsichtige Art beiseite legen und spazierte entspannt auf die Wollknäule zu. Zack, Nummer 1 war hinüber. Ein weiterer Schwerthieb und das nächste Schaf musste zum Wohl meiner Souls-Karriere dran glauben.
Dummerweise hatte der Rest der Herde mittlerweile die Gefahr gewittert. Als ich ein weiteres Schaf in Runen umwandeln wollte, purzelte es einfach vor mir weg, so als wollte es mich damit demütigen. Getreu dem Motto: “Du kriegst mich nicht! Du bist so langsam, ich kann sogar mit Purzelbäumen vor dir fliehen.” Elden Ring ist zwar nur ein Spiel, aber da fühlte ich mich doch verspottet. Meine erste Demütigung in einem Souls-Spiel kam nicht etwas durch einen Boss, sondern ausgerechnet durch ein Schaf. Das nennt sich wohl Karma.
Letztendlich überlebte das Schaf die Aktion aber nicht, sowie viele weitere nach ihm - zum Leid meines Kollegen Dennis, der sich über mein Verhalten auf Twitter empört zeigte:
Link zum Twitter-Inhalt
Natürlich brach es auch mir das Herz, die Schafe für Runen und damit Level abzuschlachten, aber ich wusste mir halt nicht anders zu helfen. Keine zehn Pferde bekamen mich so früh dazu, mich auch nur ansatzweise einem fies aussehenden Gegner zu nähern. Stattdessen rannte ich panisch davon, als beispielsweise ein hässlicher Troll vor mir auftauchte.
Es mussten also erstmal Schafe, Adler und andere harmlose Tiere herhalten. Das brachte mir erste Erfahrung ein, ohne durch unzählige Tode zu schnell demotiviert zu werden. Nicht würdevoll, aber mühsam ernährt sich so die Souls-Anfängerin durch schwache Kreaturen, was sich im weiteren Spiel auch als gute Taktik herausstellen sollte.
Fortsetzung folgt…
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