Erfolg hat viele Väter
Man merkt schon: Die Präsentation auf der Quakecon ist nicht arm an Déjà-vus. Zu Deus Ex und Thief und (allerdings nur rein optisch wegen der Uniformen, Degen und schmuddeligen Docks) Fable 3gesellt sich dann noch ein bisschen Half-Life 2. In einer Sequenz wird der Spieler von mechanischen Wachen auf riesigen Eisenstelzen in die Zange genommen, die mit ihrem bizarren Gestakse Erinnerungen an Valves Meisterwerk wachrufen. Das ist kein Zufall, vielmehr liegt es am verantwortlichen Designer: Viktor Antonov ist der Art Director für Dishonored, Steampunk ist sein Lieblingsgenre und die Architektur sowie Technik der Half-Life 2-Antagonisten Combine sind sein Werk.
Die größte Inspirationsquelle für Dishonored ist aber wohl Bioshock 2, an dem die Arkane Studios mitgearbeitet haben. Neben der Atmosphäre der zukunftspessimistischen, also dystopischen, Alternativwelt erinnern vor allem spielerische Aspekte an 2Ks Unterwasser-Ego-Trip. Die zwei Hände des Spielers sind nämlich nicht nur mit Waffen bestückt: Während die Rechte stets den Griff eines Degens umfasst -- Nahkampf ist häufig und erwünscht -- darf die Linke entweder mit einer Schusswaffe oder einer übernatürlichen Fähigkeit bestückt werden. So reißt ein Windstoß Wachen von den Beinen, eine Art Smartbomb schickt einer ganzen Gegnergruppe ein Rudel gefräßiger Ratten auf den Hals, oder aber die Zeit wird kurzfristig verlangsamt – Bullettime lässt grüßen.
Diese Mana-zehrenden Sonderfähigkeiten bringen sehr viel Abwechslung und unterschiedliche Lösungsansätze ins Spiel: Will man durch die Hintertür in ein Gebäude eindringen? Oder mit einer Kombination von Supersprung- und Zeitstopp-Fähigkeit aufs Dach gelangen und von dort aus einsteigen? Oder soll man doch lieber von einer Ratte Besitz ergreifen (mit der »Possess«-Fähigkeit können wir in die Körper von allerlei tierischen und menschlichen Wesen schlüpfen) und mit ihr durch ein Abwasserrohr trippeln? Die Wahl beruht allerdings nicht nur auf der eigenen Entscheidung, sondern auch darauf, was der Protagonist zu diesem Zeitpunkt alles beherrscht. Die übernatürlichen Fähigkeiten werden im Unterschlupf des Spielers, einem Pub, mittels einzusammelnder Knochenrunen mehrstufig ausgebaut.
Phantasie, kawumm & splatter!
Dishonored bedient sich fraglos zahlreicher bekannter Elemente und teilt mit einer Handvoll Titel seine schräge Steampunk-Welt. Tragisch ist das nicht: Zum einen können weitere Titel mit dem ansonsten unvergleichlichen Bioshock-Flair nicht schaden, zum anderen dürfte in der Gesamtheit trotzdem ein ziemlich eigenständiges Werk entstehen. Die spielerische Freiheit scheint größer als bei der Konkurrenz: Waffen, Fähigkeiten und Spielumgebung lassen sich in allen erdenklichen Kombinationen nutzen, Probleme meist auf vielfältige Weise lösen.
Harvey Smith erzählt von einer hübschen Problemlösung, auf die ein hauseigener Betatester während des Spiels gekommen ist: Um eine ganze Gruppe Feinde zu erledigen, gegen die der Spieler konventionell chancenlos ist, kann man eine selbst kreierte, ferngesteuerte Bombe nutzen. Dazu braucht man eine »Blade Mine« (eine Haftmine), die bei der Explosion etliche scharfe Klingen durch die Luft wirbeln lässt. Dann sucht man sich eine Ratte, hält die Zeit an, um ihr die Mine auf den Rücken zu heften, schlüpft in den Körper des Nagers, läuft mit ihr in die Gegnermenge, verlässt blitzschnell den Leib der Ratz wieder -- und lässt die Zeit weiterlaufen – kawumm und splatter! Problem unkonventionell, aber äußerst blutig gelöst.
Sowas könnte bei dauerhafter Anwendung übrigens zum Problem für den Spieler werden: fortgesetzte Mordlüsternheit und Destruktivität führt zu einer raschen Erhöhung des »Chaos«-Wertes. Chaos wirkt sich auf das Verhalten der NPCs aus, die unter Umständen nicht mehr mit dem Spieler kommunizieren oder ihn sogar verpfeifen. Zudem bestimmen der Chaospegel und die spielerischen Entscheidungen das Ende der Story, von denen es mehrere unterschiedliche gibt. Für Wiederspielwert dürfte also gesorgt sein. Wir sehen aber mit großer Freude zunächst mal dem ersten Anspielen entgegen – hoffentlich bald!
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