Die Sims 4 gibt mir wie kein anderes Spiel das Gefühl, gesehen und akzeptiert zu werden

Das Update 1.69 hat eine handvoll kosmetischer Neuerungen parat gehabt. Lena verrät, wie es Fans wie sie überraschend emotional getroffen hat.

Die Sims 4 zeigt Minderheiten großen Respekt mit kleinen Details. Die Sims 4 zeigt Minderheiten großen Respekt mit kleinen Details.

Das Die Sims 4-Update 1.69 brachte Anfang des Jahres vergleichsweise kleine und hauptsächlich rein kosmetische Neuerungen. Was ein simples Content-Update hätte sein können, sorgte bei der Community aber für regelrechte Begeisterung.

Denn für viele Spieler*innen geht es über neue Optionen für ihre Sims hinaus – besonders Menschen mit Behinderungen und die queere Community fühlen sich plötzlich auf eine Art und Weise gesehen und respektiert, wie es kein Spiel bisher geschafft hat.

Dazu zähle auch ich mich. Persönlich begrüße ich nicht nur den Trend, mehr und mehr Menschen in der Sim-Welt abzubilden, sondern bin besonders beeindruckt von dem Ansatz, mit dem Entwickler Maxis sich dieser Aufgabe angenommen hat. Statt grenzenloser Freiheit bei der Sim-Erstellung hat das Team die Neuerungen nämlich an klare Eingrenzungen geknüpft – und das ist richtig so.

Kleidungsstücke der besonderen Art

Was genau war im Update neu? Zu den Neuerungen zählt zum einen die Kategorie “Medizinische Wearables" mit Hörgeräten und Blutzuckermessgeräten, welche Sims unabhängig von anderer Kleidung tragen können. 

Außerdem gibt es nun Narben einer Brust-OP (Doppelmastektomie) für Sims mit männlichem Körperbau, sowie einen Binder als neues Top. Zur Erklärung: Binder werden in der Realität von trans maskulinen Menschen getragen, um die eigene Brust eng an den Körper zu drücken, damit sie kleiner aussieht. 

Sims mit männlichem Körperbau können jetzt Narben einer Brust-OP haben. Sims mit männlichem Körperbau können jetzt Narben einer Brust-OP haben.

Im Spiel sind sie zu diesem Zeitpunkt lediglich ein Kleidungsstück, ändern die Körperform und Brustumfang des Sims also nicht. Aber in Verbindung mit den anderen Werkzeugen des Editors lässt sich damit dennoch immersiver ein explizit trans maskuliner Sim ausspielen.

Die rein kosmetische Natur dieser Neuerungen ändert nicht, dass sie für Spieler*innen, für die diese Dinge zur Lebensrealität gehören, einen großen Schritt für ihre Repräsentation darstellen.

Damit gliedern sie sich auch in die inklusive Richtung ein, die Sims 4 schon eine ganze Weile einschlägt: Angefangen mit der Aufhebung jeglicher Beschränkungen, welche die Auswahloptionen an das Geschlecht des Sims gekoppelt hatten, weitergeführt mit dem Update, das uns erlaubt hat, die sexuelle Orientierung von Sims zu bestimmen. Zuletzt mit der Möglichkeit, uns die Pronomen der Sims frei festlegen zu lassen – wenn auch bisher nur in der englischen Version.

Emotion beim Spielen entsteht auch durch Ästhetik

Für mich könnte diese Entwicklung logischer nicht sein. Als Lebenssimulation balanciert Sims immer zwischen Realismus und der Spielerfahrung. Jeder Fortschritt zugunsten von Diversität hebt beides auf eine neue Ebene!

Binder sind im Spiel rein kosmetischer Natur, lassen die Brust also nicht wirklich kleiner erscheinen. Trotzdem sind sie eine willkommene Ergänzung. Binder sind im Spiel rein kosmetischer Natur, lassen die Brust also nicht wirklich kleiner erscheinen. Trotzdem sind sie eine willkommene Ergänzung.

Ich erkenne mich und meine LGBTQIA+-Freund*innen und Bekannten beim Spielen wieder, was die Realität abbildet. Gleichzeitig bekommen alle schlicht mehr Optionen, mit denen wir spielen können. So gibt es dadurch nicht nur mehr Arten, auf die sich Szenarien im Leben der Sims entfalten können – sondern auch mehr Menschen, mit denen wir unser Hobby teilen können, weil sie sich durch die explizite Inklusivität willkommen fühlen.

Es ist schwer in Worte zu fassen, wie glücklich mich der aktuelle Stand des Editors in Sims 4 bereits macht. Ich versuche es mit einem: Befreiend.

In meinen 20ern erkannte ich, dass ich trans bin und war es seitdem gewohnt, meine Erwartungen im Zaum zu halten, was Identifikation mit Spielfiguren angeht. Die Sims lässt mich viele dieser Vorbehalte endlich ablegen. 

Ich hoffe, die neuen Optionen geben mehr Menschen, etwa mit Hörbehinderung, Diabetes und trans maskulinen Personen die Chance, sich genauso freuen zu können.

Lena Maximilian Siess
Lena Maximilian Siess

Lena freut sich über die langsame, aber stetige Entwicklung zu mehr queerer Repräsentation und Akzeptanz in der Spieleindustrie. Auf ihrem YouTube Kanal Gescheit Gespielt untersucht sie Titel wie Gothic, Mass Effect oder Fallout: New Vegas auf ihre menschlichen Aspekte. Und auf Twitter teilt sie Fortschritte ihrer unterschiedlichen Projekte. Wenn es denn welche gibt. Ähem.

Andere Spiele geben die Verantwortung an Spieler*innen ab

Natürlich ist Die Sims 4 nicht das einzige Spiel mit inklusiven Editoren. Auch Titel wie etwa Saints Row (2022) oder Tiny Tina's Wonderlands geben außerordentlich viele Freiheiten beim Kreieren von Charakteren. Mit Reglern für die kleinsten Details der Äußerlichkeiten, die oft zu extremen Resultaten bei den Maximalwerten führen. 

Kreative Spieler*innen können sich damit austoben und gar bekannte Figuren nachbauen – darunter auch weniger menschliche Kreationen wie Shrek oder eine Albtraum-Variante von Winnie Puuh.

Saints Row gibt uns jede Menge Möglichkeiten, lässt aber auch komplett absurde Karikaturen zu. (Bildquelle: youtubeDan Allen Gaming) Saints Row gibt uns jede Menge Möglichkeiten, lässt aber auch komplett absurde Karikaturen zu. (Bildquelle: youtube/Dan Allen Gaming)

Allerdings fühlen sich die Editoren dieser Titel, die durch ihre Flexibilität durchaus trans- und nicht-binäre Figuren erlauben, weniger explizit inklusiv an. Das mag rein subjektiv klingen, ich sehe aber zwei entscheidende Punkte, in denen sich Die Sims 4 von anderen Titeln unterscheidet und ihnen weit voraus ist:

Zum einen respektvolle, rücksichtsvolle Kategorisierungen und Beschreibungen von Gegenständen und Optionen. Und zweitens eine strikte, aber durchdachte Beschränkung für die Optionen im Editor. 

Zum Beispiel lässt das Spiel die Brust-OP Narben nur an Sims mit einer flachen Brust zu. Strikt, aber es verhindert Kombinationen, welche das reale Leben von Menschen mit diesen Narben unnötig verzerrt wiedergeben würden. Damit lassen sich inklusive Sims bauen, ohne die Tür für Abstrusitäten zu öffnen.

Der respektvolle Umgang von Sims 4 macht’s aus

Genauso durchdacht und respektvoll wurde die Einordnung der Geschlechter und sexuellen Orientierung behandelt. Spieler*innen wird innerhalb von gut nachvollziehbaren Rahmen die Freiheit gegeben, LGBTQIA+-Sims zu erschaffen. 

Sims 4 führt klar und verständlich durch die Charaktererstellung und legt sinnvolle Beschränkungen fest. Sims 4 führt klar und verständlich durch die Charaktererstellung und legt sinnvolle Beschränkungen fest.

Damit zeigen die Entwickler*innen konsequent, dass sie im Spiel repräsentieren wollen, was entsprechende Minderheiten ihr ganzes Leben lang beschäftigt.

Für mich ergibt sich als Teil einer solchen Minderheit daraus ein ganz besonderes Gefühl. Ich kann meine eigene und die Lebensrealität meiner Freund*innen in einem Spiel wiedererkennen, das die echte Welt abbilden soll. 

Mich in einer virtuellen Reflektion des Lebens sehen, nachdem ich dutzende ähnliche Spiele gespielt habe, in denen Menschen wie wir vergessen oder aus Zeit- und Budgetgründen ausgelassen wurden.

Ich rechne es Sims 4 sehr hoch an, dass es mir zeigt: Ich bin ein Teil seiner Welt. Dass es mir einen Raum schafft, in dem ich mich ohne Kompromisse zuhause fühlen kann. Updates wie dieses geben uns also nicht nur neuen Content, worüber sich alle freuen können. Sondern auch die Gelegenheit für neue Personen, sich auszuleben und zu spüren, dass sie gesehen, verstanden, respektiert und akzeptiert werden.

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