Es ist verrückt. Sobald ich nur an die berühmt-berüchtigte Flughafen-Szene aus Modern Warfare 2 (2009) denke, habe ich sofort die gellenden Schreie und das Chaos im Ohr. Sehe panisch flüchtende Zivilisten vor meinem inneren Auge, die erbarmungslos von den automatischen Waffen skrupelloser Terroristen niedergemetzelt werden. Und an denen ich selbst als Spieler teilnahm, wenn ich die entsprechende Mission nicht übersprang.
Diese Mission hat sich fest in mein Hirn eingebrannt und ich denke, einigen von euch wird es ähnlich gehen. Und diese Szene steht für mich auch stellvertretend für eine Zeit, in der man Modern Warfare-Spiele nicht nur mit toller Shooter-Unterhaltung verband, sondern auch mit Skandalszenen, über die teils mehr gesprochen wurde, als über die eigentlichen Spiele.
Ziele verfehlt
Egal ob der Flughafen, die Familie, die in MW3 in Paris von einer Bombe zerfetzt wird oder der Giftgasanschlag aus Modern Warfare (2019): All diese Szenen waren zwar eindringlich, aber stellenweise derart überzeichnet, dass sie ihren eigentlichen Sinn verfehlten. Der Schrecken eines terroristischen Anschlags wäre uns beispielsweise eindringlicher vermittelt worden, wenn wir die Flughafenszene aus einer Opferperspektive verfolgt hätten, stattdessen mischten wir als Undercover-Agent munter mit, was die komplette Situation konterkarierte.
Dass Entwickler Infinity Ward auch in den folgenden MW-Spielen ähnliche Szenen – wenn auch nicht ganz in der "Qualität" des Flughafens – einbaute, machte die Sache für mich nicht besser. Im Gegenteil, denn so wurde ein Teil der Diskussion immer weg von den Spielen selbst gelenkt und hin zu etwas, was unserem Medium in der Rückschau nicht unbedingt gut tat, zumindest wenn ich mich an die Gewalt- und Killerspieldebatte nach MW2 im Jahr 2009 erinnere. Trotzdem war der Reihe die Aufmerksamkeit – und damit das vermutlich eigentliche Ziel – durch die großen Aufschreie stets gewiss. Denn auch, wenn Infinity Ward es nie öffentlich zugab, wird genau das vermutlich auch knallhart einkalkuliert gewesen sein.
Dieses recht plumpe Kokettieren mit Skandalen und Skandälchen hat der Modern Warfare-Reihe in meinen Augen aber nie wirklich gut getan, weil dadurch regelmäßig aus dem Fokus geriet, was die Spiele stets phänomenal hin bekamen: großartige Shooter-Kampagnen mit viel Abwechslung zu liefern, in denen unverwechselbare Figuren wie Captain Price, Soap MacTavish oder Simon "Ghost" Riley auftauchen. Und genau deshalb bin ich heilfroh, dass das aktuelle Modern Warfare 2 auf derartige Szenen verzichtet.
Konzentration aufs Wesentliche
Natürlich gibt es auch hier noch ein paar Szenen, in denen ich mit den Augen rolle, etwa dann, wenn ich mit vorgehaltener Waffe Zivilisten "deeskalieren" muss. Aber es gibt keine Mission im Stile der erwähnten Flughafen-Mission, nichts, bei dem mir ein lautes "WTF??" entfleucht. Na gut, mit Ausnahme der viel zu langgezogenen Fahrzeugsequenz vielleicht, aber das ist ein Skandal in einem anderen, deutlich liebenswerter gemeinten, Sinne.
Stattdessen wird viel mehr über die eigentliche Kampagne und deren Stärken und Schwächen geredet. Und auch wenn das bei den Vorgängern natürlich ebenfalls passiert ist, gab es da stets einen mal mehr, mal weniger stark ausgeprägten faden Beigeschmack. Dieser fehlt mir bei Modern Warfare 2 komplett und das fühlt sich sehr angenehm an. Denn über MW2 wird aktuell auch so ausreichend gesprochen. Ganz ohne irgendwelche Skandale.
Wie habt ihr die "Skandalzeit" von Modern Warfare empfunden?
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