Ich mag es sehr, ziellos durch offene Spielwelten zu streifen, spontan Nebenquests anzunehmen und mich von Gegnern, Dungeons oder vielleicht auch kleinen Schätzen überraschen zu lassen. Meine Wanderungen durch Vvardenfell, meine liebste Open World, waren aber nicht einfach nur ziellos sondern gänzlich ohne jede Orientierung - The Elder Scrolls III: Morrowind hat mich hoffnungslos überfordert.
Links, am Schlickschreiter vorbei und dann geradeaus
Wenn über die Besonderheiten der Spielwelt von Morrowind geredet wird, liegt die Betonung oftmals auf der Tatsache, dass The Elder Scrolls III noch aus der "guten alten Zeit" stammt, die ohne Mini-Map und Quest-Marker auskommt. Wenn ich zu einem bestimmten Punkt der Weltkarte gelangen möchte, bin ich darauf angewiesen, NPCs nach dem Weg zu fragen oder den Schilder zu folgen, die immer wieder an Kreuzungen aufgestellt sind.
Und ja, ein wichtiger Anreiz von Morrowind ist die direkte Auseinandersetzung mit der Umgebung, die mir vielleicht Hinweise darauf liefern könnte, wo ich mich gerade befinde und welche Richtung ich einschlagen muss, um nach Balmora zu finden. Das Verlaufen ist in Vvardenfall eine verlässliche Methode, um versteckte Höhlensysteme, Banditenlager und andere Geheimnisse zu finden, die uns niemals unterkämen, würden wir nur tatsächlichen Aufträgen oder Hauptstory folgen.
Ich werde wohl niemals die freudige Überraschung vergessen, als ich durch Zufall die verzauberte Axt in dem morschen Baumstumpf gefunden hatte, der unspektakulär in der Nähe der Hafenstadt Seyda Neen herumstand. Doch in Morrowind haben mich nicht nur die überwältigende Größe der Spielwelt und die einzigartige Atmosphäre der Dunmer-Kultur fasziniert. Am meisten hat mich schon immer das so seltene Gefühl beeindruckt, in der Welt keine besondere Rolle zu spielen, auch wenn ich eigentlich der Protagonist bin.
Du bist der Nerevarine? Mir doch egal.
Einen Großteil meiner Zeit in Vvardenfell habe ich mit Beleidigungen und Anfeindungen verbracht, die mir von NPCs an den Kopf geworfen wurden. Die eher fremdenfeindlichen Dunkelelfen habe ich stets als unkooperativ, knauserig und latent aggressiv empfunden. Fast jede Fraktion im Spiel gibt sich äußert exklusiv und schlägt gegenüber Nichtmitgliedern einen harten Ton an. In Morrowind habe ich das Spiel nicht nur als ehemaliger Sträfling begonnen, sondern angesichts der sozialen Isolation auch beendet.
Immer wieder begegnete ich Zweifeln an der Prophezeiung, dass gerade ich nun der "Fleisch-Gewordene" sein soll, der Dagoth Ur endlich den Garaus macht. Ich war kein widerwilliger Held, der sein Schicksal zunächst nicht akzeptieren kann und deswegen ständig zu hören bekommt, dass er etwas ganz Besonderes sei. Ganz im Gegenteil: Halb Vvardenfell hat sich nur widerwillig von mir retten lassen. Ich bin bis heute überzeugt, dass kaum jemand etwas von meinen Großtaten mitbekommen hat.
Die Errettung der Welt passiert in Morrowind eher nebenei, selbst als sich die Geschichte zuspitzt und wir dem roten Berg immer näher kommen, ändert sich nichts am grundsätzlichen Desinteresse an mir und meinen Aufgaben. Das mag sicher auch der nicht mehr ganz taufrischen Technik geschuldet sein, doch das Abenteuer am Rande der Bedeutsamkeit hat mir stets das Gefühl gegeben, mich behaupten zu müssen und aus eigenem Antrieb heraus für das gute Ende zu sorgen. Ich wünschte, mehr Spiele würden versuchen, mich derart zu erniedrigen.
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