Die beste Open World - Dark Souls

Anders als in Skyrim oder The Witcher 3 schickt uns Dark Souls auf eine Reise ohne Karte und Kompass, bei der wir uns den Aufbau der Spielwelt erst selbst erschließen müssen. Und genau deshalb ist Lordran für Linda die beste Open World überhaupt.

Der Feuerband-Schrein von Dark Souls Der Feuerband-Schrein von Dark Souls

Bei meinen ersten ungelenken Versuchen, nennenswerte Fortschritte in Dark Souls zu erzielen, wäre ich meinem eigenen Artikel vermutlich mit einem feixenden Kopfschütteln begegnet. Das Action-RPG überforderte mich in den ersten Spielstunden komplett. Nicht nur weil mich flinke Skelettsoldaten, stählerne Wildschweine und mächtige Bossgiganten unaufhörlich in den Bildschirmtod schickten, sondern vor allem weil mir in der Spielwelt vorkam wie eine Schiffbrüchige in einem fremden Land.

Verwöhnt von Open World-Spielen wie Skyrim, in denen ich einen Punkt auf der Karte nach dem anderen abklapperte, stand ich in Dark Souls vor einem riesigen Fragenkatalog: Was soll ich tun? Wo soll ich hin? Wie kann ich dieses Tor öffnen? Und warum sterben die Skelette in den Katakomben nicht? Dark Souls drückte mir weder Kompass noch Karte in die Hand, auf der mich ein grell leuchtender Pfeil in die richtige Richtung weist. Stattdessen ließ mich das Spiel völlig allein durch die Gegend irren - und am Ende hätte ich Dark Souls gar nicht genug für die grobe Behandlung danken können. Ansonsten wäre mir Lordran niemals so sehr in Erinnerung geblieben.

Keine typische Open World

Das Action-RPG schickt uns in keine typische Open World wie Himmelsrand oder das Ödland des Commonwealth, die sich bereits zu Beginn wie ein Teppich vor uns ausbreitet. Lordran ist eine Semi-Open World, die ironischerweise im Kerker beginnt, in dem ich die Körper meiner Feinde mit meinem Schwert verfehlte und stattdessen etliche Male gegen Wände schlug.

Die Stadt der Untoten ist eines der ersten Gebiete, die wir in Dark Souls besuchen. Die Stadt der Untoten ist eines der ersten Gebiete, die wir in Dark Souls besuchen.

Wir können von Anfang an nicht überall hingehen, wohin wir wollen, sondern müssen erst Glocken läuten und Tore öffnen, um in der Geschichte fortschreiten zu können. Einen gewissen Grad an Freiheit haben wir aber immer. Sobald wir den Feuerband-Schrein erreicht haben, müssen wir uns regelmäßig zwischen mehreren Wegen entscheiden, die uns zu Geheimnissen und Schätzen führen, aber auch fatal enden können.

Letztendlich entpuppt sich die Spielwelt von Dark Souls als ein gigantisches, komplexes Bauwerk, dessen einzelne Räume größtenteils nahtlos und ohne Ladezeiten miteinander verbunden sind. Bis ich mir der besonderen Struktur Lordrans bewusst wurde, hatte ich bereits etliche Spielstunden hinter mir. Ich musste mich erst auf eine beschwerliche Reise begeben, auf der ich viele Fehlschläge erlitt, aber umso reicher belohnt wurde.

Ohne Karte, Kompass und Orientierung

Nachdem ich aus dem Kerker des Asyls der Untoten geflohen und am Feuerband-Schrein angekommen war, stand ich vor der Wahl: Schreite ich die Treppe hinauf in die Stadt der Untoten, vorbei an unzähligen bewaffneten Knochengestellen oder nehme ich den unbewachten und vermeintlich einfacheren Weg links entlang, der mich über einen Friedhof führt. Ich entschied mich für letzteren - und irrte mich. Die Skelette, die hier umher klapperten, waren aus irgendeinem Grund unbesiegbar und schlugen mich windelweich. Dass ich die Route über den Friedhof erst im späteren Spielverlauf einschlagen sollte, sagte mir das Spiel natürlich nicht, sondern ließ es mich einfach spüren.

Ich schritt also doch die Treppe hinauf und biss mich Schritt für Schritt durch. Nach 30 Stunden Seelensammeln und Leveln im Bezirk der Untoten hatte ich es letztendlich mit Schimpfen und Schnaufen vollbracht, die Gargoyles auf dem Dach der Kirche der Untoten zu bezwingen. Anschließend schaltete ich mit dem Läuten der ersten Glocke neue Wege frei und warf mit meinem gestiegenen Selbstvertrauen gleichzeitig die Angst über Bord, mich in neue Gebiete zu wagen.

Die Hydra aus dem Finsterwurzbecken Die Hydra aus dem Finsterwurzbecken

Ich ließ mich von meiner Neugier leiten und stapfte auf gut Glück los. Schließlich landete ich im unheilvollen Finsterwurzgarten, der mich mehrere Stunden voll und ganz verschluckte. Ich verlief mich in dicht bewachsenen Gängen, fiel bodenlose Abgründe hinunter, schaffte es ins angrenzende Finsterwurzbecken, floh vor den Fäusten schimmernder Kristall-Golems, traf auf eine gigantischen Hydra, die mich mit zwei Schlägen in den Boden stampfte, schlug wiederum einen anderen Weg ein - und fand schließlich über Leitern, Brücken und Treppen wieder in die oberen Bereiche der Stadt der Untoten zurück. Ach so, hier bin ich!

Eine Entdeckerin auf fremdem Land

Das Aha-Erlebnis, das ich nach meiner abenteuerlichen Odyssee verspürte, berauschte mich fast schon so sehr wie ein gewonnener Bosskampf nach dem 20. Versuch. Mit jedem weiteren Gebiet, das im Laufe meiner Reise erfolgreich durchkämmte, jedem Tor, das ich öffnete und jeder Abkürzung, die ich fand, entstand ein feines Bild von Lordran in meinem Kopf. Und die Erkenntnis, plötzlich zu wissen, wo ich mich befinde und was sich östlich, westlich, über und unter mir erstreckt, wäre nicht einmal annähernd so beflügelnd gewesen, wenn mich Dark Souls an die Hand genommen und ans Ziel geleitet hätte.

Die Spielwelt von Dark Souls beheimatet nicht nur gnadenlose Monster und Bossgegner, die ich nach vielen gescheiterten Versuchen irgendwann doch bezwang, weil ich mir ihre Angriffs- und Bewegungsmuster einprägte. Das undurchsichtige Lordran mit seinen vielen verwinkelten Wegen stellt selbst eine Hürde dar, die ich ohne Hilfe überwinden musste - und der Preis, den ich am Ende für meine Mühen erhalte, ist deshalb umso wertvoller: Die Erkenntnis, dass ich mir die Spielwelt ganz alleine erschlossen habe. Wie eine verloren geglaubte Schiffbrüchige, die als große Entdeckerin heimkehrte, konnte ich nach den Credits von Dark Souls metergenau von jedem Fleckchen Erde berichten, über das ich schritt. Lordran hat sich in meinen Kopf gebrannt.

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