Als Diablo Immortal angekündigt wurde, war der Aufschrei groß. PC- und Konsolen-Fans der Reihe befürchteten, dass sie nur ein weiteres Pay2Win-Mobilespiel serviert bekommen würden, wie es sie bereits unzählige Male gibt. Denn Blizzard hat den Ruf mit Mikrotransaktionen gerne über das Ziel hinauszuschießen. Gute Beispiele sind das Auktionshaus aus Diablo 3, der Store in World of Warcraft oder die Lootboxen im Vollpreistitel Overwatch. Bei Immortal versicherte der Publisher jedoch, dass sich Spieler*innen auf ein richtiges Mainline-Diablo-Erlebnis, mit fairer Monetarisierung freuen dürfen.
Leider sollten die Fans recht behalten.
Mondpreise ohne Grundlage
Öffnet ihr zum ersten Mal den Shop, dann wirken auf dessen Startseite die Preise noch moderat. Der Battle Pass kostet vertretbare 5 Euro (Fortnite und Call of Duty Mobile kosten hier zum Beispiel ungefähr 10 Euro) und ihr erhaltet jede Menge Materialien zum Verbessern eurer Charaktere und eine Rüstung mit passender Waffe.
Außerdem bekommt ihr ein Anfängerpaket für 99 Cent. Doch je länger ihr grabt und im Spiel vorankommt, desto höher fallen die Mikrotransaktionen aus.
So kostet zum Beispiel ein rein kosmetisches Rüstungsset 1.000 Ewige Kugeln, die Premiumwährung des Spiels. Diese könnt ihr nicht im Spiel verdienen, sondern nur im Shop erwerben.
Wie im Free2Play-Sektor leider üblich, könnt ihr natürlich nicht den genau gewünschten Betrag kaufen, sondern nur feste Pakete. Das kleinstmögliche Paket, was euch genug Punkte beschert, kostet 24,99 Euro für 1.650 Kugeln.
Echte Frechheit: Dabei sind die kosmetischen Sets nicht mal für euren Account freigeschaltet, sondern nur für den Charakter, mit dem ihr gerade einkauft. Auch Charaktere auf anderen Servern gehen leer aus. Genaueres zu diesem Problem findet ihr in diesem Artikel:
Zudem versucht das Spiel euch neben dem Battle Pass (für den ihr alternativ auch 15 Euro ausgeben könnt, um zehn Level zu überspringen) auch noch von einem monatlichen Abo namens Segen des Überflusses zu überzeugen.
Das kostet 9,99 Euro und ihr erhaltet täglich einige Siegel, Edelsteine und ein paar andere Boni. Falls ihr diese Gegenstände nicht täglich abholt, sind sie allerdings verloren. Ab Stufe 45 kommt dann noch der Pfad des Wunderkindes dazu. Ein Service für einmalig 19,99 Euro, der euch zusätzliche Belohnungen für Stufenaufstiege verspricht.
Bei all den Angeboten erhaltet ihr oft Angaben wie: 400% Zusatzwert. Diese Prozentzahlen scheinen an den Haaren herbeigezogen und lassen sich nur schwer nachvollziehen, weil nie klar wird, auf welchen Wert sie sich nun eigentlich beziehen.
Irgendwie ist alles im Shop ein “Sparangebot” und soll suggerieren, dass ihr ein echtes Schnäppchen macht, wenn ihr jetzt direkt zuschlagt.
Omnipresent und nervig
Diablo Immortal versucht euch dabei ununterbrochen in den Shop zu locken. Zum Beispiel jedes Mal, wenn ihr den letzten Boss eines Verlieses zum ersten Mal besiegt habt, wird euch ein neues Paket mit Emblemen und Materialien angeboten.
Beim ersten Dungeon ist das noch ein Paket für 99 Cent. Beim dritten erhöht sich der Preis schon auf 6,99 Euro und beim sechsten könnt ihr 19,99 Euro zahlen.
Ältestenportale bis das Smartphone raucht: Außerdem werdet ihr nach 3-4 Spielstunden bemerken, dass ihr grinden müsst, um die Story weiter zu erleben. Das beginnt mit Stufe 30 und zieht sich durch den Rest des Spiels. An einer Stelle mussten wir sogar fünf Level stumpf Monster schlachten. In dieser Zeit werdet ihr von Diablo dazu motiviert drei Aktivitäten in Dauerschleife zu spielen, die euren Battle Pass voranbringen, der eure beste EXP-Quelle darstellt:
- Steckbriefe, bei denen ihr zum Beispiel 60 Gegner töten müsst. Diese sind nicht sonderlich spannend, können sich ziehen und viele Erfahrungspunkte bekommt ihr hier auch nicht.
- Dungeons, die gute Belohnungen geben, von denen ihr aber gut und gerne 12-15 Stück machen müsst, um eine Stufe aufzusteigen.
- Ältestenportale, die primäre Monetarisierungs-Quelle von Diablo Immortal. Nur hier bekommt ihr legendäre Edelsteine, der Grund warum Diablo Immortal zur Zeit Pay2Win Vorwürfen ausgesetzt ist. Denn diese machen euch mächtiger als jedes andere Item des Spiels.
Zudem bekommt ihr Aktivitäten wie einen Raid vorgesetzt, den ihr zu dem Zeitpunkt mit eurer Kampfkraft nicht betreten könnt. Um die zu erreichen, braucht ihr vor allem legendäre Edelsteine – oder ihr versucht euch an PvP, wo euch bei jedem Ableben mitgeteilt wird, dass ihr vielleicht eure legendären Edelsteine aufwerten solltet. Ihr erkennt das Muster.
Geht ihr dann zum Aufwerten, dann verkündet euch Immortal, dass ihr die Materialien auch im Shop erwerben könnt. Eine Alternative ist das Auktionshaus, in dem ihr aber nur mit einer Premiumwährung namens Platin einkaufen könnt.
Von der bekommt ihr jeden Tag allerdings lediglich einen lächerlich geringen Betrag – es sei denn, ihr kauft sie im Shop im Tausch gegen Ewige Kugeln. Daher könnt ihr nicht mal mit anderen Spieler*innen tauschen, ohne zuvor entweder tagelang zu farmen oder den Shop zu nutzen. Immortal nutzt jede Möglichkeit euch in den Shop zu locken und suggeriert immer wieder, dass ihr vom coolen Raid, Übermacht im PvP oder schnelleren Portalruns nur wenige Euro entfernt seid.
100.000 Euro Edelsteine
All das oben genannte könnt ihr zwar abseits der Shop-Omnipräsenz ignorieren, wenn ihr nur die Story des Action-RPGs erleben möchtet. Wollt ihr aber ins Endgame einsteigen, dann macht euch auf eine Enttäuschung gefasst.
Fast die gesamte Kraft eures Charakters zieht ihr aus legendären Edelsteinen. Sonstige Ausrüstung ist fast beliebig austauschbar. Die Juwelen erhaltet ihr nur durch die bereits erwähnten Ältestenportale. Dort haut ihr einige Gegner um und erhaltet eine Handvoll Materialien, um legendäre Edelsteine herzustellen.
Außerdem kann direkt ein legendärer Edelstein droppen, wenn ihr ein seltenes Emblem einsetzt, welches ihr einmal täglich am Portal selbst oder auch dem kostenlosen Battle Pass bekommt. Die Edelsteine droppen aber nur mit sehr geringer Chance und sind von minderer 1-2 Sterne-Qualität. Die Effekte dieser Juwelen sind schwächer, als die der mächtigen 5 Sterne Steine, die euch mehr Schaden, Kampfwertung und Resonanz gewähren, ein Wert, der eure gesamte Ausrüstung (und damit auch zum Beispiel eure Lebenspunkte) besser macht.
Legendäre Embleme könnt ihr fast nur im Shop erwerben oder im Premium Battle Pass bekommen. Wer kein Geld ausgeben möchte, erhält nur eines davon im Monat. Zehn Stück kosten euch dabei 24,99 Euro. Mit diesen Emblemen garantiert ihr den Drop eines legendären Edelsteins. Nur hier habt ihr eine Chance auf 5- Sterne- Steine. Die Chancen sehen dabei so aus:
Seltene Embleme:
- 1/1 Star - 10%
- 2/2 Star - 2.5%
Legendäre Embleme:
- 1/1 Sterne - 75%
- 2/2 Sterne - 20%
- 2/5 Sterne - 3.75%
- 3/5 Sterne - 1%
- 4/5 Sterne - 0.2%
- 5/5 Sterne - 0.05%
Falls das für euch wie die Chancen einer Lootbox aussieht, so ist das kein Zufall. Das ist der Grund, warum Diablo Immortal in manchen Ländern nicht erschienen ist.
Angeblich gibt es einen Mechanismus, der euch einen 5- Sterne-Edelstein garantiert, wenn ihr 50 legendäre Embleme benutzt habt. Das kostet euch nicht nur um die 120 Euro, sondern scheint auch nicht immer zu funktionieren, wie manche Streamer schon feststellen konnten, die selbst nach einer Investition von über 4.000 Dollar keinen 5-Sterne-Stein erbeuten konnten.
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So oder so haben Berechnungen ergeben, dass ihr für die beste Ausrüstung des Spiels bis zu 100.000 Euro bezahlen dürft, je nach eurem Dropglück. Gebt ihr hingegen kein Geld aus, müsst ihr stattdessen ungefähr zehn Jahre täglich farmen. Denn um legendäre Edelsteine aufzuwerten, braucht ihr noch mehr legendäre Edelsteine. Damit haben wir das System übrigens nur angerissen.
Allein mit den Juwelen könnten wir einen Artikel füllen, der jeglichen Umfang sprengen würde.
Klares Pay2Win im Endgame
Nun die Frage: Könnt ihr das alles ignorieren und das Spiel auch so spielen? Ja, aber nur, wenn ihr auf PvP verzichtet und die Ranglisten ignoriert. Die legendären Edelsteine dominieren in beiden Aktivitäten alles.
Spieler*innen, die einige hundert Euro investiert haben, werden euch im PvP locker besiegen, ohne dass ihr auch nur den Hauch einer Chance habt. Auch werdet ihr niemals in den Top 100 der Bestenliste für Herausforderungsportale vertreten sein. Da man ohne den Einsatz von Echtgeld von vorneherein aus dem PvP und den Bestenlisten ausgeschlossen wird, fällt Diablo Immortal für uns klar unter Pay2Win.
Unser Test zu Diablo Immortal
Dieses Fazit zum Shop ist nur ein Teil unserer Berichterstattung zum Spiel hier auf GamePro. Noch in dieser Woche werden wir euch zudem einen ausführlichen Test bieten, der alle wichtigen Aspekte von Diablo Immortal aufgreift.
Wie ist eure Meinung zur Monetarisierung in Diablo Immortal? Schreibt es uns gerne in die Kommentare.
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