Destiny ist ein Auf und Ab.
Bereits der erste Teil geriet damals ins Wanken: Vom Inhaltsmangel gebeutelt, gelang nach zwei mickrigen DLCs erst 2015 mit der großen Erweiterung König der Besessenen die Kehrtwende.
Dieses Addon gilt seitdem als Messlatte, als Benchmark. Auch für Destiny 2, das sich monatelang in einer ähnlichen Notlage befand wie der erste Teil vor dem Königs-Addon. Bungie schob zwar bereits zwei Mini-DLCs nach, um der Content-Flaute zu entgehen, verlor dabei aber den Blick fürs Wesentliche.
Forsaken bringt nun erneut die Kehrtwende. Das Addon vereint alte Stärken mit neuen Ideen. Allerdings erfüllen die Entwickler auch diesmal nicht alle Versprechen.
Verschenktes Potenzial bei der Storykampagne
Die im Vorfeld mit großem Tamtam angekündigte düstere Geschichte entpuppt sich als größte Schwäche von Forsaken.
Zwar traut sich Bungie, mit Cayde-6 die wohl beliebteste Figur im Destiny-Universum sterben zu lassen, macht daraus aber nichts weiter. Der Vorhut-Jäger wird zu Beginn von Uldren Sov niedergestreckt, gemeinsam mit Ikora Rey und Zavala begeben wir uns anschließend auf einen Rachefeldzug. Dabei ballern wir auch acht Barone über den Haufen, die aus dem Gefängnis der Alten geflohen sind.
Das Problem: Acht Minibosse und eine Rachestory in einer nur drei Stunden langen Kampagne unterzubringen, ist keine gute Idee.
Kein Wunder also, dass für die Charakterzeichnung der Bösewichte keine Zeit bleibt. Noch schlimmer ist aber, dass sich Caydes Tod kaum auf die Geschichte auswirkt.
Dass die Entwickler viel mehr erzählen wollten, wird in den neuen Lore-Karten deutlich. Die sind sozusagen der Nachfolger der Grimoire-Karten und bieten ein paar Story-Schnipsel im Spielmenü.
Wer alles aufsaugen will, muss also wieder viel lesen, wobei Forsaken auch einige längere, sehr gute Zwischensequenzen bietet.
Generell hat uns die Qualität der Missionen, der Videosequenzen sowie die düstere Atmosphäre gefallen. Nach fünf Hauptmissionen ist jedoch alles schon vorbei, danach folgen wie gewohnt diverse Questreihen und Nebenaufgaben.
Jahrespass mit 3 DLCs
Destiny 2: Forsaken wird auch in Zukunft mit Updates und kleineren Erweiterungen versorgt. Bungie rückt aber von der alten Strategie ab, zwei kostenpflichtige Mini-DLCs nachzuschieben. Stattdessen müsst ihr euch nun für 35 Euro einen Jahrespass kaufen, um alle zukünftigen Inhalte zu bekommen. In dem Jahrespass sind unter anderem drei DLCs sowie diverse Extras enthalten. Hier die komplette Content-Roadmap.
Mehr Inhalte denn je
Neue Strikes, neue Aufgaben, neue Beutezüge - in Forsaken gibt's viel zu tun. Dabei verschlägt es uns in gleich zwei neue Gebiete.
Sowohl die Wirrbucht als auch das neue Endgame-Gebiet Die Träumende Stadt sind nicht nur extrem hübsch gestaltet, sie überraschen uns auch mit neuen Gegnertypen der sogenannten "Hohn".
So wollen uns nun Flammenketten schwingende Krieger und explodierende Krabbelmutanten an den Kragen. Endlich mal keine offensichtlich recycelten Feinde!
Dass sich Forsaken so frisch anfühlt, liegt aber zum Großteil an den insgesamt neun neuen Superfähigkeiten, jeweils drei für jede Charakterklasse.
Egal ob wir als Titan den Flammenhammer schwingen, als Warlock einen Laserstrahl aus den Händen feuern oder uns als Jäger mit zwei Klingen durch die Gegner schnetzeln - es macht enorm viel Spaß und sorgt für Abwechslung.
Das gilt auch für den neuen Bogen - eine komplett neue Waffenkategorie in Destiny. Bungie hat's dabei geschafft, das perfekte Gunplay von Destiny auf Pfeil und Bogen zu übertragen. Es ist eine wahre Freude, mit der neuen Waffe herumzuspielen.
Zum Beispiel im neuen Gambit-Modus, ein Mix aus PvE und PvP für bis zu vier Spieler, in dem wir KI-Gegner vernichten und Licht-Orbs sammeln, um einen Boss zu beschwören.
Der Clou: Nebenbei kann ein menschlicher Spieler des zweiten Gambit-Teams unser Match infiltrieren und umgekehrt.
Wer auf PvE steht, konzentriert sich folglich auf die Monster, PvP-Veteranen dürfen hingegen das andere Team piesacken und ein paar Kills abstauben. Eine tolle Kombination, die selbst PvP-Muffel überzeugen dürfte.
Darüber hinaus gibt es einen neuen, spannenden und extrem kniffligen Raid (Letzter Wunsch), neue Endgame-Aktivitäten wie den Blinden Quell (Hordemodus), neue PvP-Maps, Strikes und natürlich neue Waffen und Ausrüstungsgenstände.
Wo Forsaken bei der Kampagne enttäuscht, überzeugt es beim Gesamtumfang, zumal selbst Wochen nach Release noch neue Inhalte freigeschaltet werden.
Die PS4-exklusiven Inhalte
Wie bereits von Destiny gewohnt gibt’s auch in Forsaken ein Jahr lang exklusive Inhalte für PS4-Spieler.
Ein bisschen Destiny 1 in Destiny 2
Apropos Waffen: Das neue Waffensystem in Forsaken erlaubt viel mehr Freiheiten beim eigenen Spielstil. Zwei Bögen und ein Raketenwerfer? Kein Problem! Drei Schrotflinten ausrüsten? Ebenfalls möglich.
In vielerlei Hinsicht kehrt Forsaken aber auch wieder zum ersten Destiny zurück und ändert kontrovers diskutierte Mechaniken, die mit Destiny 2 eingeführt wurden.
Nicht nur die zufälligen Statuswerte bei Items (Random Rolls) sind zurück. Es gibt auch wieder tägliche und wöchentliche Beutezüge bei allen Fraktionen, im PvP wurde die Time to Kill reduziert, Strikes lassen sich wieder einzeln auswählen und viele Sandbox-Anpassungen machen Forsaken zu einer rundum gelungenen Erweiterung.
Euch sollte jedoch bewusst sein, dass Destiny 2 immer noch ein grindlastiges Spiel ist und obwohl es nun mit Dailys, Weeklys und Meilensteinen mehr Möglichkeiten für lukrative Beute gibt, gestaltet sich der Grind noch zäher als zuvor.
Habt ihr das maximale Charakterlevel von 50 recht flott erreicht, geht's beim Power-Level ab 520 bis 600 nur noch sehr mühsam voran, zumal das Infundieren von Items sehr teuer geworden ist. Gelegenheitsspieler werden daher erst recht spät in den neuen Raid (ab 540) schnuppern können.
Letztlich bietet Forsaken mehr Gutes vom Alten und ein paar neue tolle Ideen, Fans können wieder haufenweise Stunden in den MMO-Shooter versenken. Wer dem Shooter jedoch schon den Rücken gekehrt hat, wird angesichts der Preispolitik nur schwer wieder zu überzeugen sein.
Und so langsam muss Bungie mal aufhören mit der Achterbahnfahrt und stetig genialen Content liefern. Forsaken ist ein gutes Fundament für die Zukunft. Spätestens jetzt müssen die Entwickler darauf aufbauen.
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