Die bisherige Geschichte von Der Herr der Ringe: Gollum erinnert an den Weg von Frodo und Sam zum Schicksalsberg. Denn auch die Entwicklung des Action-Adventures beim deutschen Studio Daedalic scheint voller Unwägbarkeiten und schwieriger Hindernisse zu sein, seit der Enthüllung im Jahr 2019 wurde der Titel bereits mehrfach verschoben.
Jetzt gibt es einen neuen Release-Termin (der 25. Mai) und wir konnten bereits Anfang März endlich selbst Hand an das Spiel legen.
Das konnten wir spielen: Auf einem Termin bei Daedalic in Hamburg konnten wir Ausschnitte aus zwei Kapiteln der PC-Version von Gollum ausprobieren. Die Spielzeit belief sich dabei auf eine knappe Stunde, also deutlich zu wenig, um eine komplette Ersteinschätzung des Titels zu geben.
Um vorab nochmal zusammenzufassen: Der Herr der Ringe: Gollum ist ein Action-Adventure im virtuellen Mittelerde und lässt uns Gollum steuern, also jenes Wesen, das zunächst ein Mitglied des Flussvolks war, bevor es dem Einen Ring verfiel, in den Höhlen des Nebelgebirge sein Dasein fristete und später Frodo und Sam den Weg ins dunkle Reich Mordor zeigte.
Die Story von Der Herr der Ringe: Gollum ist ein Prequel, spielt also vor den Geschehnissen des ersten Herr der Ringe-Buchs und Films "Die Gefährten". Behandelt wird unter anderem der Zeitabschnitt, in dem sich Gollum nach dem Verlust des Ringes aus dem Nebelgebirge wagt, Saurons Schergen in die Hände fällt und gefoltert wird. Kurze Zeit danach wird er von Aragorn und Gandalf geschnappt, die ihn nach einer Befragung in der Obhut der Elben von Düsterwald überlassen.
Holprige Flucht aus den Höhlen
Und genau dort startet auch der erste Spielabschnitt, den wir bei unserem Preview-Termin ausprobieren dürfen. Die Elben lassen Gollum ziemlich lange Leine, weswegen er sich ohne Fesseln durch die Höhlengemächer von Düsterwald bewegen darf.
Action-Adventure-typisch spielen wir den kleinen Protagonisten aus der Schulterperspektive und suchen nach einer Fluchtmöglichkeit, die wir auch recht schnell in Form eines Wasserablaufschachts finden. Praktisch: Sollten wir mal nicht weiter wissen, zeigt uns die "Gollum-Vision" wichtige Punkte und Gegner an, das hilft bei der Orientierung.
Bei unserem Termin wird zwar deutlich betont, dass Gollum kein reines Stealth-Spiel sei, doch bei der Flucht durch den Untergrund kommen wir um eine vorsichtige Vorgehensweise nicht herum. Auf unserem Weg nach draußen müssen wir beispielsweise eine riesige Höhle durchqueren, in der zahlreiche Wachen patrouillieren.
Hier gibt es gleich mehrere Wege zum rettenden Ausgang, wir können beispielsweise durchs Wasser tauchen und so ungesehen bleiben, die Laufwege der Wachen abpassen und uns in hohen Gräsern verstecken oder an einer Wand an Ranken emporklettern.
Gollum ist dabei generell nahezu komplett wehrlos, wird er also entdeckt, ist das Abenteuer schnell zu Ende. Deswegen können wir in Gollum auch die für das Genre typischen Steine einsammeln, durch deren Wurf sich Wachen in andere Richtungen lenken lassen. Das funktioniert beim Anspielen auch recht gut, allerdings erweist sich die generelle Wegfindung als etwas problematisch. Kleine Kanten etwa, die eigentlich so aussehen, als wären sie mühelos erklimmbar, geraten zu unüberwindbaren Hindernissen, was besonders dann frustig sein kann, wenn uns just in dem Moment eine Wache erspäht.
Dass die von uns gespielte Version alles andere als rund ist, merken wir auch im darauffolgenden Abschnitt, als wir mit Gollum akrobatisch über Felshänge, Abgründe und an Klettersteigen aus der Höhle kommen müssen. Diese Plattforming-Passagen sollen im Spiel häufiger vorkommen und generell spielt sich das auch ziemlich gefällig, wenn auch ohne große Überraschungen. Gollum kann beispielsweise per Sprint an Wänden hochlaufen, um sich an höher gelegenen Kanten festkrallen oder an Ästen hin- und herschwingen.
Doch auch hier steht die Wegfindung dem Spielspaß im Weg. Denn nicht immer ist trotz Gollum-Sense klar, wohin es als nächstes gehen soll, es gibt ein paar Trial&Error-Passagen (Gollum stirbt bei einem Absturz sofort) und einige "tote Stellen". Letztere stammen noch aus einem älteren Build des Spiels und sind für uns unpassierbar, worauf wir während des Spielens auch mehrfach hingewiesen werden.
Das macht die Hüpfpassage in der Elbenhöhle, deren Ende auch den ersten Preview-Abschnitt beschließt, zwar nicht unspielbar, hinterlässt aber einen faden Beigeschmack.
Gefangen in Mordor
Düsterwald macht seinem Namen schon alle Ehre, im zweiten Level der Preview-Version wird es sogar noch dunkler. Denn hier bewegen wir uns durch den Turm Barad-Dur, sozusagen das Hauptquartier des dunklen Herrschers Sauron.
Hier gilt es, das Gespräch einer Figur namens "Candle Man" mit Saurons Mund zu belauschen, also eines Bösewichts, der in der Extended-Version des dritten Films nur einen äußerst kurzen Auftritt hatte, bevor er im wahrsten Sinne des Wortes den Kopf verlor. Auch hier schleichen wir wieder durch Räume und Gänge und erfreuen uns an einigen Skizzen und Notizen, die verstreut herumliegen – Lore gibt es im Gollum-Spiel mehr als genug.
Spielerisch ist der Abschnitt ziemlich seicht, wir müssen lediglich hier und da den richtigen Weg finden, durch schmale Passagen huschen oder überlegen, wie wir an einer versperrten Tür vorbeikommen. Immerhin wartet am Ende des Abschnitts noch ein kleines Highlight, denn dort müssen wir in den Gemäuern von Barad-Dur ein Vogelei mithilfe eines großen Ofens ausbrüten.
Das Ganze gestaltet sich als nette Rätseleinlage, denn mithilfe von Hinweisen im Level gilt es herauszufinden, wie viele Holzscheite in den Ofen geworfen werden müssen. Der Sinn dieses Prozederes erschließt sich uns im Kontext des Spiels noch nicht wirklich und auch die Auswirkungen bekommen wir nicht zu sehen, es ist aber immerhin das spielerische Highlight der ansonsten eher durchwachsenen Preview-Session.
Nicht nur spielerisch macht Gollum einen noch zähen Eindruck, auch technisch ist bis zum Release am 25. Mai noch einiges zu tun. Natürlich ist es ein ziemlich früher Build, durch den wir bei unserem Anspieltermin turnen, das sieht man dem Spiel aber auch sehr deutlich an. Zwar gibt es sowohl in dem Elbengebiet als auch in Barad-Dur das ein oder andere schöne und atmosphärische Detail, etwa die herrlich verspielte Elbenarchitektur im ersten Abschnitt.
Grundsätzlich sieht Gollum in der von uns gesehenen Version aber noch ziemlich grob und unfertig aus, sowohl in den kurzen Zwischensequenzen als auch in den eigentlichen Levels, was sich zum Beispiel in grobschlächtigen Texturen äußert. Das kann – und sollte – sich bis zum Release natürlich noch ändern, generell sieht man dem Spiel seine holprige Entwicklung aber deutlich an.
Hier könnt ihr euch einen aktuellen Trailer zu Der Herr der Ringe: Gollum anschauen:
Die Lore als Hoffnungsschimmer
Es gibt also noch genug Baustellen, an denen Daedalic arbeiten muss, um zum Release einen sauber aussehenden und gut spielbaren Titel an den Start zu bringen. Doch auch wenn es viel zu meckern gibt, entdecken wir beim Anspielen auch einige interessante Elemente, von denen wir gern noch mehr gesehen hätten.
Dazu gehört beispielsweise die Moral-Mechanik, die uns an bestimmten Stellen Gollums gespaltene Persönlichkeit demonstriert. Denn das eigentlich verbitterte und kaltblütige Wesen hat auch noch eine "weiche" Seite – nämlich Smeagol, wie Gollum hieß, bevor er dem Ring verfiel. Die Moral-Mechanik kommt an manchen Stellen zum Einsatz und lässt uns dann in einem Dialogbildschirm über "gute" und "böse" Antwortmöglichkeiten die Wahl, welcher Persönlichkeit unseres Protagonisten wir Vorrang geben.
Das soll laut Aussage der Entwickler auch Auswirkungen auf den späteren Spielverlauf und sogar das Ende von Herr der Ringe: Gollum haben. Das Problem bei unserer Preview-Session: Diese Auswirkungen konnten wir noch nicht überprüfen, was das Auftauchen der Moral-Entscheidungen teilweise noch etwas erratisch wirken ließ. Dennoch wird es spannend zu sehen sein, wie und ob sich die Geschichte von Gollum später verzweigt.
Überhaupt ist die Story bzw. die Lore unsere Hoffnung für das Spiel, denn gerade letztere trieft dem Spiel schon bei unseren Proberunden aus vielen Poren. Zugegeben, von der Story kommt in der kurzen Spielzeit noch recht wenig durch. Gespräche von NPCs lassen sich beispielsweise belauschen und unbekannteren Figuren wie dem Candle Man oder Saurons Mund werden mehr Platz und Hintergründe eingeräumt was uns zuversichtlich stimmt, dass der Titel gerade für Tolkien-Fans noch das ein oder andere unbekannte Detail ans Tageslicht bringt.
So oder so: Der Herr der Ringe: Gollum hat noch einen steinigen Weg bis zum Release am 25. Mai vor sich. Ihr wisst schon: wie Frodo und Sam.
Fazit der Redaktion
Tobias Veltin
@FrischerVeltin
Schon als Daedalic das Gollum-Spiel ankündigte, hob ich etwas irritiert die Augenbrauen. Denn obwohl es sich um einen zentralen Charakter handelt, war ich mir nicht sicher, ob ich das innerlich zerrissene Wesen überhaupt spielen will. Nach der Spielstunde in Hamburg bin ich mir immer noch nicht sicher. Mechanisch funktioniert das alles zwar durchaus solide und ich habe jetzt zumindest eine ungefähre Ahnung, in welche Richtung der Titel gehen wird. Trotzdem ist es fast unmöglich, jetzt schon auf das große Ganze zu schließen.
Dazu wirkte die Auswahl der Level zu zufällig, vor allem der erste Abschnitt litt zudem ziemlich an der Wegfindung und Trial&Error-Passagen, auch technisch konnte mich das Ganze alles andere als begeistern. Auch wie sich die Moralmechanik tatsächlich auswirkt, bleibt leider noch meiner Vermutung überlassen, generell gibt es noch sehr viele Fragezeichen. Immerhin: Die jetzt schon enthaltene Lore und der Auftritt von interessanten Nebenfiguren aus dem Spiel machen mir Hoffnung, dass Gollum in diesem Bereich punkten kann.
Trotzdem: Mein Eindruck des Spiels ist nach dem Hands-On ziemlich durchwachsen, denn komplett rund wirkte das alles noch nicht. Am 25. Mai erscheint der Titel und ich bin gespannt, ob mich Der Herr der Ringe: Gollum dann Lügen straft – oder ob sich mein ungutes Bauchgefühl bestätigt.
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