Origin-Story ohne Längen
Die Tatsache, dass Deadpool so unkonventionell ist, was die Einbeziehung der Zuschauer angeht, trägt auch einen Teil zur Strukturierung des Films bei. Statt uns durch eine öde Origin-Geschichte zu quälen, beginnt Deadpool mit Action. Blutiger Action.
Wir werden Zeuge, wie der Mutant im roten Ganzkörperkostüm einer Bande von Killern auflauert, um sie mit Pistolen und Schwertern nach allen Regeln der Kunst zu dezimieren. Gerade als Deadpool einen der Tunichtgute auf seine Katanas gespießt in die Luft hebt, und sich anschickt, ihn zu zerteilen, wendet er sich an uns, um zu erzählen, worum es eigentlich geht.
Der anschließende Rückblick wird aber immer wieder von Gegenwartsmomenten unterbrochen, bis Deadpool jeweils Zeit oder einen Anlass findet, den Film einzufrieren und seine Geschichte weiterzuerzählen.
Im Grunde eine Liebesgeschichte
In der Kurzfassung: Söldner Wade Wilson erkrankt unheilbar an Krebs - gerade, als er in Vanessa (Morena Baccarin) die Liebe seines Lebens gefunden hat. Doch es gibt einen letzten Strohhalm, an den er sich klammert: Eine zwielichtige Gruppe unter der Leitung des mindestens noch mal doppelt so zwielichtigen Ajax (Ed Skrein) macht Wade in einem noch zwielichtigeren Experiment zum Mutanten, der wahnsinnig schnell heilt. Cool!
Wäre da nicht eine im wahrsten Sinn des Wortes hässliche Nebenwirkung: Nicht nur Wades Gesicht wird entstellt (O-Ton: »Ich sehe aus wie ein Hoden mit Zähnen«), sein ganzer Körper besteht nun aus Tumoren. Naja, immerhin kein zugenähter Mund, keine Armklingen und kein Laserblick.
Bevor aber der frisch fabrizierte Tumor-Mutant von seinen zwielichtigen Erschaffern gefügig gemacht und an den Meistbietenden verkauft werden kann, brennt Wade das Labor nieder. Für tot gehalten macht sich der zuvor schon großmäulige, durch die Verwandlung aber vollkommen durchgedrehte Ex-Söldner in seiner neuen Identität als Deadpool auf, Ajax zu finden. Der soll das »Gesichtsgulasch« rückgängig machen, damit Vanessa ihren Wade wieder süß findet.
Die etwas andere Comic-Verfilmung
Nein, die Story des Films ist wahrhaftig kein Meisterwerk. Egal, der unkonventionelle Held ist die eigentliche Attraktion. Deadpool hält durch seine albernen, zotigen bis ironischen Kommentare, den tiefschwarzen Humor, die absurd überzogene Gewaltdarstellung und das ständige Durchbrechen der »vierten Wand« über die gesamte Lauflänge bei der Stange.
Fast schon beiläufig werden Hugh Jackman, die X-Men-Filme, Ryan Reynolds' Green-Lantern-Trauma (»Ich will aber keinen grünen Superhelden-Anzug!«) und eigentlich das gesamte Superhelden-Genre durch den Kakao gezogen. Und dabei handelt es sich interessanterweise nicht um eine Parodie, sondern eine ernst gemeinte Geschichte, die ausdrücklich im selben Universum wie X-Men spielt.
Das abgedrehte Element ist einzig und allein die vollkommen durchgeknallte Hauptfigur, die nichts und niemanden ernst nimmt. Alle anderen Darsteller spielen ihre Rollen völlig normal und ohne komödiantische Anwandlungen, wodurch die paradoxe Rolle Deadpools noch verstärkt wird. Wer allerdings einen eher konventionellen Comic-Kracher im Stil der X-Men oder Avengers erwartet, dem könnte der Film vielleicht einen Tick zu abgedreht werden.
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