Die großen deutschen Spieleserien – die Handvoll, die es überhaupt gibt – haben seit jeher eine Eigenheit: Sie gefallen vor allem den Deutschen. Das ist erst mal schön. Für die Hersteller ist es entnervend. Denn um millionenteure Kosten wieder einzuspielen, sollte man auch millionenstarke Stückzahlen absetzen. Das geht nur im Ausland. Dort munden Games made in Germany nicht so recht, weder den Käufern noch den Kritikern.
Das Aufbauspiel Anno 1404 zum Beispiel, das die sehr deutsche Liebe zur Krämerei perfekt bedient, kommt hierzulande auf eine Durchschnittswertung von 90 Punkten, die internationale Presse sieht das Programm wesentlich nüchterner: 82 Punkte. Die Siedler 7 schafft in Deutschland einen Schnitt von 84, rund um die Welt sind es 79. Besonders fad finden andere Nationen der Deutschen Lieblingskind, die Gothic-Serie; Gothic 3 kommt in Deutschland immerhin auf den Durchschnitt von 82 Punkten, im Ausland sumpft er bei 62. Kein Wunder, dass Jowood Teil 4 krampfhaft auf internationalen Appeal getrimmt hat, was bekanntlich gründlich in die Hose ging.
Aber da ist doch ein wichtiges deutsches Spiel, das offensichtlich jedem gefällt: der Ego-Shooter Crysis. 92 Punkte vergaben deutsche Kritiker im Schnitt. Die Weltpresse von Edge bis New York Times jubelte mit: 91 Punkte. Da ist es, das internationale deutsche Spiel. Man kann die Bedeutung dieser Leistung kaum überschätzen: Crysis (und in Teilen auch schon dessen Vorgänger Far Cry) hat einen Bann gebrochen, einen jahrzehntelangen Fluch, in dem Hits aus Deutschlands zwar hier Hits sein konnten, aber nirgendwo sonst.
Ein Shooter? Aus Deutschland?!
Diesen Erfolg verdankt Crysis in erster Linie der Tatsache, dass es nicht als deutsches Spiel erkennbar ist, genau wie zum Beispiel der Playstation-3-Hit Killzone nicht als niederländisches Spiel auffällt. Ja, Killzone kommt aus Holland. Weiß niemand, interessiert niemanden. Mit Crysis ist es ganz ähnlich. Mit der klassischen Art, wie hierzulande Spiele gemacht werden, hat es wenig zu tun.
Das beginnt schon beim Genre: Ego-Shooter sind kein klassisch deutsches Genre. Das hat weniger damit zu tun, dass die Deutschen nicht gern ballern, sondern in erster Linie mit gesellschaftlichen Vorbehalten und der Finanzierung. Gute Shooter waren schon immer technologisch aufwändig und damit teuer, und in Deutschland für Schießspiele Kredite zu bekommen ist bis heute eine schwierige Angelegenheit. Ego-Shooter aber sind, wie generell alle Actionspiele, rund um die Welt ein beliebtes Genre, DAS Genre schlechthin. Wer in den USA Erfolg haben will, hat mit einem Shooter bessere Karten als mit einer Häuslebau-Simulation.Es muss aber ein guter Shooter sein, und vor allem ein optisch beeindruckender. Hier hat sich für den Crysis-Entwickler Crytek ausgezahlt, dass er von Anfang an in eine eigene Grafiktechnologie investiert hat; nicht halbherzig, sondern – das ist dann doch wieder ziemlich deutsch – mit dem Willen zur technischen Spitzenleistung. Mit Erfolg: Auf dem PC ist die Cryengine seit Jahren das Maß der Dinge der grafischen Darstellung, sie übertrumpft Konkurrenten wie die Unreal Engine 3 oder Valves Source-Engine. Bei der Leistungsfähigkeit, nicht bei den Verkaufszahlen.
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