Als vor einigen Jahren die Xbox One an den Start rollte, schrieb ich bereits, dass das wenig beachtete Cloud-Computing vielleicht das interessanteste Feature der Konsole sei. Eine Prognose, die bisher dem Titel meiner damaligen Kolumne alle Ehre macht: Wolkige Träume - in der Tat. Doch jetzt, zwei Jahre später, ist mit Crackdown 3 ein Spiel am Horizont, das mich mit seiner atemberaubend umfassenden Zerstörung in einer offenen Spielwelt erneut daran erinnert, warum die oft belächelten Cloud-Features die Tore zu ganz neuen Spielwelten aufstoßen könnten.
Denn Crackdown 3 wäre ohne die Auslagerung von Berechnungen in die Cloud unmöglich. In sicherlich aufgebauschter Marketing-Manier demonstrierten die Entwickler bei der Gamescom-Präsentation des Spiels, dass es eigentlich bis zu zehn Xbox-One-Systeme bräuchte, um die vollkommene, physikalisch glaubwürdige Zerstörung einer offenen Spielwelt darzustellen. Mauern, die sich Einschussloch um Einschussloch in nie gekannter Feingliedrigkeit zerschießen lassen gesellen sich zu einstürzenden Hochhäusern, die Tausende Trümmerteile in alle Richtungen schleudern während sie umstehende Gebäude unter sich begraben.
Der Autor
Es gab mal eine Zeit, da kannte unser Video-Chefredakteur Andre Peschke Cloud lediglich als stachelhaarigen Helden von Final Fantasy 7. Jahre später lauschte er dann Microsofts vollmundigen Versprechen zur Cloud-KI von Forza 5 (meh) und fiel nun bei der Gamescom-Präsentation von Crackdown 3 buchstäblich aus allen Wolken. Eine derart detaillierte Zerstörung hat er seit dem letzten Oktoberfest-Ausflug der Redaktion nicht mehr erlebt. Hoffentlich ist er jedoch nicht schon in Ruhestand, wenn sich Cloud Computing bei Spielen durchsetzt.
Häppchenweise Zerstörung
Möglich wird dies durch Microsofts gewaltigen Cloud-Service - einen Verbund von Tausenden Rechnern in aller Welt, die Crackdown nach Wunsch zusätzliche Rechenzeit schenken. Einzige Voraussetzung: Was die Rechner an Daten zurück liefern, darf derzeit noch nicht allzu sensibel auf kleine Zeitverzögerungen reagieren. Die Grafikberechnung eines Spiels durch die Cloud aufzuhübschen oder die künstliche Intelligenz von Figuren mithilfe der schier endlosen Rechenpower im Netz in nie gekannte Höhen zu treiben: Das bleibt Zukunftsmusik, deren Noten noch kaum zu hören sind, weil die Versprechungen schon vor so langer Zeit gemacht wurden.
Ein einstürzendes Hochhaus in Crackdown ist da bereits erheblich gnädiger. Wie die Entwickler in ihrer Demo vorführten, haben sie schlicht die Spielwelt von Crackdown in mehrere Zonen aufgeteilt. Jede davon, wird separat in der Cloud berechnet - und vor allem abgespeichert. Denn vermutlich ist es viel weniger die Spielphysik, die eine Xbox One bei Crackdown 3 vor große Probleme stellt - sondern der Speicher. Haben sich erst mal eines bis zwei Hochhäuser von einzelnen Objekten in abertausende Trümmerteilchen verwandelt, wird es schwer, all diese Brocken im Sinn zu behalten.
Genau deswegen scheint die gezeigte Zerstörung auch bisher einem speziellen Spielmodus vorbehalten zu sein, den die Entwickler als »Spielplatz der Zerstörung« vorstellen. Ein Name, der genau dem Gezeigten entspricht: keine Missionen, keine KI-Figuren oder Fahrzeuge. Nur eine Stadt, vier Spieler und die Möglichkeit, alles zu vernichten, was man sieht.
Persistenz von oben
Es würde mich nicht wundern, wenn am Ende in allen anderen Spielmodi ein deutlich konventionelleres Zerstörungsmodell zum Einsatz käme. Eines, wo Trümmer mit der Zeit oder bei zunehmender Zerstörung verschwinden. Es würde mich nicht mal wundern, wenn wir am Ende feststellen müssen, dass die eigentlichen, aktiven Physikberechnungen alle lokal erfolgen und die Cloud tatsächlich nur den Zustand der Welt protokolliert. Dennoch wäre dies ein bemerkenswerter, erster Schritt hin zu wahrlich persistenten Spielwelten. Jenem Feature, von dem gerade Online-Rollenspiele seit Jahren gern brabbeln, während man mit ihren Spielwelten so gut interagieren kann, wie sich die Handlung eines Films durch Anschreien ändern lässt.
Alle Anzeichen deuten darauf hin: Echtzeit-Spielfeatures mit Unterstützung der Cloud stecken in den Kinderschuhen. Ach, was sage ich: in den Windeln. Und diese Unterstützung von oben wäre ohnehin nur ein Zwischenschritt zur kompletten Cloud-Berechnung. Aber: Die Cloud ist die Zukunft - im Guten wie im Schlechten. Und Crackdown 3 könnte immerhin einen Vorgeschmack auf einen Teil des Guten bieten. Das finde ich eine faszinierendere technische Entwicklung, als wieder irgendwo ein paar neue Grafikshader zu bestaunen. Es gibt uns die Ahnung davon, was diese Technologie für Spiele bedeuten könnte. Ein bisschen so wie damals, als Besitzer von Mattels Intellivision 1981 zum ersten Mal Spiele auf ihre Konsole herunterladen konnten (damals über das Kabelnetz). Die ahnten natürlich noch lange nicht, wie Online-Gaming und Downloads heute, 34 Jahre später aussehen würden. Aber mit der Cloud geht's ja hoffentlich schneller. Ich bin schließlich ungeduldig. Sagen wir in fünf bis zehn?
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