Anthem - Bioware musste E3-Enthüllung "faken", weil nichts funktioniert hat

Als Anthem auf der E3 2017 präsentiert wurde, befand sich das Spiel noch in der Pre-Production-Phase. Ein Großteil der überhasteten Entwicklung von Anthem fand offenbar in wenigen Monaten statt.

Anthem stellte Bioware vor große Schwierigkeiten. Anthem stellte Bioware vor große Schwierigkeiten.

Anthem hätte Biowares Comeback werden sollen. Nachdem Mass Effect: Andromeda hinter den Erwartungen zurückblieb, sollte mit der neuen Marke alles anders und wieder gut werden. Wurde es aber nicht, weil es bei der Entwicklung von Anthem massive Probleme gab. Neben der Herausforderung, mit der Frostbite-Engine zu arbeiten, lagen noch viele andere Dinge im Argen.

Zum Beispiel wusste Bioware offenbar sehr lange selbst überhaupt nicht, was Anthem für ein Spiel werden soll. Jason Schreier von Kotaku hat für einen ausführlichen Bericht mit vielen Anthem-Entwicklern gesprochen, die von der chaotischen und strapaziösen Zeit berichten, aber anonym bleiben wollen.

Anthem sollte eigentlich ganz anders heißen

Aus Beyond wird Anthem: Der ursprüngliche Titel für Anthem sollte eigentlich Beyond lauten. Der hätte auch mehr Sinn ergeben, weil es im Spiel darum gehen sollte, über die Mauern der Stadt hinaus in die große, weite und feindliche Welt aufzubrechen.

Aufgrund von Schwierigkeiten, sich die Markenrechte an Beyond zu sichern, wurde der Titel 2017 nur wenige Tage vor der großen Enthüllung noch schnell geändert. Die Bioware-Entwickler sollen sogar schon Beyond-T-Shirts gedruckt gehabt haben.

Neuer Name, neue Story? Wieso das Spiel plötzlich Anthem heißt, musste dann nachträglich noch erklärt werden. Offenbar wurde das Story-Gerüst mit dem Anthem of Creation dann erst zu diesem Zeitpunkt erdacht und regelrecht aufgepfropft.

Viele der an Anthem beteiligten Entwickler waren offenbar selbst ratlos, verstanden den Namen nicht und zeigten sich unzufrieden mit der plötzlichen Änderung. Einer wird in Jason Schreiers Bericht folgendermaßen zitiert:

"Alle waren so 'Okay, das ergibt gar keinen Sinn, was hat das mit irgendwas zu tun?'"

Ist Anthem das Spiel, das Bioware versprochen hat? - Video: Downgrade-Check mit der E3-Demo Video starten 7:45 Ist Anthem das Spiel, das Bioware versprochen hat? - Video: Downgrade-Check mit der E3-Demo

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Bioware wusste selbst lange gar nicht, was Anthem für ein Spiel werden soll

Frühe Prototypen waren ganz anders. Anthem sollte sich eigentlich viel mehr um Survival drehen, um das Überleben in der feindlichen Alien-Welt. Zusätzlich waren prozedurale Elemente geplant und plötzliche Wetter-Veränderungen auf Knopfdruck.

Viele Ideen scheiterten an der Engine. Viele Pläne wurden immer wieder geändert, wie zum Beispiel das Implementieren einer Flugmechanik. Es ging ewig hin und her und niemand soll bereit gewesen sein, harte Entscheidungen zu treffen.

Auch personell gab es Probleme: Eine ganze Reihe an Menschen haben an Anthem ein bisschen herumgedoktort und sind anschließend wieder ausgeschieden. Anthem war so insgesamt sechs lange Jahre in der Selbstfindungs- und Pre-Production-Phase.

Viele Entwickler verstanden nicht, wohin die Reise überhaupt gehen soll. Bis EAs Patrick Söderlund eine Anthem-Demo gespielt hat, die er angeblich inakzeptabel fand. Daraufhin wurde zunächst nur für ihn eine Neuausrichtung in Form einer anderen Demo konzipiert. Mit der Möglichkeit zu fliegen.

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Die E3-Demo 2017 war ein großer Fake, aber extrem hilfreich

Von der Demo zur E3-Enthüllung: Die neue Demo gefiel dem EA-Executive dann so gut, dass auf ihr die Präsentation für die E3 2017 aufgebaut wurde. Beides war mit der heißen Nadel gestrickt, weil die Entwicklung von Anthem so langsam und schleppend verlief.

Laut einem Entwickler hatte das zur Folge, dass das, was auf der E3 gezeigt wurde, nicht nur größtenteils "fake", sondern auch "geraten" war. Anthem befand sich zu diesem Zeitpunkt noch in der Pre-Production. Was natürlich erklärt, wieso sich die Gameplay-Demo so vom fertigen Spiel unterscheidet.

Nichtsdestotrotz war das sehr hilfreich. Offenbar erst durch diese Enthüllung wurde vielen Entwicklern klar, was Anthem eigentlich für ein Spiel werden, wie es sich anfühlen und was darin passieren soll:

"Nach der E3, das war dann der Zeitpunkt, an dem wir dachten 'Okay, das ist das Spiel, das wir machen.' [...] Es war auch schwierig, weil da noch sehr viele Fragezeichen waren. "

"Die Demo war nicht ordentlich gebaut, viel davon war fake, wie bei den meisten E3-Demos. Es gab viele Sachen darin, bei denen wir uns gefragt haben 'Oh, machen wir das wirklich? Haben wir die Technik dafür, die Tools, um das machen zu können? Wie weit kann man fliegen? Wie groß soll die Welt sein?'"

Ein anderer Entwickler bekräftigt das und erklärt:

"Die Fähigkeiten und all das wurde noch entschieden. Nichts davon war zu diesem Zeitpunkt ansatzweise in Stein gemeißelt."

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Anthem wurde zum Großteil wohl in nur neun Monaten entwickelt

Vision vs Realität: Die Entwicklung von Anthem war so schwierig und von Problemen gebeutelt, dass es viele geplante Features einfach nie ins fertige Spiel geschafft haben. Auch solche, die öffentlich vorgestellt wurden.

Viele Elemente aus dem E3-Trailer funktionieren in Anthem letztlich anders: Wir können gefundenen Loot nicht direkt ausrüsten und wenn wir Missionen starten, verlassen wir Fort Tharsis nicht übergangslos, sondern wählen die Missionen auf der Karte aus.

Keine Zeit: Das liegt zum Großteil daran, dass durch die lange Findungs- und Pre-Production-Phase am Schluss die Zeit knapp wurde. Der anvisierte Release-Termin 2018 war wohl von Anfang an utopisch.

Ein BioWare-Entwickler beschreibt die überhastete Produktionsphase folgendermaßen:

"Ich weiß nicht, wie akkurat das ist, aber es hat sich angefühlt, als wäre das ganze Spiel eigentlich nur in den letzten sechs bis neun Monaten gebaut worden. Man konnte es nicht spielen. Da war nichts."

Hier könnt ihr euch den sehr interessanten und ausführlichen Kotaku-Bericht von Jason Schreier in seiner ganzen Länge durchlesen.

Habt ihr so etwas schon geahnt, als Anthem bei der E3 2017 gezeigt wurde?

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