Ein Ausflug ins Endgame
Das Echo-Sammeln begegnet meinem Team auch in einer der Stronghold-Missionen. Strongholds sind Raid-artige Inhalte des Endgames (oder "Elder Game", wie Bioware es nennt). Sie sind für eine Gruppe von vier Spielern ausgerichtet und sollen in der Theorie rund 40 Minuten dauern und besondere Beute mit sich bringen.
Die von uns abgeschlossene Mission bestand aus mehreren Abschnitten, in denen wir hauptsächlich gegen die Scar-Fraktion sowie gegen überdimensionale Skorpione kämpften und Echos einsammelten, um den nächsten Abschnitt freizuschalten und irgendwann zum Endboss - einer gigantischen Spinne - zu kommen.
Was in der Theorie einfach klingt, war es in der Praxis natürlich nicht. In der Stronghold-Mission wurde mir klar, wie wichtig die "Flucht nach vorn" in Anthem ist.
Laut Lead Producer Ben Irving sind die Grundprinzipien von Anthem:
- immer nach vorne bewegen
- hohe Bewegungsfreiheit in alle Richtungen
- Fähigkeiten und Ausrüstung über Waffen
Die fehlende Deckung und die strategisch platzierten Geschütze in unserer Stronghold-Mission sind also kein ungünstiger Zufall, sondern Teil der Strategie, Spieler immer in Bewegung zu halten. Dazu gehört, dass die Gesundheit der Freelancer sich nicht automatisch regeneriert. Stattdessen müssen wir Feinde erledigen, die neben Munition und Loot auch Gesundheit fallen lassen. Angriff ist in Anthem die beste Verteidigung, immer in Bewegung bleiben die beste Überlebensstrategie.
Es ist eine Lernkurve, die mir im ersten Moment gar nicht bewusst ist. Mein erster Instinkt nach dem Verschwinden meines Schilds ist, mir ein Fleckchen zum Snipern zu suchen und dort zu regenerieren, während ich die Feinde aus sicherer Entfernung ausschalte. Doch noch bevor mir die knappe Munition für meine Sniper Rifle ausgeht, muss ich von den Kameraden wiederbelebt werden. Stillstand ist der Tod!
Wer braucht schon Waffen?
Mehr als einmal geht mir kurzzeitig die Munition aus. Zwar droppen Gegner sie zuhauf, trotzdem scheint sie schneller zu verschwinden, als mir lieb ist. Hier wird ein weiterer wichtiger Punkt von Anthem deutlich, mit dem ich vorher nicht gerechnet habe: Das eigentliche Schießen spielt kaum eine Rolle. Biowares Maxime "Fähigkeiten und Ausrüstung über Waffen" bedeutet nämlich nichts anderes, als dass unsere Javelins die eigentliche Hauptrolle spielen und eben nicht die Knarren.
Sie spielen die Hauptrolle
Die 4 Javelins von Anthem in der Übersicht
Dabei geht es nicht nur um das Fliegen - das sich im übrigen genauso fantastisch wie intuitiv anfühlt - sondern besonders um die jeweiligen Fähigkeiten der Klassen. Diese lassen sich nach und nach immer weiter anpassen, je nachdem, welcher Loot gesammelt wird.
In Fort Tarsis kann der Javelin dann nach eigenen Wünschen verändert werden bis man einen für sich perfekten Build gefunden hat. Gerade im Endgame spielt Customization eine entscheidende Rolle. Hier soll es weniger darum gehen, immer bessere Waffen zu finden, sondern stattdessen immer bessere Möglichkeiten, den eigenen Javelin und somit den eigenen Spielstil zu definieren.
Darüber hinaus sind wir anders als beispielsweise in Destiny 2 nicht auf eine Klasse beziehungsweise einen Javelin festgelegt. Wenn wir etwa vom Colossus zum Ranger wechseln wollen, dann müssen wir uns nicht extra einen neuen Charakter anlegen. Stattdessen wird alle paar Level (2,6,12,24) ein weiterer Exo-Suit freigeschaltet.
Sturm und Messer
In meinem Fall sind das während meiner Anspiel-Session der Storm- und der Interceptor-Javelin, die sich beide grundlegend verschieden anfühlen. Der Storm lässt sich am ehesten mit dem Warlock aus Destiny 2 vergleichen . Es handelt sich um eine Mage-artige Klasse und somit um einen Fernkämpfer. Zu Beginn arbeite ich noch mit Frostgranaten, relativ schnell kann ich die aber eintauschen gegen einen mächtigen Lichtblitz, der meine Feinde aus der Ferne grillt.
Der Ultimate, also quasi die Super-Funktion meines Builds sind drei Elementarexplosionen: Einmal aufgeladen, kann ich Frost, Elektrizität und Feuer in gigantischen Explosionen auf Gegner niederprasseln lassen. Nicht nur, dass sich das mächtig anfühlt, es bietet zudem ein farbenfrohes Lichterchaos, das in Kombination mit den Ultimates meiner Mitspieler kurzen Prozess mit Gegnern macht.
Als nächstes teste ich den Interceptor aus. Dachte ich schon bei meinem Storm, dass er schnell wäre, belehrt mich mein zweiter Javelin eines besseren. Die Rogue-artige Klasse beeindruckt vor allem durch ihre Schnelligkeit und Nahkampf-Fähigkeit. Die Ultimate-Fertigkeit erinnert mich an den Nightstalker aus Destiny 2: Forsaken, im Speziellen an die Spectral Blades von Way Of The Wraith. Auch der Interceptor wird zu einer Messer-Furie, die selbst viel größere Gegner mit ihren Klingen niederstrecken kann.
Das Besondere an Anthem ist der knappe Cooldown der Fähigkeiten. Anstatt in langen Pausen auf herkömmliche Waffen setzen zu müssen, laden sich die Klassenskills innerhalb kürzester Zeit wieder auf. So findet nach und nach eine spielerische Verschiebung statt, die den Fokus der Kämpfe komplett verlagert -- weg von Waffen, hin zu Fertigkeiten. Gerade für Destiny-Veteranen ist das eine willkommene Abwechslung, da Anthem hier eine komplett eigene Spieldynamik entwickelt, die es so in Bungies Shooter einfach nicht gibt.
Technische Probleme
Wir haben in Austin eine Version von Anthem gespielt, die rund vier Wochen alt war und mit einigen Problemen zu kämpfen hatte, die es laut Bioware in der finalen Version bzw. im aktuelleren Build nicht geben soll. Zu ihnen gehörten vor allem Abstürze des Spiels bei der Rückkehr nach Fort Tarsis, verschwundener Loot und Probleme mit dem Matchmaking, das allgemein noch recht umständlich war. So gab es beispielsweise keine Möglichkeit, mich schnell zum eigenen Team zu teleportieren als ich mich einmal "verflogen" hatte. So habe ich beispielsweise ein spannendes World Event mit einem Titan komplett verpasst.
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