Etwa Mitte der Siebziger, mit Erscheinen von Der Weiße Hai, wurde nicht nur über Nacht das Blockbuster-Kino geboren, sondern auch ein unschöner Nebeneffekt: die Sequels. Der offensichtliche Wunsch des Publikums, immer mehr von ihren Filmfavoriten und -figuren zu bekommen, ließ sich an festen Zahlenwerten ablesen, namentlich Einspielergebnissen, Merchandiseverkäufen und Heimkinoauswertungen.
Warum unschön? Weil Filmfortzsetzungen oft auch der Hauch von Gier und Verzweiflung umweht. Erstens weil man auf einfachem Wege mit bereits vorgedachten Ideen noch mal locker abkassieren kann. Zweitens weil man dann nicht in die Verlegenheit kommt, etwas Neues zu erfinden. Auf wenige brillante Ausnahmen (Terminator 2, Das Imperium schlägt zurück, Der Pate 2) kommen daher nahezu unzählige Sequel-Totalausfälle.
Warum wir diesen langen Exkurs wählen? Nun, nicht nur deshalb, weil die Taken-Serie im Zuge der mittlerweile zwei Fortsetzungen massiv an Qualität eingebüßt hat, sondern weil die Reihe auch als Paradeexempel dafür steht, wie sehr sich eine Serie von ihren Wurzeln abwenden kann. Aus einer eigentlich simplen, aber gut umgesetzten Idee ist im Laufe von 4 Jahren mittlerweile ein völlig neuer Film geworden - aber kein Guter.
Liam Neeson ist Jason Bourne
Der kleine, feine Revenge-Thriller Taken, dessen kaltschnäuzige Ernsthaftigkeit in seinen besten Momenten an alte 70er Jahre Klassiker mit Gene Hackman oder Charles Bronson erinnerte und in dem eine Schlägerei auf engstem Raum bereits für staunen sorgte, funktionierte auch deshalb so gut, weil er sich auf diese Kernkompetenzen verließ und nie mehr als das sein wollte.
Schon der zweite Teil ergab sich dem Zwang der meisten Fortsetzungen, alles größer und lauter machen zu müssen. Plötzlich gab es da Familienfehden, Verfolgungsjagden über Dächer, inklusive Jason Bourne-Gedächtnis-Parkoureinlage. Bryan Mills Tochter wurde dann auch noch zur Actionamazone, durfte Granaten umherwerfen und unmögliche Sprünge absolvieren. Die Atmosphäre des Erstlings war damit dahin, auf einmal war das nicht mehr Taken sondern James Bond - nur in schlecht.
Teil drei schafft es, da jetzt sogar noch einen drauf bzw. drunter zu setzen. Hier darf man sich nun auf explodierende Flugzeuge, Highway-Karambolagen und Hubschrauber-Verfolgungsjagden freuen. Beziehungsweise darf man nicht. Denn wer nicht gerade Kolibri-Gene hat und die schnellen Abläufe in Sekundenbruchteilen wahrnehmen kann, für den wirken die Actionszenen eher wie ein wirrer Teppich kruder Bildfragmente.
Audiovisuelle Zumutung
Tatsächlich bringen es Regisseur und Cutter hier fertig, nach jedem abgelaufenen Einzelbild einen Schnitt zu setzen und dann auf eine andere Kameraeinstellung zu springen. Die im Internet so verhassten Jumpcuts werden hier also im Sekundentakt abgefeuert und zwar in einer derartigen Penetranz, dass selbst die aufmerksamsten Zuschauer irgendwann nur noch die weiße Flagge schwenken können.
Der Action fehlt damit jedes Gefühl für Räumlichkeit und Verortung. Statt den Zuschauer zu führen, ihm zu zeigen, wo denn jetzt gerade welche Aktion stattfindet, wird er in Taken 3 bis zur Besinnungslosigkeit durchgeschüttelt, mit Bildfetzen bombardiert, bis niemand mehr weiß, wo oben und unten ist. Wer einmal blinzelt, hat bereits die Hälfte des Theaters verpasst, wird aber wahrscheinlich wenigstens vor schlimmen Kopfschmerzen bewahrt.
Obendrein hat man sich auch noch für die Nutzung von Handkameraaufnahmen entschieden. Will heißen: das Bild schwankt schlimmer umher als ein Dreimaster bei Windstufe 12. Spätestens da dürfte dann auch der erprobteste Genrefan die Segel streichen. Insgesamt kommt die Action in Taken 3 einer audiovisuellen Zumutung gleich. Selbst das Dauergetöse eines Transformers 4 wirkt dagagen wie ein Stillleben.
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