Ich kann mich eigentlich nicht beschweren: In den letzten Jahren sind viele richtig gute Horrorspiele erschienen, wie beispielsweise Resident Evil Village, Amnesia: Rebirth, Little Nightmares oder auch mein persönlicher Überraschungshit Tormented Souls. Trotzdem werde ich immer wehmütig, wenn ich an eine unerreichte Horrorerfahrung zurückdenke.
Die Rede ist von P.T., einer acht Jahre alten Demo zu einem nie erschienenen Spiel. Ich habe mir diesen Playable Teaser zum eingestampften Silent Hills erneut vorgenommen und mich gefragt, ob meine Erinnerungen an den Titel (hor)romantisch verklärt sind oder ob der Gruselhappen wirklich so besonders ist. Und ich kann euch schon verraten, dass ich wieder förmlich von der unheimlichen Stimmung eingesogen wurde.
Das ist P.T.
2014 veröffentlichte das unbekannte 7780s Studio eine Demo zu einem mysteriösen Horrorspiel auf der PS4. Diese entführte uns in ein Gruselhaus oder besser gesagt, nahezu ausschließlich in einen einzigen langen Gang des Hauses, der um ein paar Ecken herumführt. Die Tür an dessen Ende bringt uns immer wieder zum Ausgangspunkt zurück und das Gameplay besteht hauptsächlich darin, festzustellen, was sich seit dem letzten Rundgang verändert hat und die richtigen Dinge anzustarren, damit es beim nächsten Mal wieder Neuerungen gibt. Erschwert wird das Ganze vom allgegenwärtigen Psychoterror, wie einer ziemlich fiesen Geistererscheinung, einem lärmenden Radio und einem brüllenden Embryo in einem Waschbecken.
Um herauszufinden, was wirklich hinter der Demo steckte, mussten Spielende am Ende eine ziemlich undurchschaubare und spezifische Reihe an Handlungen vornehmen. Dazu gehörte beispielsweise, an einer bestimmten Stelle, genau zehn Schritte zu gehen und ein Headset am Controller anzuschließen, um mit dem Geist zu sprechen. Erst dann konnten wir sehen, dass es sich beim Protagonisten, den wir zuvor nur aus der Egoperspektive gesteuert hatten, um den Schauspieler Norman Reedus (bekannt als Darryl in the Walking Dead) handelte. Zudem offenbarte der Teaser uns, dass es sich um einen Vorgeschmack auf ein neues Silent Hill mit dem schlichten Titel Silent Hills handelte - und dass Metal Gear-Schöpfer Hideo Kojima höchstpersönlich hinter dem geheimnisvollen 7780s Studio steckte.
P.T. revisited
Ein Zerwürfnis zwischen Kojima und Konami sorgte jedoch dafür, dass Silent Hills nie fertig entwickelt wurde. P.T. war lediglich für kurze Zeit im Store verfügbar und ist heute nur noch für diejenigen spielbar, die es damals heruntergeladen oder eine PS4 mit der Demo gekauft haben - und ich gehöre nicht zu diesen Glücklichen. Folglich konnte ich nicht einfach schnell mal die PlayStation anschmeißen, um meine Erinnerungen dem Realitätscheck zu unterziehen. Die Möglichkeit, das zu tun, ergab sich allerdings kürzlich, als ich nach mehrstündiger Zugfahrt vor der Konsole eines Kollegen saß.
Ich war wirklich gespannt, ob mein Lobgesang auf P.T. nur dem ewigen “Früher war alles besser” entspricht. In der Zwischenzeit habe ich nämlich viele Titel gespielt, die ziemlich offensichtlich von der Demo inspiriert wurden, und auch wenn das ein oder andere Spiel - wie beispielsweise Visage - dem Horror des Teasers schon recht nahekommt, hatte ich immer das Gefühl, das Original sei weiterhin unerreicht.
Als ich mir aber dann die Demo vornahm und mich in den endlosen Gang aufmachte, folgte schnell die Erleichterung - oder sollte ich besser sagen: Anspannung? Die bitterböse Atmosphäre von P.T. saugte mich nämlich sofort wieder ein. Genau das ist es nämlich, was dieses Horrorerlebnis für mich ausmacht. Jede Faser der Tapeten in diesem Gruselhaus scheint für mich pure Boshaftigkeit auszudünsten.
Unheilvolles Poltern, schrilles Babygebrüll, ein von der Decke herunterbaumelnder Kühlschrank, aus dem Schmodder direkt auf den Bildschirm platscht - Die wunderbar perfide Gesamtinszenierung macht die Horrorerfahrung für mich so intensiv. Besonders gut wirken, können die Schreckmomente meiner Meinung nach, da mir die Demo alle Zeit der Welt lässt, mich nicht an die Hand nimmt und dafür sorgt, dass ich mich völlig ins Herumsuchen nach den richtigen Triggern für Fortschritt vertiefe.
Natürlich waren die Rundgänge aber für mich nun nicht mehr völlig unberechenbar. Auch, wenn ich viele Details vergessen hatte, wusste ich natürlich grob, was mich erwartet. Darum war das Erlebnis für mich nicht mehr extrem gruselig, obwohl ich die unbarmherzig düstere Stimmung genossen habe.
Großartiger Grusel oder Kultfaktor?
Ich bin nach wie vor beeindruckt, wie es P.T. gelingt, aus ziemlich wenig, ziemlich viel Horror zu schaffen. Mit “ziemlich wenig” meine ich den räumlich sehr begrenzten Schauplatz und den Fakt, dass mir (oder besser gesagt, meinem Charakter) über weite Strecken doch eigentlich relativ wenig geschieht. P.T. macht also definitiv einiges richtig, hat aber gegenüber der Konkurrenz auch gewaltige Vorteile:
Da wäre zum einen die kurze Spielzeit von nur etwa drei Stunden (die sich allerdings ausdehnen kann, falls ihr bei einem Rätsel länger hängt), in denen die Demo sozusagen eine auf das Wesentliche “eingedampfte” Horrorerfahrung bieten kann.
Zum anderen kann ich kaum leugnen, dass der Mythos, der um den Teaser entstanden ist, mich doch irgendwie beeinflusst. Der Fakt, dass P.T. so schwer herzukriegen ist und dass wir wohl nie erfahren werden, welche Psychospielchen Kojima noch für Silent Hills im Hinterkopf hatte, macht die Demo definitiv noch spannender.
Was wir aber nie erfahren werden, ist, ob Silent Hills P.T. jemals hätte gerecht werden können oder ob das Spiel nicht längst vergessen im Regal eingestaubt wäre und die Demo mit sich begraben hätte. Aber wenn ich an P.T. denke, werde ich auch weiterhin wehmütig sein - und das sowohl wegen der coolen Horrorerfahrung selbst, als auch wegen dem Mysterium, das sie umgibt.
Besitzt ihr selbst noch P.T. - und falls nicht: Bedauert ihr es, dass ihr die Demo nicht zocken könnt?
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