Ah, Japan! Deine Sprache ist komplex und schwer zu lernen, deine Bräuche exotisch und für Außenstehende kaum zu verstehen. Genau wie deine Firmen, allen voran Nintendo. Schon vor der E3 haben uns die Japaner überrascht: Die von vielen erwartete Vorstellung der neuen Konsole Nintendo NX fiel aus, statt dessen wollte man sich auf das neue The Legend of Zelda: Breath of the Wild konzentrieren. »Ein mutiger Plan«, dachte ich mir vor ein paar Wochen noch.
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Jetzt ist die E3 2016 Geschichte und wir wissen: Nintendo hat abgeräumt und dieses Jahr vielleicht sogar die »E3 gewonnen«. Dabei geht es gar nicht mal um die spielerische Qualität von Breath of the Wild, über die reden wir an anderer Stelle genug. Nein, es geht um die Präsenz auf der Messe und vor allem in den Medien und den Köpfen der Spieler. Auf unseren Websites (sogar auf der »PC-Seite« GameStar.de) werden die Newsmeldungen und Artikel zum Spiel wie verrückt angeklickt. Und das scheint kein Einzelfall zu sein: Die US-Seite brandwatch.com analysiert alljährlich während der E3 die Nennung von Spieletiteln in Social Media-Kanälen, also Facebook, Twitter & Co. Was diese Auswertung so spannend macht: Sie zeigt nicht Berichterstattung durch Journalisten auf irgendwelchen Websites, sondern offenbart, worüber ganz normale Spieler auf ihren Facebook-Seiten oder Twitter-Accounts sprechen.
Nintendo-Kolumne: Aus Angst und Vernunft
Der Autor:
Wie so viele Videospieler verbindet auch Markus und Nintendo eine innige Hassliebe. Auf der einen Seite sind da die grandiosen Spiele, unzählige tolle Serien und immer wieder unerwartete Hardware-Innovationen. Auf der anderen stehen schier unendlich lange Wartezeiten auf Serien-Nachschub, antik anmutende Online-Services und chronisch leistungsschwache Konsolen. Auch der gelungene Auftritt auf der E3 2016 macht Markus nicht zu einem bedingungslosen Nintendo-Fanboy, beeindruckt ist er aber schon.
Dieses Jahr in der Hitliste weit, weit vorne: Breath of the Wild. Das zweitplatzierte Battlefield 1 schaffte gerade mal die Hälfte der Erwähnungen von Zelda, danach wird es mit God of War, Watch Dogs 2, Star Wars: Battlefront (vermutlich wegen der VR-Erweiterung) und South Park auch schon arg kleinteilig. Kurz: Nintendo hat es geschafft, mit einem einzigen Spiel zum Gesprächsthema Nr. 1 zu werden. Und das trotz langatmigen, teilweise fast schon fremdschämigen Livestreams.
Dominanz durch Liebe
Das zeigt, wie unglaublich mächtig der Videospiel-Methusalem Nintendo noch ist. 30 Jahre nach dem ersten Serienteil und vier Jahre nach der ersten Erwähnung von Breath of the Wild schafft es diese »alte« Marke Zelda noch, die weltgrößte Spielemesse zu dominieren. Nach all der Zeit bringt es ein Held mit grüner Zipfelmütze immer noch fertig, einen besonderen Zauber zu verströmen. Vielleicht einfach deshalb, weil er für viele von uns »immer schon da war«. Und plötzlich ist es auch gar nicht mehr schlimm, dass von der mysteriösen NX-Konsole nichts auf der E3 2016 gezeigt wurde. Und niemanden stört, dass die Zelda-Trailer und Tech-Demos der bisherigen E3-Präsentationen deutlich besser aussahen als jetzt die aktuelle Version des Spiels. Nintendo scheint also sogar gegen Downgrade-Debatten a la Ubisoft (Watch Dogs, The Division!) immun zu sein.
Wer den Nintendo-Stand auf der E3 gesehen hat, bekommt eine Ahnung davon, womit Nintendo dieses offenbar bedingungslose Vertrauen der Spieler verdient: Es ist die unfassbare Liebe zum Detail, die in allem steckt, was die Firma anpackt. Die Messebauer haben in die tristen Hallen des L.A. Convention Centers ein Klein-Hyrule gepflanzt, komplett mit Monstern, Vegetation usw. Und eben diese Liebe zum Detail findet sich auch in der spielbaren Messe-Version von Breath of the Wild, die alle Besucher – und auch unsere Kollegen vor Ort – begeistert zurück ließ.
Selbstbewusstsein sticht
Vielleicht liegt der Schlüssel zum Messe-Erfolg von Zelda: Breath of the Wild just in dieser spielbaren Version. Manche Publisher zeigen selbst in Einzelterminen mit Journalisten nur vorproduzierte Videos zu ihren Spielen. Aus Angst, irgendein winziger Fehler könnte die von Marketing und PR gewünschte Wirkung stören. Nintendo dagegen lässt die Standbesucher unbegleitet auf die riesige Spielwelt los, jeder darf – wie später im Wohnzimmer auch – sein eigenes Zelda-Abenteuer erleben. Kein Wunder also, dass der Nintendo-Stand immer neue Geschichten ausspuckt, die dann für ein ordentliches Social-Media-Gewitter sorgen.
Für diesen offenen Umgang mit seinem Spiel braucht es allerdings Vertrauen. In die eigenen Fähigkeiten und in die Position des Unternehmens im Markt, das es auch aushalten muss, wenn mal ein Journalist weniger begeistert über den Titel berichtet. Der erfolgreiche E3-Auftritt von Nintendo ist der Lohn für diese Offenheit. Und ein Schlag ins Gesicht aller Journalisten, Analysten und Branchenkenner, die Nintendo schon so oft totgesagt haben.
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