Eine abgelegenes Dorf, eine mysteriöse Droge namens »Joy« und jede Menge psychopatische Bewohner: Die Grundrezeptur von We Happy Few klingt spannend. Die Trailer, zuletzt von der E3 2016, ließen auf einen verstörenden Survival-Trip im Bioshock/Dishonored-Gewand schließen. Am 27. Juli ist der Titel in den Early-Access-Programmen von Steam und Xbox Game Preview erschienen.
Eins wird schon zu Beginn unserer Anspielsession klar, weil es uns als weißer Text auf schwarzem Grund entgegenstrahlt. Das Spiel befindet sich noch in einer frühen Alpha-Phase, die kompletten Storyverläufe (von denen es insgesamt drei geben soll) sind noch nicht integriert, außerdem soll noch Bugs geben - völlig normal in diesem Status. Wir sind also vorgewarnt, als wir ein neues Spiel starten.
In der Stadt Wellington Wells, angesiedelt in einem alternativen England der 60er Jahre, schlüpfen wir in der Early-Access-Version in die Rolle von Arthur, dessen Aufgabe es ist, alte Zeitungsartikel zu schwärzen, um die Erinnerung an bestimmte Ereignisse auszulöschen. Diese könnten nämlich emotionale Reaktionen hervorrufen und die sind in Wellington Wells nicht erwünscht. Die Bewohner werfen deshalb regelmäßig Pillen der Droge Joy ein, was ihnen sofort gute Laune und ein breites Grinsen beschert - der Film »Equilibrium« lässt grüßen. Wer die Droge absetzt, wird als sogenannter »Downer« verfolgt und bestraft.
Schon direkt zu Beginn haben wir - nachdem wir einen Zeitungsartikel entdeckt haben - die Möglichkeit, unsere Pillen wegzuwerfen, in Form einer typischen »Drücke X oder Y«-Entscheidung.
Kurios: Nehmen wir die Pillen, ist das Spiel sofort vorbei. Entscheiden wir uns dagegen, bleibt die Absetzung nicht lange unentdeckt. Durchgeknallte Maskenmänner und -frauen hetzen uns durch einen Kanal, wir flüchten in letzter Sekunde in einen Unterschlupf.
Aufträge unterwegs
Hier startet dann auch das eigentliche Abenteuer. We Happy Few spielt in einer frei begehbaren, prozedural generierten Welt, der Unterschlupf dient dazu, Objekte im Tresor abzulegen, unsere Energie aufzufüllen oder schlicht in Deckung zu gehen.
Wir krabbeln jetzt allerdings erstmal ans Tageslicht und wagen uns vorsichtig auf die Straße. Damit die Bewohner nichts merken, müssen wir uns möglichst unauffällig verhalten. Die ersten Passanten haben uns offensichtlich noch nicht durchschaut, auch wenn sie uns ein ruppiges »Fuck Off« hinterherkrähen.
Einen wirklichen roten Faden gibt es wegen der fehlenden Story noch nicht, immerhin funktioniert aber das Quest-System. Unser erster Auftrag klingt ziemlich simpel. Wir müssen nach St. Georges Holm gelangen, was sich aber als recht zäh gestaltet, weil uns ein Cursor zwar interessante Dinge in der Umgebung anzeigt, aber uns partout nicht zum Missionsziel führen will, das wirkt noch ziemlich unfertig.
Deshalb erkunden wir ein bisschen die Gegend. Nett: Unterwegs poppen in schöner Regelmäßigkeit kleine Nebenaufträge auf, die allesamt recht trivial aber trotzdem interessant sind. Einem durchgeknallten Baumhausbesitzer müssen wir beispielsweise eine seiner geliebten Puppen zurückbringen, an anderer Stelle Pilze sammeln oder Honig von einem Bienenschwarm mopsen - was allerdings erst geht, wenn wir ein entsprechendes Bärenkostüm gefunden haben.
Außerdem setzt uns We Happy Few noch weitere Gameplay-Fragmente vor die Nase. Es gibt ein noch recht unübersichtliches Inventar, ein rudimentäres Crafting-System und auch Kämpfe. Theoretisch können wir in Wellington Wells jeden Bewohner nach Herzenslust mit Fäusten oder einem spitzen Holzpfahl angreifen, zu empfehlen ist das aber nicht. Zum einen weil jegliche körperliche Gewalt sofort Verstärkung anlockt und wir nur sehr wenig aushalten und zum anderen, weil ein Ableben aufgrund der Permadeath-Komponente (die sich aber auch abschalten lässt) sofort zum Game Over führt. Vorsichtige Erkunden und Beobachten ist also die oberste Devise.
In fremden Betten schlafen ist böse!
Was schnell klar wird: Der Survival-Aspekt ist integraler Bestandteil des Spiels. Wir müssen regelmäßig essen, trinken und schlafen, um nicht jämmerlich auf der Straße zu verenden. In der aktuellen Version nervt das aber mehr als das es atmosphärisch wäre, weil es noch zu aufgesetzt wirkt und die Erkundung unnötig verzögert.
Immerhin können wir bei der Suche nach einem Schlafplatz aber einige Kuriositäten feststellen: Während wir in den meisten Häusern etwa problemlos die Schränke und Kommoden leerräumen können, ohne dass es jemanden interessiert, ist die Übernachtung in fremden Betten in Wellington Wells offensichtlich ein Kapitaldelikt und wird sofort mit körperlicher Züchtigung durch die Bewohner bestraft.
Generell merkt man dem Spiel an allen Ecken und Enden den frühen Alpha-Status an. Die Interaktion mit den Bewohnern beläuft sich auf die immer gleichen belanglosen Sätze, es gibt Tonaussetzer, die Kämpfe wirken plump und undynamisch und durch die nicht vorhandenen Storyelemente fehlt es uns noch ein wenig an Reiz, weiterzuspielen. Immerhin sind schon kleine Lore-Bausteine in der Spielwelt verteilt. In unserem Unterschlupf baumelt zum Beispiel eine Frauenleiche am Strick, daneben liegen zwei Abschiedsbriefe.
Der Grafikstil gefällt uns dagegen schon richtig gut. Er bewegt sich irgendwo zwischen Bioshock und Dishonored und die Umgebung, bestehend aus grünen Wiesen, halbverfallenen Häusern und herumschlurfenden Gestalten erzeugt eine skurill-interessante Atmosphäre, die großes Potenzial hat. Das perfekte Oxford-Englisch der englischen Sprecher trägt ebenfalls dazu bei. Es steckt also durchaus was drin in We Happy Few - das fertige Spiel soll laut den Entwicklern frühestens in sechs und spätestens in zwölf Monaten erscheinen.
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