Einst war sie eine Ikone, eine strahlende Göttin. Nicht nur der Spiele, sondern der Popkultur. Großbusig, muskulös und stärker als zehn Ochsen stand sie als Sexsymbol auf einer Empore der Unnahbarkeit und propagierte ein Frauenbild fast schon grotesk fern der Realität, neben dem selbst die härtesten Kerle wirkten wie in Milch aufgeweichte Butterkekse. Dieser Glanz von Lara Croft ist längst Erinnerung. Eine Figur, die lediglich durch Nostalgie am Leben erhalten wird, auch wenn sie in den neueren Tomb Raider-Titeln Legend , Anniversary und Underworld vom Entwickler Crystal Dynamics in Optik und Spielmechanik einer Frischzellenkur unterzogen wurde. Im Kern aber blieb sie die alte Abenteuer-Barbie, an der nichts haften blieb, an der alle Anstrengungen und Erlebnisse abperlten wie Regen an einem Lotosblatt. In Zeiten, in denen die ersten Spielehelden auf den Bildschirmen leiden, in denen mit Schicksalen gehadert, im Kleinen gescheitert wird, um schließlich umso befreiender im Großen zu triumphieren, wirkt sie überholt wie der Erz-Macho Duke Nukem. Crystal Dynamics schickt sich an, das mit den neuen Tomb Raider zu ändern.
Jetzt auch feminin
Lara soll verletzlich und folglich menschlicher werden. Weil man aber nicht einfach aus der übertaffen und unkaputtbaren Grabräuberin in den besten Jahren eine Frau aus Fleisch und Blut mit Gefühlen wie Ängsten und Zweifeln machen kann, ohne jede Erzählregel mit Füßen zu treten, verjüngt Crystal Dynamics Madame Croft. Ausgewiesene Serienkenner, die jetzt stöhnen, weil sie sich an die Episoden aus Tomb Raider: The Last Revelation und an Tomb Raider: Die Chronik erinnern, in denen wir die Kinderausgabe der Archäologin durch mäßig spannende bis saublöde Abschnitte steuern mussten, können beruhigt sein. So weit geht die Zeitreise nicht. Wir treffen Lara im Alter von 21 Jahren als frische Uni-Absolventin wieder. Sie ist schon ausgewachsen, sieht aber doch merklich anders aus, als wir sie bisher kennen. Ein zarteres Gesicht, aus dem eindringliche Augen schauen. Augen, die zwar schon viel von der Welt gesehen haben, die vom Gesehenen aber noch nicht hart geworden sind. Darunter eine zierliche Nase. Und darunter wiederum ein voller Mund mit weichen Lippen. Lara erscheint mehr wie ein weibliches Wesen und nicht mehr wie eine Ein-Frau-Armee, der nichts und niemand etwas anhaben kann.
Modisches Understatement
Crystal Dynamics betont im Zusammenhang mit der optischen Überarbeitung, dass man sich bewusst vom überzogenen Sexsymbol verabschiedet habe. Doch so ganz können wir das dann doch nicht glauben. Zwar trägt die junge Archäologin nun lange Hosen, und auf die freischaltbaren engen Klamotten der Vorgänger will man auch verzichten, aber nach wie vor spannt sich über Laras vollen Brüsten ein eng sitzendes Tank Top. Zum Gucken gibt’s folglich noch immer reichlich. Sei’s drum, ein bisschen Reminiszenz an das Original kann ja nicht schaden, und Lara in Schlabbershirt ist ungefähr so undenkbar wie der Duke in einem Ballettkostümchen. Doch genug über der Königin neue Optik. Viel spannender ist nämlich, was Zartaugen-Lara in langer Hose und Tank Top erleben wird.
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