Spiele im Der Herr der Ringe-Universum drehen sich meistens um Helden, Krieg und epische Schlachten. Tales of the Shire geht einen anderen Weg: Als Hobbit verbringe ich ein gemütliches Leben im Auenland, pflege meinen Garten, meine Beziehungen und streite mich mit meinem griesgrämigen Nachbarn.
Ob ein Cozy Game in Mittelerde funktionieren kann, habe ich mir am Wochenende angeschaut. Grundsätzlich kommt Tales of the Shire mit einigen schönen Ideen daher, aber es zeigt sich auch, dass die Verschiebung auf den 25. März 2025 für PS5, Xbox Series, Switch und PC vermutlich die richtige Entscheidung war.
Mit offizieller Herr der Ringe-Lizenz
Tales of the Shire ist ein offiziell lizenziertes Herr der Ringe-Spiel, allerdings ohne Filmlizenz. Hobbits und andere Charaktere sehen also deutlich anders aus, als in Peter Jacksons Kino-Klassikern. Alle Begriffe und Ortsnamen wie Bree, Gandalf oder Familiennamen wie Tuk sind aber authentisch.
Nachdem mein Hobbit den recht umfangreichen Charaktereditor verlassen hat, wird er von Gandalf mit seiner kleinen Kutsche vom Wegesrand aufgesammelt. Es folgen Kamerafahrten durch grüne Landschaften, die eindeutig von den Filmen inspiriert sind.
Kurze Zeit später trete ich durch das Tor meines neuen Heims im bescheidenen Örtchen Wasserau. Das ist zwar eigentlich ein Nachbardorf von Frodos Heimat Hobbingen, aber trotzdem ähnelt mein Grundstück stark Bilbo Beutlins Haus aus den Filmen. Zufälle gibt’s!
Garstige Hobbitse und ihr Alltag im Auenland
In den ersten Stunden des Spiels lerne ich die anderen Hobbits kennen, erfahre von ihren Alltagsproblemen und helfe, wo ich kann. Außerdem erkunde ich die offene Karte, die das Dorf Wasserau und einige Landschaften drumherum umspannt.
Tales of the Shire ist kein storylastiges Epos, aber Entwickler Weta Workshop hat sich durchaus Mühe gegeben, die liebenswürdigen und engstirnigen Halblinge korrekt darzustellen. Die Hauptquest dreht sich z.B. darum, dass ein nichtsnutziger Hobbit aus dem Nachbarort behauptet, das kleine Wasserau wäre gar kein richtiges Dorf!
Diese infame Behauptung kann die Gemeinschaft natürlich nicht auf sich sitzen lassen und macht es sich deswegen zur Aufgabe, Hobbingen und anderen Orten im Auenland zu zeigen, welch ehrbares Fleckchen Erde Wasserau ist.
Wie auf den ersten Seiten der Romanvorlage von J. R. R. Tolkien ausführlich beschrieben steht, werde ich schnell in spießige Streitereien zwischen Familienmitgliedern und nichtige Problemchen hineingezogen, die sich stimmig und angenehm schrullig anfühlen. Als kleines Beispiel hier mal ein Brief, den ich verschicke, wenn ich andere Hobbits zum Essen einlade:
„Ich lade zu einer gemeinsamen Mahlzeit ein. Bedingungen: Pünktliche Ankunft, Vortäuschung von Interesse für jedwede Mahlzeiten, die innerhalb von Dreihandbreit deines Gesichts platziert werden, schriftlich oder verbal kommunizierte Komplimente nach Abschluss der Mahlzeit“
Ein kurzes Wort zum Soundtrack: Genau wie die Figurendesigns von der Leinwand findet sich auch die legendäre Musik leider nicht im Spiel wieder. Der Soundtrack von Tales of the Shire hat mir trotzdem gefallen. Und da ich gerade dabei bin, könnt ihr euch hier The Shire von Howard Shore anhören.
Link zum YouTube-Inhalt
Technischer Eindruck
Ich habe die Beta von Tales of the Shire auf dem PC mit einer Nvidia Geforce 3080 Ti gespielt. Optimal ist der technische Zustand mit einigen Bugs, aufpoppenden Objekten und flimmernden Kühen nicht. Die wackelige Framerate schwankte durchgehend zwischen 13 und 45 FPS, unabhängig von Auflösung und Detailgrad. Zumal die Beta-Version abseits von einer Handvoll Presets zwischen "volle Leistung" und "volle Qualität" keine genaueren Einstellungen erlaubt. Allerdings ist es eben auch eine Beta-Version und bis zum Release im März 2025 noch recht viel Zeit für Verbesserungen!
Gewohnte Cozy-Kost mit netten Ideen
Grundsätzlich habe ich mich nach Stardew Valley, Dreamlight Valley und Co. schnell zurecht gefunden. Ich dekoriere mein Haus mit Möbeln, Böden, Tapeten und Krimskrams, baue im Garten Zutaten an, angle am Teich oder erledige Quests für andere Hobbits
Die Open World ist nicht gigantisch, allerdings liegen die Häuser teils ziemlich weit auseinander, was lange Laufwege erfordert. In der Beta-Version konnte ich keine Schnellreisefunktion finden. Hier stellt sich mir die Frage, ob die viele Rennerei ohne Teleport und ohne Sprint-Funktion irgendwann nervig wird. Immerhin kann ich dafür per Tastendruck im Hoppserlauf herumspringen, was ein niedliches Detail ist.
Open World, für die es (fast) keine Karte braucht
Es gibt zwar von Anfang an eine Karte der Spielwelt, die braucht es aber nicht unbedingt. Stattdessen kann ich Vögeln folgen, die sich basierend auf meinem ausgewählten Questziel auf den nächsten Wegweiser setzen und organisch zum richtigen Ort führen. Vorausgesetzt, ich weiß konkret, wo ich hin möchte. Eine schöne Idee, die mir sehr gut gefallen hat!
Der reduzierte Grafikstil macht vor allem bei den Landschaften einen guten Eindruck. AAA-Panoramen gibt es natürlich nicht, gemessen an den detailarmen Objekten kommt die idyllische Stimmung der Region aber gut rüber. Mit dem Figurendesign bin ich dagegen nicht warm geworden. Die merkwürdig kantigen Gesichter haben etwas Gruseliges an sich, aber das ist natürlich Geschmackssache.
Die Spielwelt ist für mich definitiv das große Highlight von Tales of the Shire. Allein die Möglichkeit durch ein idyllisches Auenland zu laufen, trägt einfach einen großen Reiz in sich, der bei mir in den ersten Spielstunden definitiv bedient wird. Ob diese Wirkung viele potentielle Spielstunden später noch anhalten wird, bleibt abzuwarten.
Wie in Stardew Valley gibt es Tages- und Jahreszeiten. Dadurch ist es hilfreich, die Tagesabläufe einzelner NPCs zu kennen, um zu wissen, wer sich wann und wo aufhält. Außerdem beeinflusst die Zeit auch welche Pflanzen ich sammeln kann, welche Fische im Teich schwimmen und so weiter. Was ich sehr angenehm finde, sind die vergleichsweise langen Tage. Vom Aufstehen bis zur Nacht vergehen ungefähr 30 Minuten, wobei die Zeit bei einigen Tätigkeiten gestoppt wird. Dafür dauert eine Jahreszeit aber nur 12 Tage. Bei Stardew Valley sind es 30 Tage. Ein fairer Deal, der sich für mich deutlich weniger stressig anfühlt.
Nur wer gern kocht, kommt weiter
Ein größerer Unterschied zu Konkurrenz ist das Kochen. Ich kann nicht einfach alle Zutaten in einen Topf schmeißen. Stattdessen will jedes Gemüse in korrekt große Stücke geschnitten werden und Fleisch die richtige Zeit in der Pfanne liegen. Je nachdem wie viele Küchenutensilien ihr habt, bekommt ihr mehr und feinere Möglichkeiten, eure Gäste mit dem perfekten Mahl zu verzaubern.
Ähnlich wie bei der Schnellreise klingt das erst mal wie eine nette Idee, die Tales of the Shire von vergleichbaren Spielen abhebt. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob ich das auch nach 20 oder mehr Stunden sagen werde, wenn ich für eine Quest einfach nur schnell ein Gericht zubereiten will. Das kann sich nämlich jedes Mal in die Länge ziehen, wenn ich es gut machen möchte - oder muss.
Meinem ersten Eindruck nach ist Kochen auch regelmäßig notwendig. Wenn mein Hobbit die anderen mit ihren perfekt zubereiteten Lieblingsspeisen umgarnt, ist das der schnellste Weg, um mir ihre Gunst zu verdienen. Und die ist wichtig, denn mit steigender Beliebtheit winken neue Quests und Belohnungen. Da es schon in der Beta etliche NPCs gibt, wird es wohl eine Weile dauern, bis alle meine besten Freunde sind. Ob es auch romantische Beziehungen geben wird, bleibt abzuwarten.
Fazit des Ersteindrucks
Maximilian Franke
@ImZweifelQuarry
Tales of the Shire besticht vor allem durch sein Herr der Ringe-Setting. Ich finde die Vorstellung, als griesgrämiger Hobbit im Auenland zu leben, hauptsächlich zu essen und mich in spießigen Streitereien zu verlieren, sehr sympathisch. Das Spiel bringt auch ein paar frische Ansätze mit, die über den Fan-Effekt hinausgehen.
Der Fokus auf Kochen fällt deutlich stärker aus als in vergleichbaren Spielen. Ich mag die langen Tage, das Erkunden der Open World funktioniert gut und spätestens wenn ich den Film-Soundtrack von Howard Shore im Hintergrund anmache, bin ich ohnehin Feuer und Flamme. Zwar ist die Musik des Spiels gut, aber das Original ist nun mal nicht zu übertreffen.
Gleichzeitig hat die reduzierte Optik im Vorfeld mit den ersten Trailern für einige enttäuschte Gesichter gesorgt und das Kerngameplay orientiert sich letztlich sehr an bekannten Genre-Größen.
Die Frage ist, ob der "Herr der Ringe-Effekt" auch über längere Zeit trägt und sich das Spiel langfristig genug von der Konkurrenz abheben kann. Davon bin ich gerade nur mäßig überzeugt, lasse mich zum Release aber gern eines Besseren belehren. Letztlich ist das Setting allein so stimmig umgesetzt, dass ich im März auf jeden Fall wieder reinschauen werde.
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