Die Switch OLED ist eine dicke Enttäuschung und wird trotzdem ein Erfolg

Kein 4K, kein DLSS, kein neuer Prozessor - das neue OLED-Modell der Nintendo Switch lässt viele Wünsche offen. War es das nun für die Switch Pro? Oder ist das vielleicht nur ein Zwischenschritt?

Die Nintendo Switch OLED ist eine Überraschung, über die sich nicht jeder freut. Die Nintendo Switch OLED ist eine Überraschung, über die sich nicht jeder freut.

Seit Jahren geisterte sie als Legende durch das Netz: die Nintendo Switch Pro (manchmal auch Super Nintendo Switch) sollte endlich das Hardware-Upgrade liefern, das die angestaubte Technik so bitter nötig hat. Gerüchte und Berichte über verbesserte Prozessoren, 4K-Unterstützung und Nvidias DLSS-Technologie kamen aus allen Richtungen, nicht nur von Reddit und YouTube, sondern auch von respektablen Quellen wie Bloomberg und Eurogamer. Und jetzt gab's die Nintendo Switch OLED...

Switch OLED: Enttäuschung mit satten Farben

Laut den offiziellen Spezifikationen des neuen Switch-Modells hat sich in Sachen Leistung nichts getan. Derselbe Prozessor, dieselbe Akku-Leistung und die handelsüblichen, fehleranfälligen Joy-Con, dafür aber mit einem minimal vergrößerten Display, das Farben strahlen lässt und ein LAN-Port am Dock - zu einem vermutlich höheren Kaufpreis. Nein, es ist nicht das erhoffte Upgrade geworden. Das lässt viele Fans, mich eingeschlossen, enttäuscht zurück.

Hannes Rossow
@Treibhausaffekt
Hannes hatte, wie viele andere, auf ein neues Switch-Modell gehofft, das Verbesserungen für die leicht angestaubte Technik mit sich bringt. Die Hoffnung hat er zwar nicht aufgegeben, aber die Wartezeit wird wohl noch andauern. Das OLED-Modell beäugt er kritisch, sieht aber ein, dass es sich für Nintendo lohnen wird.

Klar, es ist schon eine gewisse Verbesserung. Und für Neukunden, die sich nie zum Kauf einer Switch durchringen konnten, ist das mit absoluter Sicherheit ein frischer Anreiz. Das OLED-Modell bedient eine stille Zielgruppe, über deren Bedürfnisse selten geredet wird. Casual-Spieler*innen, Familien und all die Leute, die einfach Mario Kart 8 Deluxe spielen wollen, aber nie dazu gekommen sind, sich eine Switch anzuschaffen.

Der neue LAN-Port im Dock ist eine gute Idee - allerdings kann die Docking Station auch seperat gekauft werden. Der neue LAN-Port im Dock ist eine gute Idee - allerdings kann die Docking Station auch seperat gekauft werden.

Nur bin ich kein Neukunde, ebenso wenig wie die anderen knapp 85 Millionen Switch-Besitzer*innen. Ein hübscherer Bildschirm reicht mir nicht, ein "dynamischer Kickstand" schon gar nicht. Der einst so starke Third Party-Support der Switch ist ins Stocken geraten. Aktuelle Titel wie die Mass Effect: Legendary Edition (und das ist "nur" ein Remaster) finden auf der Switch gar nicht mehr statt, technisch aufwändige Ports wie Apex Legends lassen zu wünschen übrig.

Und die Switch OLED wird dieses Performance-Problem nicht lösen.

Die Switch Pro ist noch nicht vom Tisch

Waren die Switch Pro-Gerüchte denn aber nun falsch? Schwer zu sagen. Auch über das OLED-Display wurde mehrfach berichtet, komplett aus dem Nichts gegriffen waren sie also nicht. Es ist gut möglich, dass immer schon Insider-Details zu zwei verschiedenen Hardware-Modellen der Switch herumgereicht wurden: eine Mid-Life-Revision wie das OLED-Modell und eine "echte" Switch Pro mit verbesserter Leistung. Nur wurden diese Details immer zusammengeworfen, weil nur EIN neues Modell erwartet wurde.

Der Nintendo 3DS hat es insgesamt auf 5 recht ähnliche Nachfolger gebracht. Der Nintendo 3DS hat es insgesamt auf 5 recht ähnliche Nachfolger gebracht.

Nintendo hat aber in der Vergangenheit gezeigt, dass sie vor mehreren, minimal angepassten Hardware-Revisionen nicht zurückschrecken, wenn sie dabei helfen, die Nachfrage frisch zu halten. Man denke da nur an den Nintendo 3DS, den Nintendo 3DS XL, den Nintendo 2DS, den New Nintendo 3DS, den New Nintendo 3DS XL… ihr versteht schon, worauf ich hinaus möchte. Die Tatsache, dass es jetzt "nur" ein OLED-Modell ist, bedeutet nicht, dass es niemals eine Switch Pro geben wird.

Und ja, es ist schwer gegen das OLED-Modell der Switch zu argumentieren, denn wirtschaftlich wird sich diese Entscheidung für Nintendo sicherlich auszahlen. Mittlerweile kommt die Switch-Familie auf bereits drei Mitglieder:

  • das Standard-Modell
  • die Switch Lite
  • und nun die OLED-Edition

Und sie alle erfüllen ihren Zweck. Der Erstkauf (weil man dieses Animal Crossing ausprobieren möchte)? Standard-Switch. Eine zweite Switch für die Kinder? Switch Lite. Eine neue Switch, weil die Launch-Edition auf dem letzten Loch pfeift oder ein Upgrade von der Switch Lite? OLED.

Wird es weitere Switch-Versionen geben? Wird es weitere Switch-Versionen geben?

Wer nicht mit der Zeit geht, muss mit der Zeit gehen

Das Problem an dieser Vorgehensweise könnte aber in der Natur der Switch liegen. Denn bei allem Hybrid-Gerede: In der Wahrnehmung vieler Spieler*innen ist die Switch kein Handheld mehr, wie es der 3DS war.

Die Switch ist eine Heimkonsole, die eben auch als Handheld genutzt werden kann - und damit ist sie nicht mehr ohne ernstzunehmende Konkurrenz wie Nintendos Handhelds (sorry, PS Vita), sondern steht in direkter Konkurrenz mit Sony und Microsoft. Zwei Herstellern, die gerade erst mit neuen Produkten an den Start gegangen sind, die jeweils massive Leistungssteigerungen bieten.

Die Erwartungshaltung an die Hardware ist eine andere, und ich glaube, das weiß auch Nintendo. Einer der Hauptgründe für den Fehlschlag der Wii U war der fehlende Support von Drittherstellern, die sich kaum die Mühe gemacht haben, Portierungen für die deutlich schwächere Konsole anzufertigen. Zum Launch der Switch wurde das mit Überraschungen wie Wolfenstein 2: The New Colossus und The Witcher 3 besser, doch die Stimmung kippt.

Der Switch-Port von The Witcher 3: Wild Hunt musste bereits Kompromisse eingehen, konnte sich aber sehen lassen. Der Switch-Port von The Witcher 3: Wild Hunt musste bereits Kompromisse eingehen, konnte sich aber sehen lassen.

Es wäre falsch zu sagen, die Switch habe keine Spiele - sie hat eher zu viel. Aber das Verhältnis ändert sich: weniger Third Party-Titel, hinausgezögerte First Party-Spiele (wo bleibt Metroid Prime 4?) und viel, viel, viel eShop-Grabbelware.

Sollte es tatsächlich so sein, dass die Switch mittelfristig kein spürbares Hardware-Upgrade bekommt, könnte das negative Auswirkungen auf die Langlebigkeit der Switch-Familie haben. Noch scheint alles auf dem richtigen Weg zu sein, doch der Zahn der Zeit nagt an Technik und Performance. Und wo der 3DS nie wirklich an Wert oder Aktualität verloren hat (es gab ja nur Nintendos Handhelds), wird die Switch immer auch an PlayStation und Xbox gemessen werden.

Und dann sind 350 US-Dollar Neupreis irgendwann einfach zu viel.

2022 wird ein spannendes Switch-Jahr

Im Sommer 2021 ist die Switch noch immer heiße Ware und Nintendo ist kein bisschen darauf angewiesen, schon jetzt auf eine stärkere Hardware zu setzen. Vor allem dann nicht, wenn die gesamte Industrie mit Engpässen bei wichtigen Komponenten zu kämpfen hat. Auch in den nächsten Monaten wird sich die Switch bestens verkaufen und das Weihnachtsgeschäft dominieren.

Kommt Zelda: Breath of the Wild 2 mit der bisherigen Switch-Technik zurecht? Kommt Zelda: Breath of the Wild 2 mit der bisherigen Switch-Technik zurecht?

Aber die Switch hat mehrere Zielgruppen und das OLED-Modell bedient nur eine davon. Ohne eine Switch Pro, auf die so viele andere Fans weiterhin hoffen, wird sich dieses Momentum nicht mehr lange halten lassen.

Und wer weiß, wenn die 3DS-Philosophie auch bei der Switch-Familie greift, ist ein neues Switch-Modell in 2022 nicht unrealistisch. Und war da nicht was? Ahja, der heißerwartete Release von The Legend of Zelda: Breath of the Wild 2. Ein technisch aufwändiger First Party-Hit, der sicherlich auch ein zweites Mal als Systemseller herhalten kann, wenn Link plötzlich auch in 60 FPS den Bokoblins Feuer unterm Hintern machen kann. Dann kaufe ich mir nämlich doch noch eine neue Switch.

Was glaubt ihr, kommt da noch eine Switch Pro? Ist das OLED-Modell interessant für euch?

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