Passend zum 50-jährigen Jubiläum erscheint mit Star Trek Beyond der nunmehr 13. Kinofilm des Franchises. Heikel ist »Beyond« deswegen, weil er gleichzeitig der dritte Film des Reboots unter J.J. Abrams ist. Die neubesetzte Crew und die moderne Inszenierung sind bis heute ein Dorn im Auge vieler altgedienter Star-Trek-Fans.
Die gute Nachricht zuerst: »Beyond« ist definitiv eine würdige Fortsetzung und fühlt sich gleichzeitig wieder etwas mehr nach klassischem »Star Trek« an. Die schlechte Nachricht: Obwohl man damit einen Schritt auf die vertriebenen Fans zugeht, geht man auch gleich zwei wieder zurück. Inszenatorisch wird auf manche der Abrams'schen Extravaganzen noch eine ganze Schippe draufgelegt. Star Trek Beyond ist im allerbesten Sinne ein zweischneidiges Schwert.
Zum Autor: Marco schwärmt schon seit dem Kindergarten für Star Trek: The Next Generation und ist damit schon länger Star-Trek- als Star-Wars-Fan. Schaut man auf seine bisherigen Videos auf Nerdkultur, ist es aber kaum zu glauben. Und ja, er gehört zum seltenen Schlag, die schon immer beides zugleich lieben konnten.
Im Gegensatz zu den absoluten Hardlinern und Puristen, ist er froh darum, dass seit dem Reboot die nach Nemesis und Enterprise einst totgeglaubte Marke »Star Trek« zur Zeit erfolgreicher denn je ist.
Am Textende befindet sich seine Filmkritik in Videoform.
Der Weltraum, unendliche Weiten
Dass »Beyond« sich wieder mehr wie klassisches »Star Trek« anfühlt, liegt an der Ausgangssituation und den verwendeten Motiven. Die Enterprise hat mehr als die Hälfte ihrer Fünf-Jahres-Mission hinter sich gebracht. Die Erde als Heimatstützpunkt spielt somit keine Rolle. Man erkundet die Galaxie und handelt als einsamer Botschafter der friedenstiftenden Sternenflotte.
Diese Verantwortung nagt aber auch an der Crew. Captain Kirk (Chris Pine) hadert mit sich selbst, überlegt sein Amt niederzulegen und die Enterprise zu übergeben. Spock (Zachary Quinto) stößt an seine eigenen, (halb-)menschlichen Grenzen und muss Freundschaft und Pflichtgefühl abwägen. Schiffsarzt Pille (Karl Urban) komplettiert vermittelnd das Trio.
Diese Motive sind entfernt den vergangenen Konflikten der alten Star-Trek-Filme und ihrer Crew entlehnt. Dass deren jüngere Pendants sie in ähnlicher Form ebenfalls durchmachen müssen, ist logisch. Es fühlt sich nicht wiederholt, sondern ehrlich begründet an.
Mit der Abgeschiedenheit der Fünf-Jahres-Mission traut man sich auch endlich, Zivilisationen auf äußerst kreative Weise darzustellen und eine Bedrohung ins Spiel zu bringen, die sowohl der Crew als auch dem Zuschauer komplett unbekannt sind. Das ist eine willkommene Abwechslung zu den wortwörtlich »geerdeten« Bedrohungsszenarien der beiden Vorgängerfilme Star Trek und Star Trek Into Darkness.
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Von Trekkies, für Trekkies
Deren scheidender Drehbuchautor Roberto Orci wird ausgerechnet durch Chefingenieur und Flickschuster Simon Pegg (»Scotty«) abgelöst. Dass dieser mit den Skripten zu seinen eigenen Komödien (Shaun of the Dead, Hot Fuzz) so einiges an Erfahrung mitbringt, merkt man dem Film auch an. Die Situationskomik und die Dialoge sind herrlich pointiert, zeitlich perfekt platziert und verkommen nie zum reinen Selbstzweck. Sie spiegeln wirklich die Beziehung der Figuren wider.
Dass Pegg seit je her selbst ein großer Star-Trek-Fan ist, ist unübersehbar. Zwar kann auch Pegg nicht auf einen Tick zu viele Selbstreferenzen verzichten, aber seine Verneigung vor den vergangenen Abenteuern der alten Crew ist eine andere, als noch von seinen Vorgängern.
Ohne Abrams, mit Abrams
Ausgerechnet für den Dauerkonkurrent Star Wars übergibt J.J. Abrams seinen Kapitänsstuhl an den Newcomer Justin Lin (True Detective), der in Hollywood hoch gehandelt wird und das The Fast and the Furious-Franchise zu ungeahnten Höhen geführt hat.
Abrams bleibt aber als ausführender Produzent erhalten und damit auch sein visueller Erzählstil. Lin übernimmt diesen und vermeidet eine Diskrepanz zu den beiden Vorgängern. Spürbar ist der Wechsel dennoch. Lin verwendet etwas zu häufig ausufernde Kamerafahrten mit der Drehung um die eigene Achse und macht sie damit im Laufe des Filmes beliebig.
Auf der anderen Seite merkt man ihm seine Erfahrung mit Autokarossen an. In den ruhigeren Momenten, in denen die Kamera an den Außenhüllen fixiert ist oder von innen heraus filmt, sind die Aufnahmen zusammen mit dem 3D atemberaubend.
Umgekehrt sind sie in sämtlichen Faustkämpfen viel zu nah am Geschehen und zu hektisch geschnitten. Der 3D-Effekt erweist hier, mit freundlicher Unterstützung der Bewegungsunschärfe, einen Bärendienst. Selbst dem hartgesottensten Bourne-Veteran dürfte das zuviel sein. Man kann tatsächlich weder 3D noch 2D uneingeschränkt empfehlen. Im Zweifelsfall ist dann aber eher letzteres vorzuziehen.
Viel Team Spirit, wenig Bösewicht
Aber ohnehin ist die inszenatorische Finesse hier eher zweitrangig. Der Film steht und fällt - so wie ausnahmslos alle Star-Trek-Filme - mit dem Funktionieren der Crew. Und zwar sowohl wie sie innerhalb der Gruppe funktioniert, als auch für den Zuschauer. Auch hier werden sich die Geister scheiden. Wer mit der Neubesetzung bisher nicht warm geworden ist, kann sich allenfalls an den Reminiszenzen erfreuen.
Alle anderen dagegen sehen eine sinnige Fortführung der Gruppendynamik - eine charismatische und junge, aber »erwachsen« werdende Crew aus Individuen, die nur zusammen auch die größten Hürden meistern können. Nicht zuletzt das ist es, was die Faszination »Star Trek« schon immer ausgemacht hat.
Der philosophische Ansatz gerät dabei, wie für die Kinoausflüge üblich, etwas in den Hintergrund, wird aber nicht vergessen. Bei »Beyond« manifestiert er sich hauptsächlich in Bösewicht Krall, der den Nihilismus gegenüber den Idealen der Föderation verkörpert und von diesem maßgeblich angetrieben wird.
Gespielt wird Krall von Idris Elba, der aber hinter der Maske viel von seiner natürlichen Ausstrahlung einbüßt. Trotz einem interessanten Motiv, verblasst er spürbar gegenüber der Besatzung und seinem direkten Vorgänger Benedict Cumberbatch.
Alte Star-Trek-Dramaturgie, neu präsentiert
Zwar ist »Star Trek Beyond« dramaturgisch eine gesunde Rückbesinnung, wird aber zugleich wieder einmal die Gemüter spalten. Sinnbildlich dafür steht eine Schlüsselszene, deren Auflösung einerseits auf herrliche Weise typisch für »Star Trek« ist, doch andererseits den umstrittenen Abrams-Charme geradezu exerziert.
Ohne zu viel verraten zu wollen: Man erinnere sich beispielsweise an Star Trek VI - Das unentdeckte Land, in dem die Besatzung das getarnte Schiff der Klingonen anhand dessen - salopp gesagt - Auspuff-Gase findet und vernichtet. Eine fast schon absurde, aber liebenswerte Art der Crew, auf kreative Weise dem Feind überlegen zu sein. Jeder einzelne ist in seinem Teilbereich eine Koryphäe und zusammen sind sie nicht aufzuhalten.
Das macht »Star Trek« eben auch aus und das ist es auch, was »Beyond« fortführt. Allerdings kommt es dabei zu einer derart großen und symbolischen Verneigung vor dem Mastermind hinter dem Reboot, J.J. Abrams, dass es seinen Kritikern direkt wieder hochkommen müsste.
Hand oder Finger?
Das steht dann genauso sinnbildlich für den ganzen Film. »Star Trek Beyond« ist so sehr wieder »Star Trek«, dass er eventuell auch einige der bisherigen Verächter versöhnlich stimmen könnte, sie aber gleichzeitig vor den Kopf stößt. Als würde man ihnen die Hand reichen, aber dabei den Mittelfinger zeigen.
Was bleibt ist das Motiv des zweischneidigen Schwertes: Die Liebhaber der direkten Vorgänger wird er sowieso erreichen, weil er einfach zu gut gemacht ist - eben perfekte Unterhaltung und eine würdige Fortsetzung. Manche werden sich aber an der anderen Seite der Klinge schneiden.
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