Sony arbeitet an einer verbesserten PlayStation 4, Codename NEO - daran lassen aktuelle Meldungen aus zahlreichen Quellen kaum Zweifel. Und das ist eine kleine Sensation. Bislang wurden Heimkonsolen im Laufe der Jahre nur kleiner, preiswerter und energieeffizienter, jedoch nie leistungsfähiger - zumindest nicht innerhalb einer Generation. Okay, es gab mal diese RAM-Erweiterung namens »Expansion Pack« für Nintendo 64, das den Arbeitsspeicher der Konsole verdoppelte und höhere Auflösungen, bessere Effekte oder mehr Mitspieler beim Multiplayer ermöglichte. Und auch im Handheld-Bereich hat Nintendo solche Experimente gewagt. Der DSi etwa verdoppelte den Arbeitsspeicher und den CPU-Takt des Vorgängers DS. Ähnliches gilt für Nintendos 3DS und den New 3DS.
Doch Sony plant anscheinend einen wirklich großen Techniksprung. Traut man der aktuellen Faktenlage, kommt die neue Konsole mit mehr CPU-Takt, mehr Speicher-Bandbreite und einer deutlich verbesserten Grafikeinheit daher. Sie ist also deutlich leistungsfähiger als die altbekannte PlayStation 4. Ich frage mich nur: Warum? Was hat Sony da vor? Wieso dieser Zwischenschritt statt einer komplett neuen Konsole? Und wieso jetzt?
Der Autor
Sebastian Stange hat seit der ersten PlayStation handfeste Erfahrungen mit Sony-Konsolen gesammelt. Um mit der grauen PSOne zu zocken, knackte er in Freistunden die TV-Schränke seines Gymnasiums auf. Für das erste eigene Gehalt im Rahmen des Zivildiensts kaufte er sich eine PS2, und als die PS3 erschien, hatte er sich bereits zum Spieleredakteur entwickelt. Dazu gehört freilich Offenheit: Sebastian schätzt auch den PC, er mag Nintendo und kommt prima mit der Xbox klar. Privat spielt er aber doch vor allem PlayStation 4. »Aber nur bis mein Virtual-Reality-PC endlich angeschafft wird,« sagt er dazu dann immer.
Allgemeine Verunsicherung
Selbst wenn die Existenz der neuen PlayStation 4 noch bis zur Spielemesse E3 geheim geblieben wäre und wer erst im Rahmen der Sony-Pressekonferenz davon erfahren hätten - die Verunsicherung unter Spielern wäre sicherlich dieselbe wie heute. Denn was ist mit nun mit der PlayStation 4? Was wird aus der Konsole, von der wir noch viele gute Jahre erwartet haben? Sollte sie nicht die Plattform für PlayStation VR sein, Sonys bemerkenswert engagiertes Debut im Bereich Virtual Reality? Werden PS4-Besitzer nicht beim Erscheinen des neuen Modells automatisch zu Spielern zweiter Klasse?
Wenn ich jetzt mal den bisherigen Informationen zur »PS4K« oder »PS4 NEO« glaube, dann stößt Sony immerhin keinen Keil in seinen Kundenstamm: Künftig werden alle PS4-Spiele auf beiden Modellen funktionieren - ohne jegliche Bonusinhalte und -funktionalitäten für die NEO-Fassung. Die würde »nur« mit höherer Auflösung, mehr Frames pro Sekunde und besserer Grafikqualität glänzen. Ich bin dennoch nicht glücklich damit, denn hier droht am Ende eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Auf der einen Seite die NEO-Besitzer, denen (gerüchtehalber) die 1080p-Auflösung in jedem Spiel garantiert wird und auf der anderen die PS4-Normalos, die sich dann sicher immer öfter mit 900p, Bildzerreißen und matschiger Kantenglättung abfinden müssen.
Wenn Spieleprogrammierer die Möglichkeit haben, mehr Hardwarepower zu nutzen, dann werden sie das nicht ignorieren. Sie nutzen vorhandene Ressourcen und Features - nicht ohne Grund wird bei aktuellen Konsolen fröhlich installiert und gepatcht. Weil es geht! Früher waren Konsolenspiele auf Modulen noch garantiert komplett fertig. Heute müssen sie es nicht mehr sein. Und morgen wird dann vielleicht die NEO-Hardware zur Standard-Entwicklerplattform für PlayStation. Verkommt dann am Ende die PS4-Fassung zum matschigen Last-Gen-Port, ähnlich wie bei Mittelerde: Mordors Schatten?
Wo sind die Gründe?
Bis vor wenigen Stunden erschien die PlayStation 4 als Sonys aktuelle Konsole, Sonys bestes Stück. Und ihre Zukunft wirkte prächtig. Nach einem etwas mageren Start, einigen HD-Remakes zu viel und einigen Sony-Exklusivspielen zu wenig schien 2016 ein fettes Jahr zu werden. Und das wird's ja auch: Uncharted 4, PlayStation VR. Gute Zeiten. Doch nun ist die Saat des Zweifels gesät. Wie viele gute Jahre stecken denn wirklich noch in meiner PlayStation 4?
Und, viel wichtiger: Was soll diese neue Konsole? Mit welchem Argument wird sie mir verkauft? Mehr Pixel, mehr Frames, bessere Grafikeffekte - das kann nicht der einzige Grund sein. Wer nach der allerbesten Technik strebt, hat einen Spiele-PC und bestimmt ganz individuell, mit welcher Hardware er welche Spieleleistung erreicht. Geht es Sony darum, PlayStation VR angesichts der technisch überlegenen PC-Konkurrenz eine bessere Chance auf Erfolg zu geben? Oder soll ich tatsächlich mit der Aussicht auf 4K-Gaming geködert werden, obwohl entsprechende Displays noch lange nicht im Massenmarkt verbreitet sind?
Vielleicht ist die Antwort ja ganz banal. Vielleicht orientiert sich Sony tatsächlich einfach nur am boomenden Smartphone-Markt, wo die Modelle noch sehr viel rascher durch neue, bessere ausgewechselt werden. Vielleicht will der Konzern einfach nur dauerhaft um die 400 Euro pro Heimkonsole einstreichen und hofft obendrein, dass viele PS4-Besitzer zu einem Upgrade auf das neue Modell bereit sind. Wenn es bei Apple, Samsung & Co. so gut klappt, wieso nicht auch hier?
Und klar, es müssen auch nicht immer sieben Jahre bis zur nächsten Konsolengeneration vergehen, Xbox 360 und PS3 ging am Ende ihres Lebenszyklus' schon deutlich die Puste aus. Doch letztendlich muss Sony gute Gründe vorweisen, um einen solchen Wechsel zu rechtfertigen. Ich bin wirklich gespannt, welche das am Ende sein sollen.
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