“Skull & Bones? Was ist daraus eigentlich geworden?” – Falls euch diese Frage immer wieder mal durch den Kopf ging, wenn ihr in den letzten Jahren über eine Erwähnung von Ubisofts Piraten-MMO gestolpert seid, dann seid ihr damit nicht alleine. Ubisoft Singapur hat das Spiel nämlich ewig nicht gezeigt, um es in Ruhe zu überarbeiten. Das Ergebnis bekam ich vor einigen Tagen während eines Presse-Events präsentiert, das mich besorgt zurückließ.
Hinweis: Beim Presse-Event zu Skull & Bones hatten wir keine Möglichkeit, das Spiel selbst zu spielen. Entwickler*innen haben uns lediglich Trailer und Gameplay vorgestellt und kommentiert.
Sexismus-Probleme bei Ubisoft: Dem französischen Entwickler und Publisher wird seit Juli 2020 eine toxische Unternehmenskultur vorgeworfen. Darunter weitreichende Sexismus-Probleme, Frauenfeindlichkeit und Diskrimierung, die tief in der Firma verankert sein sollen. Zwar wurden seitens Ubisoft bereits Konsequenzen gezogen, bspw. Mitarbeiter der Führungsebene ausgetauscht und zu den Vorwürfen offen Stellung genommen, firmenintern werden diese Maßnahmen von vielen Mitarbeiter*innen jedoch als nicht ausreichend empfunden.
Skull & Bones 2.0 mit einem neuen Kurs
Als Skull & Bones 2017 auf der E3 enthüllt wurde, lag der Fokus darauf, die Schiffskämpfe aus Assassin’s Creed 4: Black Flag zu nehmen, zu einem eigenständigen Spiel zu machen und zu erweitern. 2020 entschied sich Ubisoft aber dazu, den Kurs des Spiels neu auszurichten und es grundlegend zu überarbeiten. Heute, nach vielen Verschiebungen und harter Arbeit hinter den Kulissen, präsentiert sich Skull & Bones mit den folgenden Eckpunkten neu:
- Open World (oder besser gesagt Open Sea), inspiriert vom Indischen Ozean während des goldenen Zeitalters der Piraterie
- Ziel ist es, den eigenen Ruf (Infamy) immer weiter zu erhöhen
- Koop-Modus und PvP Server, aber auch Solo spielbar
- Herzstück des Spiels sind die arcadigen Seeschlachten
- World Events und andere Aktivitäten (z.B. Plünderungen, Schatzsuchen)
- Crafting-System
- viele Individualisierungsmöglichkeiten (Charakter, Schiff, Waffen, Spielstil)
- kostenlose Inhalte für mehrere Jahre (u.a. Events, Schiffe, Waffen)
Und gibt es auch schon einen Release? Ja, den gibt es tatsächlich. Zusammen mit einem neuen Cinematic Trailer wurde der 8. November 2022 als Releasedatum für PS5, Xbox Series X/S, PC und Google Stadia genannt:
Überlebe - Wachse - Herrsche
So weit, so gut, aber wie spielt sich Skull & Bones? Selbst ausprobieren konnte ich es leider nicht, aber die Entwickler*innen haben mir einen Eindruck vom Gameplay-Loop gegeben:
Alles beginnt damit, dass wir Schiffbruch erleiden und in Sainte-Anne landen, eines der Piratenverstecke, wo wir unter anderem neue Schiffe bauen, die Fracht (Munition und Nahrung) managen, Handel treiben, Aufträge klären und mit anderen Spieler*innen interagieren können. Das erinnert mit seiner Third-Person-Ansicht schonmal stark an Sea of Thieves, nur eben ohne dessen charmanten, comichaften Look.
Der Einstieg könnte zwar eine ausgearbeitete Story erwarten lassen, die gibt es aber nicht. Damit schließt Ubisoft eine pseudospannende Geschichte aus, verzichtet aber auch auf einen Aspekt, der für Motivation und Abwechslung durchaus wichtig sein kann.
Was also ohne eine Story tun, die uns an die Hand nimmt? Erkunden, sammeln und craften. Denn bevor wir uns ein prachtvolles Schiff zusammenzimmern können, starten wir mit der kleinsten Version, genannt Dau. Immerhin ein Speer ist dabei, mit dem wir Krokodile oder Nilpferde jagen können, um Felle und Fleisch zu erbeuten. Solche und andere Materialien wie Holz und Erze lassen sich in der Welt sammeln, um daraus Schiffe, Waffen und Rüstungsteile herzustellen, sofern wir denn die richtigen Entwürfe dafür haben.
Das fühlt sich allerdings so gar nicht mehr wie Sea of Thieves an, da die Inseln dabei nicht frei erkundbar sind und wir alles aus der First-Person-Beobachtersicht statisch vom Schiff aus erledigen. Es wirkt etwas seltsam, wenn wir mit unserem Kutter an eine Insel ranfahren und sich eine entfernte Palme wie von Geisterhand schüttelt, damit Kokosnüsse herunterfallen, oder wir an der Reling mit einem Speer herumfuchteln, um zu jagen.
Ein nie endender Kreislauf: Entwürfe müssen wir uns erst verdienen, indem wir Aufträge abschließen und so an Bekanntheit gewinnen. Unser Ruf ist dabei der Dreh- und Angelpunkt in Skull & Bones. Durch gewonnene Schlachten und Aktivitäten wie Plünderungen stärken wir ihn, was wiederum neue Belohnungen und gefährlichere Aufträge freischaltet, wodurch wir erneut unseren Ruf ausbauen können, neue Belohnungen verdienen und so weiter und … naja, ihr wisst schon.
Kämpfe zur See ohne Bewegungsfreiheit
Die meiste Zeit werden wir aber mit den Kämpfen auf hoher See verbringen, die in der Präsentation schon mal actionreich und spaßig wirkten. Wie gut wir dabei gegen feindliche Piraten, Piratenjäger und Stürme gewappnet sind, hängt nicht nur von der Robustheit und den Waffen unseres Schiffes ab, sondern auch davon, was für einen Schiffstyp wir überhaupt steuern:
- Navigationsschiffe (navigation ships): Sind schneller, haben aber weniger Platz für Fracht und und einen weniger starken Rumpf
- Frachtschiffe (cargo ships): Verfügen über viel Platz für die Fracht, aber sind dafür langsamer
- Kriegsschiffe (firepower ships): Haben mehr Platz für Waffen und können so mehr Schaden austeilen, lassen sich aber schwerer manövrieren
Egal mit welchem Schiffstyp wir feindliche Spieler*innen oder gar Forts an Land attackieren, wir können es individuell mit Waffen ausrüsten, die alle ihre eigenen Stärken und Schwächen haben. Von den klassischen Kanonen über Ballisten bis hin zu Mörsern ist so einiges dabei, wodurch wir unseren eigenen Spielstil weiter definieren können. Im Koop mit den Schiffen unserer Freunde ergibt das nochmal mehr strategische Möglichkeiten, indem wir uns aufeinander abstimmen.
Aber keine Sorge: Sollten wir doch mal untergehen und am nächstgelegenen Außenposten respawnen, dann können wir einen Teil unserer verlorenen Fracht beim Wrack wieder einsammeln. Zumindest, wenn andere Spieler*innen nicht schneller waren, die im übrigen nicht die einzige Gefahr sind. Abseits von Stürmen müssen wir auch die Moral unserer Crew im Auge behalten, da es sonst zu einer Meuterei kommen kann.
Gameplay gab es übrigens auch zu sehen:
Ein Captain wie in Ketten
Was dabei noch deutlich klargestellt werden sollte: Auf dem Schiff stehen wir in der Ego-Perspektive quasi nur am Steuerrad, während die Crew den Rest macht. Sie entern feindliche Schiffe und plündern Siedlungen, die sich innerhalb eines gelben Radius befinden. Und wir? Wir sehen dabei zu, wie sich ein unspektakulärer Fortschrittsbalken füllt. Zum Abschluss folgen dann kleine Zwischensequenzen, an denen wir uns wohl schnell sattsehen werden.
Selbst über das Schiff laufen, womöglich noch im Nahkampf mit dem Säbel einen anderen Piraten zur Strecke bringen, das gibt es in Skull & Bones nicht. Das höchste der Gefühle ist die Jagd mit dem Speer von der Reling aus, sowie ein Perspektivenwechsel zum Ausguck, um mit dem Fernrohr Gegner auszuspähen.
Die bereits erwähnte Third-Person-Perspektive funktioniert dagegen nur in Hubs wie Außenposten. Und vermutlich dient sie auch nur dazu, uns zu animieren, Outfits als Spielelement relevant zu machen. Bevor ihr fragt: Einen Charaktereditor, in dem wir zu Beginn auch Frisur, Hautfarbe, Bart etc. auswählen, gab es nicht zu sehen, dürfte aber auf irgendeine Weise enthalten sein.
Die Freiheit wie in Sea of Thieves sucht ihr aber trotz offener See vergeblich. Ubisoft setzt hier klar den Fokus auf das Schiff statt auf den Charakter. Narrativ ergibt das aber durchaus Sinn, denn immerhin sind wir der Captain und geben Befehle, statt uns selbst die Hände groß schmutzig zu machen. Etwas mehr Bewegungsfreiheit würde dem Spiel aber dennoch guttun, damit wir uns mehr wie der Captain und weniger wie ein Zuschauer fühlen.
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