Sexualisierte Gewalt im Netz: Neuer Studie zufolge sind 60% der jungen Erwachsenen betroffen

Sexualisierte Gewalt und entsprechende Übergriffe sind auch online ein riesengroßes Problem. Laut einer neuen Studie mit erschreckenden Zahlen sind vor allem junge Erwachsene davon betroffen.

Laut einer neuen HateAid-Studie geben 63% der befragten 18- bis 27-Jährigen an, digitale Gewalt beobachtet zu haben. Laut einer neuen HateAid-Studie geben 63% der befragten 18- bis 27-Jährigen an, digitale Gewalt beobachtet zu haben.

Sexualisierte Gewalt – also zum Beispiel sexualisierte Übergriffe, Belästigung oder Diskriminierung aufgrund des Geschlechts – stellt nicht nur offline ein massives Problem dar, sondern natürlich auch im Netz.

Wie groß das Ausmaß der Schwierigkeiten rund um digitale Gewalt ist, erörtert jetzt eine neue HateAid-Studie. Die kommt zu dem erschreckenden Ergebnis, dass über die Hälfte der Befragten schon mindestens einmal digitale Gewalt beobachtet haben und fast ein Drittel bereits selbst betroffen war.

'Müssen Kinder und Jugendliche besser vor Gewalt im Internet schützen' - Neue Studie zeichnet erschreckendes Bild

Das sind die Probleme: Neben sexualisierter Gewalt spielen auch andere Formen der digitalen Gewalt eine große Rolle. Darunter fallen zum Beispiel Beleidigungen, Hassrede, Verbreitung von Lügen, Cybermobbing oder Bedrohung. Besonders verbreitet unter Betroffenen sind allerdings die sexualisierten Übergriffe.

Besonders junge Erwachsene sind betroffen: Unter den 18- bis 27-Jährigen, die an der Befragung teilgenommen haben, gaben 63,1% an, digitale Gewalt bereits mitbekommen zu haben. Selbst betroffen davon waren schon 29,6%, also fast ein Drittel aller Befragten.

Unter über 43-Jährigen waren es 9,2% und "Erfahrungen mit digitaler Gewalt werden öfter von Personen berichtet, die angeben, dass sie ein Diskriminierungsmerkmal besitzen". Das können zum Beispiel Religion, sexuelle Orientierung, Geschlecht, oder eine Migrationsgeschichte sein.

Sexualisierte Gewalt ist besonders verbreitet: Dazu zählt zum Beispiel auch, ungewollt Nacktbilder zugeschickt zu bekommen. So etwas (oder andere sexualisierte Übergriffe) ist 60% der betroffenen 18- bis 27-Jährigen schon mindestens einmal passiert. Weibliche Personen trifft das häufiger (67,2%) als männliche (51,8%).

Was kann dagegen helfen? Verzicht ist nicht die Lösung: Unter den Befragten finden nur knapp ein Fünftel, dass sich die Betroffenen auch einfach aus den sozialen Medien zurückziehen und sich abmelden könnten. Die über 43-jährigen Befragten halten diese Strategie hingegen fast doppelt so oft für sinnvoll.

Viele junge Menschen zensieren sich selbst: Um nicht zum Ziel von digitaler Gewalt zu werden, versuchen viele, online absichtlich keine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken (45%) oder sind grundsätzlich sehr vorsichtig, wenn sie sich online durchs Netz bewegen (57%).

Was wünschen sich Betroffene? Ein besseres Internet! Die befragten jungen Erwachsenen hoffen auf ein Internet der Zukunft ohne Gewalt, Hass und Mobbing. Dabei soll eine effizientere Strafverfolgung helfen, genau wie mehr Sanktionierungen in Form von Sperren und ähnlichem und eine strengere Regulierung der Plattformen durch die Politik. Einige wünschen sich auch drastischere Herangehensweisen wie zum Beispiel mehr nicht-kommerzielle Plattformen.

Anna-Lena von Hodenberg, die Geschäftsführerin von HateAid sagt zu den Ergebnissen:

"Für eine ganze Generation gehört digitale Gewalt durch soziale Medien bereits zum Alltag. Dabei ist die hohe Zahl an sexualisierten Übergriffen, die junge Erwachsene bereits erlebt haben, besonders erschreckend.

Wir haben viel zu lange weggeschaut: Wir müssen unsere Kinder und Jugendlichen jetzt besser vor Gewalt im Internet schützen. Dafür braucht es dringend ein Mindestmaß an Produktsicherheit für soziale Medien und konsequenten Jugendschutz auch im Netz."

Wie wurde die Studie durchgeführt? Befragt wurden mehr als 3.000 Personen ab 14 Jahren mit Wohnsitz in Deutschland. Die Studie kann hier in ihrem kompletten Umfang als PDF heruntergeladen werden. Die Publikation wurde im Rahmen des Bundesprogramms "Demokratie leben!" des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert.

Die Studie wurde unter dem Titel "In meinem Netz soll es keine Gewalt geben! Wie junge Erwachsene digitale Gewalt erleben und wie sie damit umgehen" im Jahr 2023 in Auftrag gegeben.

HateAid setzt sich für Menschenrechte im digitalen Raum ein und engagiert sich auf gesellschaftlicher wie politischer Ebene gegen digitale Gewalt und ihre Folgen. Unter anderem werden Betroffene von digitaler Gewalt zum Beispiel konkret durch Beratung und Prozesskostenfinanzierung unterstützt.