Das neue Saints Row kam bei seiner Ankündigung nicht bei allen Fans der Serie gut an. Das Reboot sollte hipper und weniger abgedreht als die Vorgänger sein, gleichzeitig aber voller Saints Row-DNA stecken – ein scheinbarer Widerspruch. Keine Dildo-Prügelwaffen, keine Wahl ob wir als frisch ernannter Präsident Krebs oder Welthunger besiegen wollen, keine Reise zum Mond oder in die Hölle.
Stattdessen geht es diesmal um die Anfänge der Saints, bestehend aus einer Gruppe Halbstarker, die aussehen, als würden sie sich mehr um ihren Style und ihren TikTok-Account als um das Leiten einer kriminellen Organisation kümmern. Ob die neue Crew überzeugen kann oder doch zu gewollt cool mit Sprüchen um sich wirft, davon konnte sich GamePro in einer rund 45-minütigen Präsentation samt Fragerunde mit den Entwickler*innen ein Bild machen.
Wenn die Saints 15 Minuten zu spät mit einem Starbucks-Kaffee auftauchen
Die wohl wichtigste Frage, die das neue Saints Row beantworten muss ist, ob ein modernes, hippes Reboot der Reihe funktionieren kann. Und das hängt vor allem auch an den Charakteren. Zwar können wir unseren Hauptcharakter (im Spiel einfach “Boss” genannt) frei erstellen und neben dem Aussehen etwa auch das Alter wählen, aber unsere drei besten Freunde und späteren Saints-Lieutenants Eli, Neenah und Kevin sehen allesamt aus, als könnten sie uns auch auf dem Campus der Uni über den Weg laufen.
Zur Erinnerung, so zeigt sich die neue Saints-Crew im ersten Trailer:
So jung und schon so kriminell – das ist erstmal gewöhnungsbedürftig. Um das Youngster-Image zu unterstreichen, werden zudem natürlich jede Menge dumme Sprüche geklopft. Während sich die Charaktere aber gegenseitig necken, weil Eli etwa keine Pistole tragen darf, da ihm mal ein Missgeschick passiert ist, oder Kevin unbedingt Telenovelas mit uns gucken will, wird vor allem eines klar: Hier geht es um die Geschichte von vier Freund*innen.
Und das wirkt zumindest in den bisher gezeigten Missionen durchaus sympathisch, da nicht nur unsere Crew uns in brenzlichen Situationen zu Hilfe eilt, sondern wir auch persönliche Missionen für und mit ihnen abschließen. Dazu passt natürlich auch, dass die Saints hier gerade erst ihren Anfang haben. Statt ein mächtiges kriminelles Imperium zu leiten, sind wir hier eher die Underdogs, müssen uns also erst hocharbeiten und beweisen.
Aller Saints-Anfang ist klein
Passend zum verjüngten Cast der Charaktere erinnern auch unsere Probleme zu Beginn des Spiels eher an die von Student*innen als einer Gangsterbande. Die Saints gibt es nämlich noch gar nicht. Vielmehr wohnen wir mit unseren Freund*innen zusammen in einer WG in der Wüsten- und Spielerstadt Santo Ileso und kämpfen damit, unsere Miete zu bezahlen.
Weil das hier aber immer noch ein Saints Row ist, gehen wir nicht etwa im nächsten Diner jobben, sondern überfallen kurzerhand zusammen ein Pfandhaus. Während unsere Kumpels Eli und Kevin das erbeutete Geld in Sicherheit bringen, springen wir und unsere professionelle Fluchtwagenfahrerin Neenah ins Auto und lenken die Polizei mit einer wilden Verfolgungsjagd ab.
Sind die Cops einmal abgehängt, wechseln wir auf dem Schrottplatz das Auto – soweit zumindest der Plan, wäre da nicht die Rivalen-Gang Los Panteros, die besagtes Gefährt komplett auseinander genommen hat. Also liefern wir uns erstmal eine Schießerei mit ihnen, die natürlich die Polizei wieder auf unsere Spur bringt. Weiter geht die Flucht also.
Haben wir es dann einmal geschafft und Gangs und Gesetzeshüter gleichermaßen hinter uns gelassen, dürfen wir endlich damit beginnen unser kriminelles Imperium aufzubauen. Dafür müssen wir nicht nur die neun Distrikte von Santo Ileso übernehmen, sondern uns auch die anderen Banden vom Hals halten, die wir unweigerlich verärgern.
Abgedreht und bodenständig zugleich
Insgesamt 25 Haupt- und 10 Nebenmissionen (etwa für die Gang-Mitglieder) soll es geben, die wir im Verlauf der Story abschließen können. Dabei wollen wir eben nicht nur den Einfluss der Saints steigern, sondern müssen uns auch um unsere Crew kümmern.
Denn wie oben bereits erwähnt, geht es hier auch um die Charaktere und unsere Bindung zu ihnen. Das zeigen auch die beiden Missionen, die neben dem Raubüberfall auf das Pfandhaus ebenfalls in unserer Präsentation zu sehen waren: In einer will unsere Fahrerin Neenah Rache, nachdem die verfeindete Los Panteros-Gang ihr Auto zerstört hat. Also springen wir in den nächsten Helikopter, schießen unterwegs noch ein paar Raketen auf ein Los Panteros-Barbeque und jagen dann die Autowerkstatt der Bande in die Luft.
In einer anderen Mission wird unser DJ-Freund Kevin von der bösen Idols-Gang entführt, zu der er früher einmal selbst gehörte. Als Rache für seine Untreue wollen die Idols ihn in die Luft jagen, was anscheinend ein Saints Row-Muster ist. Um seinen Standort herauszufinden, schnallen wir kurzerhand ein im Dixie-Klo eingeschlossenes Idols-Mitglied an unser Auto und gehen mit unserer menschlichen Abrissbirne einmal auf Spritztour.
Trotz des bodenständigeren Settings soll es also auch diesmal wieder den Humor und die wilde Action geben, die Saints Row-Fans gewohnt sind – nur eben unterlegt mit persönlicheren Geschichten der Charaktere.
Multiplayer
Saints Row bietet einen Multiplayer-Modus für zwei Personen, der euch jederzeit in das Spielgeschehen eurer Freunde rein- und rausspringen lässt. Dabei soll sich das komplette Spiel auch im Koop spielen lassen. Zwar werden die Kämpfe mit einem Mitstreiter fordernder, dafür erhalten auch beide die Belohnungen der entsprechenden Quests.
Progression: Habt ihr eine Mission als Koop-Gast bei einem Kumpel abgeschlossen, die bei eurem Solo-Spielstand noch offen ist, werdet ihr bei eurem eigenen Durchlauf gefragt, ob ihr die entsprechende Mission überspringen oder nochmals spielen wollt, sobald ihr sie erreicht.
Waffen, jede Menge Waffen
Apropos Action! Was wäre ein Saints Row ohne Kämpfe? So müssen wir uns nicht nur regelmäßig Feuergefechte mit der Polizei, sondern auch anderen Banden liefern, die gerne auch mal stärkere Mini-Bosse wie besonders schwer bewaffnete Muskelprotze gegen uns in den Kampf schicken.
Kein Problem, immerhin tragen wir ja ein ganzes Arsenal an Waffen bei uns. Dabei können wir nicht nur aus Pistole, Schrotflinte und Co. wählen, jede Waffe hat zudem noch eine eigene Fähigkeit, die wir durch das Abschließen von Herausforderungen freischalten: So macht eine SMG etwa mehr Schaden an Fahrzeugen, während wir bei einer anderen eine Knarre in jeder Hand führen dürfen.
Zusätzlich zu den normalen Waffen gibt es auch noch die ausgefalleneren Modelle. Den Thrustbuster etwa werfen wir wie einen Football auf unsere Gegner und schicken sie dann mit einer Explosion in die Luft. Mit dem Piñata-Launcher dagegen verschießen wir Piñatas, die dann wie Granaten hochgehen.
Besonders diese Waffen versprechen Abwechslung in die sonst noch etwas statisch wirkenden Ballereien zu bringen, bei denen wir einfach nur auf eine Gruppe Gegner schießen, während die auf uns zurückfeuern. Wir hoffen jedenfalls darauf, dass es noch mehr davon im Spiel gibt!
Einmal Granate in die Hose
Neu sind auch die Finisher, mit denen wir unsere Gegner effektvoll zu Boden schicken. Es muss sich aber noch zeigen, ob diese Manöver mehr können als nur cool auszusehen -- und ob sie nicht auf Dauer sogar nerven, wenn wir jedes mal der Animation zuschauen müssen. Effektiv sind auf jeden Fall unsere Skills. Vier davon dürfen wir gleichzeitig ausrüsten, um etwa mit dem “Ananas-Express” Gegnern Granaten in die Hose zu stopfen und sie dann auf ihre Freunde zu werfen. Oder mit einer “Annäherungsmine” unachtsame Feinde in die Luft zu jagen. Das Einsetzen von Skills ist allerdings nicht ganz kostenlos, denn um sie zu nutzen brauchen wir Flow – die Leiste dafür füllt sich, wenn wir etwa Schaden im Kampf anrichten – Horizon: Forbidden West lässt grüßen!
Wollen wir außerdem extra gut vorbereitet sein, können wir auch jederzeit unsere “Perks” genannten Vorteile austauschen. Mit diesen kleinen Boni bewegen wir uns etwa schneller in der Hocke oder tasern Gegner, die uns im Nahkampf treffen.
Fahrzeuge: Wer läuft, ist selber Schuld
Neben klassischen Schießereien gehören natürlich auch Fahrzeugkämpfe zum neuen Saints Row, die für das Reboot ordentlich überarbeitet wurden. So können wir in Verfolgungsjagden mit der Polizei jetzt auch das andere Fahrzeug rammen und von der Straße drängen – je schneller wir sind, desto mehr Schaden richten wir an.
Zwar kann auch unser eigenes Fahrzeug Schaden nehmen, allzu genau scheint das Spiel das aber nicht zu nehmen, wenn wir mit dem Crossbike 20 Meter durch die Luft oder per Rampe auf die Autobahn fliegen dürfen. Hier steht wohl klar Spaß vor Realismus im Fokus.
Zusätzlich können wir im Verlauf der Story unsere fahrbaren Untersätze auch aufmotzen, um ihnen etwa einen Geschwindigkeits-Boost oder einen Schleudersitz zu verpassen. Mit letzterem können wir uns nämlich in die Luft katapultieren, um dann mit unserem Wingsuit über die Dächer der Stadt zu segeln. Das sieht schon verdammt spaßig aus, auch wenn wir dabei nicht fliegen sondern nur gleiten. Sollten wir aber mal an Höhe verlieren, stoßen wir uns einfach vom Kopf eines nichtsahnenden Passanten ab und weiter geht die Reise.
Willkommen in Santo Ileso
Die fiktionale Stadt Santo Ileso ist für die Gangs der Stadt wie ein großer Kuchen, den sie untereinander aufteilen wollen. Also kämpfen auch wir um die Vorherrschaft in den einzelnen Distrikten, um dann die Einnahmen aus den kriminellen Aktivitäten dort einzustreichen.
Die offene Spielwelt können wir dabei nicht nur per Fahrzeug oder Wingsuit sondern auch zu Fuß erkunden. Zwar brauchen wir auf den Straßen keine dichte Atmosphäre voller Leute zu erwarten, aber hier und da dürfen wir auch mit unserer Umgebung interagieren, indem wir etwa per Emote ein spontanes Gitarrenkonzert geben oder auf eine Straßenband treffen. Abseits davon können wir in der Stadt etwa nach neuen Klamotten shoppen oder diversen Aktivitäten nachgehen, um unseren Einfluss in den neun Distrikten von Santo Ileso zu steigern:
- Entdeckungen: Diese Ereignisse treten zufällig auf, während wir die Stadt erkunden. So dürfen wir etwa Panzerwagen für extra Cash in die Luft jagen und dabei unseren Fortschritt bei der Distrikt-Übernahme voranbringen.
- Nebengeschäfte: Diese wiederholbaren Nebenaktivitäten bringen uns Geld, Erfahrungspunkte und Belohnungen oder schalten neue Spielmechaniken frei: So können wir etwa als Beifahrer angeheuert werden, um bei einem Überfall die Polizeiautos abzuschießen, die uns verfolgen.
Technik
Optisch haut Saints Row wohl niemanden aus den Socken. Das Spiel sieht dank schicker Beleuchtung keineswegs schlecht aus, die Grafik kommt vor allem bei den Details aber nicht an aktuelle AAA-Titel heran, und auch die Animationen sind hier und da etwas hölzern. Technische Probleme konnten wir in der Präsentation nicht entdecken, aber wie flüssig Saints Row läuft, können wir natürlich erst beurteilen, wenn wir das Spiel selbst in den Händen halten.
Die neue Heimat der Saints
Um unseren Einfluss in der Stadt weiter zu steigern, müssen wir regelmäßig in unser Hauptquartier, eine alte Kirche. Hier haben wir nicht nur Zugriff auf unsere Waffen, Fahrzeuge, Garderobe und dürfen mit unseren Freund*innen reden, sondern managen am Kriegstisch auch unser kriminelles Imperium.
So können wir unterschiedliche Grundstücke in der Stadt erwerben, um dort Scheinunternehmen für unsere Geschäfte zu bauen. Damit schalten wir dann neue Spielelemente frei: Mit Jimrob’s Garage dürfen wir unsere Fahrzeuge anzupassen, der Waffenhandel The Big One dagegen schaltet das Mayhem-Minispiel frei, in dem wir möglichst viel Schaden in vorgegebener Zeit anrichten müssen.
Um das Management etwas aufzulockern, können wir im Hauptquartier außerdem den Look unserer Freund*innen oder Fußsoldaten anpassen. Soll der Aufzug der Saints in Zukunft aus Ganzkörperlatex bestehen? Kein Problem. Und auch die Kirche selbst dürfen wir aufmotzen, indem wir etwa Statuen oder Leuchtreklamen aufstellen, die wir als Sammelgegenstände in Santo Ileso finden.
Sei dein eigener Boss
Das ist natürlich noch nicht alles an Anpassungsoptionen, die uns das Spiel liefert. Wie bereits erwähnt können wir unseren Boss frei nach Belieben erstellen, von Geschlecht über Körperbau, Style bis hin zur Stimme. Sogar asymmetrische Gesichter lassen sich bauen. Wollen wir unseren Boss mal mitten im Spiel ändern, ist das auch kein Problem. Mit der Style-App unseres ingame-Handys wählen wir jederzeit aus unseren gespeicherten Presets und tunen so an Ort und Stelle den Look unseres Bosses – selbst Geschlecht und Hautfarbe.
Alles wichtige zu den Anpassungsoptionen könnt ihr auch hier nachlesen:
Auch unsere Fahrzeuge und Waffen können wir individualisieren und etwa Farben und Muster ändern oder komplett andere Skins verwenden. Neue Anpassungsmöglichkeiten dürfen wir dann im Verlauf des Spiels mit ingame Währung kaufen und Upgrades durch das Abschließen von Herausforderungen freischalten.
Optionen und Accessibility
Saints Row liefert vielfältige Optionen für die Anpassung der Spielerfahrung. So können wir aus mehreren Schwierigkeitsgraden wählen, einzelne Elemente des HUD verstecken, die Lebensleiste ausschalten und Optionen für Reisekrankheit, Hör- und Sehschwächen und die Button-Belegung des Controllers einstellen.
Das Saints Row-Reboot ist eindeutig anders als seine Vorgänger, und die Ausrichtung auf ein jüngeres Publikum dürfte nicht jeden Fan überzeugen. Aber auch wenn das Spiel nicht die Absurdität der letzten Teile erreicht, steckt doch jede Menge Potenzial für abgedrehte Action im in den Kämpfen und Verfolgungsjagden, besonders wenn es noch mehr witzige Waffen und Fähigkeiten wie etwa den Ananas-Express gibt. Bleibt zu hoffen, dass auch die Story und vor allem die Charaktere Saints Row aus der Masse der Actionspiele herausheben können.
Saints Row erscheint am 23. August 2022 für PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series X/S und PC.
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