Mein erster Berührungspunkt mit der Resident Evil-Serie war das PS1-Original, das ich (vermutlich viel zu früh) allein in meinem Kinderzimmer gespielt habe. Bis heute kann ich mich an meine Angst erinnern, die ich verspürt habe, als ich Zombie-artige Gurgelgeräusche hören, die Untoten aber nicht sehen konnte - feste Kameraperspektiven sei Dank. Was ich damals aber noch nicht wusste: Resident Evil-Spiele werden mich irgendwann (fast) gar nicht mehr gruseln.
Lachen statt gruseln
Resident Evil ist Humor mit einer Prise Horror. Klingt das gemein? Soll es nämlich gar nicht. Ich bin bis heute ein großer Fan der Reihe und freue mich sehr, dass Capcom es geschafft hat, mit Resident Evil 7 einen überfälligen Neustart einzuleiten. Resi 7, Resi 8 und die Remakes von Teil 2, 3 (und bald auch 4) waren (und werden) jedes Mal absolute Highlights für mich. Das liegt aber eben nicht am Gruselfaktor oder dem Erschreckungspotenzial - in Resident Evil-Spielen habe ich schon immer mehr gelacht als mich gefürchtet.
Zur Erinnerung - das ist das Intro vom ersten Resident Evil:
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So oft ich auch von Zombies gebissen werde, so oft mir auch der Kopf mit einer Kettensäge abgetrennt wird, der Horror in Resident Evil ist fast immer humoristisch eingefärbt. Seien es nun die grausigen One-Liner von Leon, Chris und Co. oder absurde Momente, in denen ich riesige Felsen in Vulkanlava boxen muss. Es ist selten, dass sich Resident Evil wirklich ernst nimmt und das ist auch der bizarr-komplexen Lore zu entnehmen, die mit ihren kaum nachvollziehbaren Twists - “Mia Winters” gnadenlose Hinrichtung durch Chris Redfield ist da ein gutes Beispiel - über die eigenen Füße stolpert. Narrative Slapstick, sozusagen.
Statt einfach nur Horror sein zu wollen, wirkt Resident Evil eher wie eine Horror-Komödie auf mich, die bewusst Horror-Klischees parodiert und dabei überzeichnet. Interessanterweise gab es während der Entwicklung des originalen Resident Evils sogar die Bestrebungen, ein vollwertiges Comedy-Spiel anzufertigen, das jeden Horror-Aspekt abwirft. Dazu kam es am Ende dann zwar nicht, doch das Zwinkern im Auge der Entwickler ist nie ganz verschwunden.
Zwischen Body Horror und Klamauk
Ein sehr gutes Beispiel ist Resident Evil Village. Die gesamte Struktur des jüngsten Hauptablegers hat eine gewisse Freizeitpark-Atmosphäre, die uns von B-Movie-Parodie zu B-Movie-Parodie schickt und uns mit abgedroschenen Klischees durch eine wildgewordene Geisterbahn schickt. Lady Dimetrescu ist eine großartige Horror-Ikone - aber ist sie wirklich gruselig? Oder liefert sie einfach starke Unterhaltung in einem düsteren Szenario? Wenn sich die 3-Meter-Frau auf ihren kleinen Hocker setzt und zum Telefonhörer greift, während ich heimlich durchs Fenster schaue… dann ist das einfach lustig.
Ähnliches gilt für Charaktere wie Karl Heisenberg und seine Werwolf-Armee oder dem fast lachhaft tragischen Fischmonster Salvatore Moreau. Etwas subtileren Horror wie im Haus Beneviento gibt es zwar auch zu finden, die Action-Achterbahnfahrten stehen aber klar im Fokus. Hier und da gibt es einen Jump Scare, doch im Großen und Ganzen gilt die Devise: Horror darf auch Spaß machen. Und es ist ja nicht so, als würde nicht auch Ethan Winters selbst zum Comedy-Star aufsteigen.
Wir erinnern uns da nur an seine zahllosen Handverletzungen, die in einer überaus witzigen Szene kulminieren. Beim Betätigen eines Schalters wird Ethans rechte Hand mit einem sauberen Schnitt abgetrennt - Muskelgewebe und Knochen sind gut erkennbar. Nur Minuten später nimmt Ethan die jetzt heimatlose Hand, drückt sie auf den Stumpf, kippt etwas Heilwasser auf den Schnitt und siehe da: Die Hand ist wieder dran, die Finger lassen sich bewegen. Ethans Kommentar dazu: “Good.”
Falsche Nostalgie
Dass ich über Resident Evil lachen kann (und oft sogar muss), würde ich den Spielen aber niemals ankreiden. Anders als es manche Leute manchmal klingen lassen, empfinde ich Resi-Titel nicht als unfreiwillig komisch. Es ist nicht so, dass Capcom versucht, 100% harten Grusel zu schaffen und dabei einfach mit ungelenkem Writing scheitert. Ungeachtet der Legacy als “Survival Horror” war Resident Evil immer schon der Klassenclown im Horror-Genre. Sei es nun das “Jill Sandwich” aus Teil 1 oder der Kettensägen-Panzer aus Teil 8 - Lachen ist noch gesünder als grünes Kraut.
Als reine Comedy würden die Spiele allerdings auch nicht funktionieren. Es braucht den Horror-Aspekt als Hintergrund, der bestimmte Erwartungen schafft und Spannung aufbaut, die mit typischen Resident Evil-Momenten gebrochen werden können. Sorgt die Dorfsequenz aus Resident Evil 4 für Panik? Absolut. Ist Oberbösewicht Ramon Salazar ein fast schon kindlich-frecher Zombie-Graf, den Leon nie wirklich ernst nimmt? Total. Diese Wechselhaftigkeit aus echtem Horror und völliger Absurdität verleiht Resident Evil-Spielen ihre besondere Dynamik.
Ich freue mich sehr auf das Resident Evil 4 Remake und auf erste Infos zu Resident Evil 9 - weil ich das bekommen werde, was Capcom immer schon geliefert hat: Witzige Horror-Komödien.
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