Der Abspann von Resident Evil 8 ließ mich mit gemischten Gefühlen zurück. Irgendwie wusste ich, dass ich ein gutes Spiel beendet hatte. Aber während des Spielens durchlief ich das gesamte Gefühlsspektrum, von panischer Angst, bis zu vollkommener Gleichgültigkeit.
Dieselbe Reaktion hatte ich schon bei Resident Evil 7. Doch erst jetzt verstehe ich wirklich, was mich an den letzten beiden Teilen stört. Meiner Meinung nach steckt die Spiele-Serie in einer Identitätskrise, unter der mein persönlicher Spielspaß massiv leidet.
Was ist Resident Evil überhaupt?
Wer auch nur einen einzigen Artikel zu den neueren Resident Evil-Teilen gelesen hat, der wird in der Kommentarsektion sehr schnell fündig: "Ist das noch Resident Evil?". Doch um eine solche Frage zu beantworten, muss man erst eine andere stellen: Was ist Resident Evil überhaupt? Oder noch besser: Was macht den Horror der Serie aus?
Der Kern der Franchise: Resident Evil war über Jahre hinweg Zombie-Horror. Selbst Teil 4, der den damaligen Trend aus der Filmindustrie aufgriff Zombies schneller werden zu lassen, wie der Horror-Hit 28 Days Later. Dabei besann man sich immer auf die Stärken der Serie. Konstante Bedrohung durch widerstandsfähige Gegner, knappe Ressourcen und kurze Panik-Abschnitte, wie den Tyrant. Diese Grundformel wurde jahrelang nur an andere Orte verlegt. Gruseliges Haus, verfallene Stadt, Insel im Nirgendwo, Dorf in Europa.
Tabubruch: Erst Teil 5 brach die Formel auf, um aus der Horror-Nische etwas auszubrechen und neue Fans zu gewinnen. Gegner wurden schwächer, Munition wurde wie Süßigkeiten verteilt. Zudem setzte man auf Koop, was Feinden zusätzlich den Schrecken nahm. Fast alle klassischen Elemente des Zombie-Horrors waren verloren gegangen. Resident Evil 6 trieb diese Neuausrichtung auf die Spitze, indem es sich vollkommen in einem Actionfeuerwerk ohne Substanz verlor.
Zum Autor
Stephan fand Horror-Spiele eigentlich immer zu gruselig. Erst mit Resident Evil 4 auf dem Gamecube stieg er in die Serie ein und hat seitdem so gut wie jeden Teil nachgeholt. Das Resident Evil 2 Remake gehört seit Release zu seinen Lieblingsspielen und rotiert alle paar Monate in der Playstation. Außerdem findet ihr ihn regelmäßig in Resident Evil Resistance, wo er als Mastermind hilflose Überlebende als Alex Wesker quält.
Irgendwo zwischen Halloween und Saw
Resident Evil 7 sollte eine Revolution sein. Das Versprechen: Endlich wieder Horror und weniger Action. Ein kompletter Neuanfang ohne Zombies und andere Altlasten. Eine neue Art von Resident Evil-Horror sollte gefunden werden, auf die ich persönlich auch sehr gespannt war. Doch statt wirklich einer Idee zu verfolgen, entschieden sich die Entwickler dafür, jedem der Bakers einem eigenen Horror-Genre zuzuordnen.
Verwirrter Filmabend: Jack erinnerte mit seiner ganzen Art an das Klischee des unsterblichen Killers, wie in Halloween oder Freitag der 13. Seine Frau Marguerite bediente stattdessen klassischen Body Horror a la "Die Fliege" und Lucas war klar von den Saw-Filmen inspiriert.
Dazwischen lagen kleinere Abschnitte, die dann doch wieder den Zombie-Horror durchblicken ließen. Und abgeschlossen wurde mit einer Actionsequenz, da man die Fans von Resident Evil 5 doch nicht so ganz aufgeben wollte.
Leider entstand dadurch eine zufällig ausschlagende Spannungskurve, auf die jeder Spieler anders reagiert. Kaum einer findet jedes Horror-Genre gleich gruselig und daher ist es unmöglich für die Entwickler ein durchgehend konstantes Erlebnis zu bieten. Denn wer zum Beispiel Saw langweilig findet, den langweilt auch das dritte Viertel des Spiels, so wie es bei mir der Fall war.
Resident Evil 8: Puppen schlagen Werwölfe
Der neueste Teil folgt demselben Muster. Vier Lords, jeder mit anderem Horror-Thema und ein Action-Abschluss. Und wieder fand ich mich demselben Problem gegenüber. Während ich den Anfang nervenaufreibend fand und ich mir beim zweiten Lord fast in die Hosen gemacht habe, so ließen mich die letzten beiden vollkommen kalt, da deren Horror-Idee bei mir nicht zog. Das kann bei euch vollkommen anders sein. Aber wer mehr Angst vor Puppen als vor Werwölfen hat, für den hat Resident Evil 8 zu früh sein Pulver verschossen.
Capcom muss sich entscheiden! In seinem Wunsch eine möglichst große Spielerschaft anzuziehen, vermeidet es Capcom eine klare Linie für Resident Evil festzulegen. Stattdessen versucht man jedes Horror-Klischee gleichzeitig zu bedienen, ohne eines mit der benötigten Tiefe und Sorgfalt zu behandeln.
Für mich verkommt die Erfahrung daher zu einer Art Geisterbahn, in der Horrorclowns neben Gespenstern, Axtmördern, Hexen und Vampiren stehen. Diese Jahrmarkt-Attraktionen machen zwar Spaß, aber leider hat man sie genauso schnell wieder vergessen. Horror braucht eine gut ausgearbeitete Spannungskurve, die bis zum Finale anzieht und diese lässt sich nur gewährleisten, wenn ein Genre voll ausgeschöpft wird. Vielleicht kann Capcom dann endlich die Zombies hinter sich lassen.
Wie habt ihr Resident Evil 8 empfunden? Hat für euch die Abwechslung gepasst oder seht ihr das wie ich?
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