"Darf ich lügen?": Detroit-Entwicklerstudio blamiert sich in absurdem Prozess

Die Heavy Rain- und Detroit: Become Human-Macher stehen vor Gericht. Eigentlich wollten sie dort ihre eigene Weste rein waschen, aber der Schuss ging wohl nach hinten los.

Beim Detroit: Become Human-Studio Quantic Dream sollen üble Zustände herrschen und die Leitung verklagt berichtende Medien. Beim Detroit: Become Human-Studio Quantic Dream sollen üble Zustände herrschen und die Leitung verklagt berichtende Medien.

Quantic Dream kämpft vor Gericht gewissermaßen um die eigene Ehre. Dem Entwicklerstudio von Detroit: Become Human wird eine toxische Arbeitsatmosphäre sowie Sexismus und Rassismus in der Führungsebene nachgesagt. Gegen entsprechende Berichte hat CEO David Cage geklagt und der Prozess ist noch im Gange, aber aktuell sieht es nicht danach aus, als hätte Quantic Dream erreicht, was die Chefs David Cage und Guillaume de Fondaumière wollten – ganz im Gegenteil. Die Verhandlung muss wohl ein ziemlich absurdes Theater gewesen sein.

Quantic Dream wird Rassismus, Sexismus und toxisches Arbeitsklima vorgeworfen

Worum geht's da genau? Bereits im Jahr 2017 haben eine ganze Menge an ehemaligen Mitarbeitern gegenüber unterschiedlichen Zeitungen wie Le Monde berichtet, dass bei den Heavy Rain-Machern Quantic Dream kein gutes Arbeitsklima herrscht. Insbesondere der Studioleitung David Cage und Guillaume de Fondaumière wurde ein schlechter Führungsstil vorgeworfen.

Rassismus, Sexismus, Toxisches Klima: Aber es ging in den Berichten nicht nur um das angebliche Fehlverhalten der Chefs und Unregelmäßigkeiten bei einigen bürokratischen Angelegenheiten, sondern auch um rassistische, homofeindliche wie sexistische Diffamierungen, die bei Quantic Dream an der Tagesordnung gewesen sein sollen.

Da ist zum Beispiel von Photoshop-Montagen die Rede gewesen, die Mitarbeiter*innen in sexuellen Posen gezeigt haben sollen. Teilweise wurden wohl Gesichter von Team-Mitgliedern auf die Körper von Nazis oder in pornografische Szenen hinein geschnitten.

Insgesamt sollen über 600 solcher Bilder gefunden worden sein, teilweise waren sie angeblich sogar öffentlich für alle einsehbar in den Studioräumen ausgestellt. Noch schlimmer: Auch nach mehrfachen Beschwerden soll nichts gegen entsprechende Inhalte und Bilder unternommen worden sein.

Studio-Boss David Cage werden außerdem gleich mehrere Zitate zugeordnet, die er in der Öffentlichkeit getätigt haben soll. Sie offenbaren allesamt eine zu den Vorwürfen passende und rassistische, homofeindliche sowie sexistische Weltanschauung, wenn sie wirklich von ihm stammen.

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Studiochefs klagen gegen angebliche "Schmierkampagne" und zerren Medienhäuser vor Gericht

Quantic Dream wehrt sich gegen die Vorwürfe und sieht sich als Opfer einer angeblichen Schmierkampagne. Darum versucht die Studioleitung, vor Gericht gegen die ihrer Meinung nach diffamierenden und unwahren Berichte vorzugehen. Explizit geht es um die Zeitung Le Monde und die Webseite Mediapart, die von Quantic Dream bereits im April 2018 verklagt wurden.

Die Führungsetage des Studios hinter Heavy Rain, Beyond: Two Souls und Detroit: Become Human will den Spieß also gewissermaßen umdrehen, sich von den Vorwürfen befreien und ihr Image in der Öffentlichkeit wieder reinwaschen. Das Ganze zieht sich nun schon seit einigen Jahren, aber vor Kurzem fand in dieser Sache eine wichtige Verhandlung vor Gericht statt, bei der David Cage und Guillaume de Fondaumière anwesend waren.

Quantic Dream war vor allem für storylastige Spiele wie Heavy Rain oder Detroit: Become Humanbekannt, bis die Berichte über das offenbar sehr toxische Arbeitsklima veröffentlicht wurden. Quantic Dream war vor allem für storylastige Spiele wie Heavy Rain oder Detroit: Become Humanbekannt, bis die Berichte über das offenbar sehr toxische Arbeitsklima veröffentlicht wurden.

Verhandlung klingt absurd & seltsam: "Ich bin nicht unter Eid, also darf ich lügen?"

Ein Bericht von der Gewerkschaft Solidaires Informatique wirft ein Licht auf die beiden offenbar sehr merkwürdig verlaufenen Verhandlungstage Ende Mai. In dem Bericht heißt es, die beiden Leiter von Quantic Dream hätten sich gegenseitig in "Arroganz und Amateur-haftem Verhalten" übertroffen. Sie seien zwar eigentlich angetreten, ihre Ehre und Anständigkeit zu verteidigen, im Verlauf der "grotesken Verhandlung" habe sich das Blatt aber wohl eher gegen sie gewandt.

Kurioses Verhalten: Vor allem David Cage sei dadurch aufgefallen, dass er gestammelt und offenbar auch geweint habe. Er soll vor Gericht herumgebrüllt haben, dass es hier um seine Ehre gehe und sein Geschäft beeinträchtigt werde. Letzten Endes sei er sogar aus dem Gerichtssaal gestürmt, während die Verteidigung ihr Plädoyer abgehalten hat.

David Cage sei es offensichtlich sehr schwer gefallen, über seine Ehre zu sprechen, weil vor Gericht auch diverse frauen- und homofeindliche Aussagen von ihm zitiert wurden. Unter anderem soll er gesagt haben, dass in seinen Spielen "alle Frauen H*ren" seien, es in der Öffentlichkeit einen "Mangel an T*tten" gebe und dass Quantic Dream "keine Spiele für Schw*chteln" mache.

"Darf ich lügen?" Guillaume de Fondaumière kann das aber wohl sogar noch toppen. Er soll vor Gericht eine Menge an "dubiosen Anschuldigungen" ohne Beweise hervor gebracht haben, nachdem er offenbar allen Ernstes vor Gericht Folgendes gefragt hat: "Ich bin nicht unter Eid, also darf ich lügen?" Was natürlich keinen besonders vertrauenerweckenden Eindruck hinterlässt.

Probleme mit internen Dokumenten: Zusätzlich zu all dem sind während der Verhandlung wohl auch noch einige interne Papiere näher angeschaut worden, die den beiden Studiobossen eigentlich helfen sollten.

Geplant war zum Beispiel, zu zeigen, dass es bei Quantic Dream keine Sozialversicherungs-Betrügereien gegeben habe. In den Dokumenten ging es darum, dass Quantic Dream sich bei einer Entlassung besonder korrekt verhalten haben sollte.

Letztlich kam dann aber wohl eher das Gegenteil heraus. Der Verteidigung zufolge sollten die Papiere auf Ungereimtheiten und eine Entlassung hinweisen, die so gar nicht rechtens war.

Ähnlich unangenehm war wohl auch die Untersuchung einiger anderer Entlassungs-Schreiben, die offenbar allesamt schlicht identisch kopierte Texte waren, bei denen sich lediglich der Name änderte. Als Grund wurde immer "Meinungsverschiedenheiten mit dem Management" angegeben - auch bei Guillaume de Fondaumière selbst - der demnach offenbar Meinungsverschiedenheiten mit sich selbst gehabt haben muss.

Wie geht 's jetzt weiter? Das alles klingt weitestgehend unglaublich und unfreiwillig komisch. Dementsprechend reagieren viele Menschen im Netz eher belustigt bis bestürzt auf die Berichte, wie unter anderem in den Kommentaren auf ResetEra nachzuvollziehen ist. Unklar bleibt, was dabei herauskommt.

Einen Urteilsspruch gibt es noch nicht. Das Ergebnis der Verhandlung soll aber am 8. Juli bekannt gegeben werden. Bis dahin bleibt es einigermaßen spannend zu sehen, ob Quantic Dream vor Gericht überzeugen konnten (was angesichts dieser Berichte eher unwahrscheinlich wirkt) und welches Urteil am Schluss gefällt wird.

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