Ori-Entwicklerstudio wird 'von zwei Monstern geleitet', klagen Mitarbeiter*innen

Viele ehemalige Angestellte werfen Ori-Macher Moon Studios Sexismus, Rassismus, Antisemitismus, Ableismus und eine alles in allem rundum toxische Unternehmenskultur vor.

Die Geschichten von hinter den Kulissen beim Entwicklerstudio Moon wollen so gar nicht zu den Ori-Spielen passen. Die Geschichten von hinter den Kulissen beim Entwicklerstudio Moon wollen so gar nicht zu den Ori-Spielen passen.

Ori and the Blind Forest sowie Ori and the Will of the Wisps wirken wunderschön, emotional berührend, geradezu sanftmütig. Im Kontrast dazu wirkt ein neuer Bericht über das Studio dahinter besonders schockierend. Unzählige ehemalige Entwickler*innen werfen dem Führungs-Duo der Moon Studios ungefähr alles vor, was bei der Leitung eines Entwicklerstudios falsch laufen kann. Die Arbeitsatmosphäre sei extrem toxisch und geprägt durch unangebrachte Scherze, mangelhaftes Feedback, schlechtes Management, daraus resultierender Crunchtime und leider wohl vor allem auch Homofeindlichkeit, Sexismus, Rassismus, Antisemitismus und Ableismus.

Neuer Bericht zeichnet erschreckendes Bild von Ori-Entwicklerstudio Moon

Darum geht's: Bei GamesBeat ist ein extrem ausführlicher Bericht erschienen, in dem es um die Arbeitsbedingungen bei Moon Studios geht, dem Entwicklerstudio hinter Ori and the Blind Forest sowie dem Sequel Ori and the Will of the Wisps. Offenbar herrschen dort intern furchtbare Zustände.

Am besten lest ihr den ganzen Artikel. Er ist sehr lang, ausführlich, erschütternd und schwer auszuhalten, aber trotzdem extrem lesens- und wissenswert.

Führungsstil: Extrem schlechtes Feedback, Crunch und Co

Laut unzähligen Aussagen diverser ehemaliger Moon Studios-Mitarbeiter*innen leidet die Arbeitsatmosphäre bei den Ori-Machern vor allem unter dem Führungsduo Thomas Mahler und Gennadiy Korol. Beide würden sich zum Beispiel ständig miteinander streiten und die Mitarbeiter des jeweils anderen mit hineinziehen.

Eines der größten Probleme sei allerdings das Feedback: Statt konstruktives, detailliertes Feedback zu geben, sei Arbeit oft schlicht als "scheiße" bezeichnet worden, ohne zu erklären, was genau das Problem sei. Garniert mit Beleidigungen, Kraftausdrücken und dergleichen mehr. Aber nicht privat und persönlich, sondern in der Regel in Gruppenchats vor versammelter Mannschaft.

"Er hat mir vor dem gesamten Team gesagt, meine Ideen würden ihn dazu bringen, dass er kotzen muss."

(Eine Mitarbeiter*in über Mahler)

Neuen Mitarbeiter*innen sei ebenfalls vor dem kompletten Team erklärt worden, wieso ihre (oft renommierten, ausgezeichneten) früheren Titel kompletter Müll seien. Angeblich mit dem Ziel, einen höheren Qualitätsanspruch zu erzielen. Gelobt wurde wohl quasi nie, aber fast immer öffentlich vor allen kritisiert, was ziemlich genau das Gegenteil eines guten Führungsstils darstellt.

Toxizität: Witze, Sexismus, Rassismus, Antisemitismus & mehr

Unter dem Deckmantel einer offenen Kommunikation und der Möglichkeit, alles zu sagen, wurden bei den Moon Studios offenbar vor allem extrem schlechte Witze gemacht. Die sollen jegliche Grenzen des guten Geschmacks überschritten haben, was in einem Arbeits-Chat schlicht fehl am Platz ist. Obendrein müssen sie wohl nur so vor Sexismus, Rassismus, Antisemitismus und Ableismus gestrotzt haben – noch dazu anscheinend komplett absichtlich.

Das sei vor allem bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Studio-Chefs passiert, aber nicht nur. Streitigkeiten zwischen den beiden seien voller Beleidigungen gewesen und hätten sich oft stundenlang hingezogen. Dabei wurde weder vor der Religion oder der Penislänge noch vor der Mutter des jeweils anderen Halt gemacht. Auch derartige Konversationen wurden offenbar vor aller Augen ausbuchstabiert.

Ehemalige Mitarbeiter*innen bezeichnen die beiden Studiobosse dementsprechend als "man children". Es fehle den beiden an Reife und Kommunikations-Fähigkeiten. Einige Ex-Mitarbeiter*innen vermuten, dass es sich dabei um eine Art Aufbäumen gegen eine nicht vorhandene Selbstzensur gehandelt haben könnte:

"Es war, als würden sie versuchen, absichtlich eine anti-woke Kultur zu erzwingen, indem sie regelmäßig unangebrachte Scherze machen. Es war beabsichtigt."

Moon Studios verheizt so offenbar jede Menge Leute

Weil die internen Zustände bei den Moon Studios wohl so schrecklich waren (oder immer noch sind), haben viele Entwickler*innen das Studio verlassen. Im Nachhinein betrachtet wundern sich viele vor allem, wie sie das Ganze so lange ausgehalten haben. Eine Person sagt, Moon zu verlassen, sei die beste Entscheidung ihres Lebens gewesen.

Nach Veröffentlichung des ersten Ori-Spiels seien noch nicht so viele Leute gegangen, aber spätestens nach dem zweiten hätten sehr viele Menschen den beiden Studiobossen den Rücken gekehrt. Oft auch, obwohl sie eigentlich noch Aussicht auf Boni gehabt hätten, die ihnen so entgangen sind. Aus Sicht der Studio-Chefs waren die Mitarbeiter*innen aber wohl stets ersetzbar.

Die Menschen zahlen den Preis mit ihrer mentalen Gesundheit

Einige Aussagen, die die ehemaligen Mitarbeiter*innen gegenüber GamesBeat getätigt haben:

"Ich war so gestresst. Ich bin schwer ausgebrannt. Ich habe über einen anderen Karrierepfad nachgedacht."

"Ich habe das Gefühl, ich bin eine gemeinere, schlechtere Person geworden, dadurch, dass ich in dieser Umgebung gearbeitet habe."

"Ich war jetzt schon bei mehreren Studios und Moon ist das einzige, das mir PTSD wegen der Games-Industrie gegeben hat. Ich denke, sie sind ganz besonders toxisch. Ich bin auf jeden Fall so schwerwiegend ausgebrannt, dass ich über einen anderen Karrierepfad nachdenke, weil das so furchtbar war."

"Ich habe endlich gesagt, 'ich kann das nicht mehr' und es war die beste Entscheidung, die ich seit Langem getroffen habe."

"Ich habe es alles geschafft, aber es hat mich persönlich viel gekostet. Und dieses Spiel hat mich dazu gebracht, darüber nachzudenken, die Spieleindustrie für immer zu verlassen."

"Wir wussten, dass das Spiel gut ist, aber da war keine Euphorie. Ich war einfach nur erleichtert, dass es vorbei war."

Ori-Entwickler Moon Studios ist leider kein Einzelfall

Damit reiht sich Moon Studios ein in die lange Liste der Entwicklerstudios und Publisher der Gaming-Industrie, die Probleme mit toxischer Unternehmenskultur, Sexismus, Rassismus und ähnlichem haben. Unter anderem sind zum Beispiel die folgenden Fälle bekannt:

Aber nicht nur bei den großen Unternehmen wie Activision Blizzard, Ubisoft oder Sony herrschen solche alarmierenden Zustände, sondern eben auch bei kleineren Studios wie Moon. Oder Indie-Superstars wie Mountains (Florence), Fullbright (Gone Home) und Funomena (Wattam). Um die internen Probleme dieser Studios dreht sich ein neues, sehr sehenswertes wie bedrückendes People Make Games-Video.

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