NGP = Noch eine Gaming-Plattform? - Special - Kolumne: Markus Schwerdtel über die neue PSP

Sony gibt sich nach dem PSP-Knockout nicht geschlagen und steigt noch einmal in den Handheld-Ring. Kann die neue NGP mit 3DS und den Apple-Geräten mithalten?

Ganz schön viel, was Sony auf der Pressekonferenz in Tokio zeigte: Neue Hardware, Spiele und Services sollen die Firma wieder zu einem wichtigen Player im Handheld-Markt machen, nachdem die PSP zuletzt neben Nintendos DS und den Apple-Geräten eher ein Schattendasein fristete. Und tatsächlich: Die technischen Daten der NGP sind beeindruckend, vom schnellen Quad-Core-Prozessor über das hochauflösende OLED-Touch-Display oder die Online-Fähigkeiten bis hin zu Innovationen wie dem zusätzlichen Touchpad auf der Geräte-Rückseite. Von »Mittlerweile-Pflicht-Bauteilen« wie zwei Kameras ganz zu schweigen. Spannend wird da übrigens, wie man das Ding hält, ohne eine Taste oder Screen zu drücken. Allerdings haben wir – und wohl auch Sony – bei der ersten PSP gelernt, dass coole Technik nicht alles ist – auf die Spiele kommt es an. Und da gab es auf der Pressekonferenz in Tokyo schon schöne Sachen zu sehen: Große Sony-Namen wie Uncharted, Killzone oder Little Big Planet werden natürlich auch ihren NGP-Auftritt haben. Sehr gut, schließlich ist das äh, übersichtliche Launch-Line-Up einer der großen Schwachpunkte des 3DS. Wobei es auch Sony erst mal schaffen muss, all diese Spiele zum angepeilten Start im Weihnachtsgeschäft hinzukriegen.

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Sony vs. Nintendo vs. Apple

Was das Touchpad auf der Rückseite bringt, können wir bisher nur erahnen. Was das Touchpad auf der Rückseite bringt, können wir bisher nur erahnen.

3DS ist ein gutes Stichwort: Ist NGP die geeignete Waffe, um Nintendos 3D-Angriff zurückzuschlagen? Wir meinen: Das wird schwierig. Mal ganz abgesehen vom zeitlichen Vorsprung, den Nintendo mit dem 3DS hat, fehlt uns ein echtes Alleinstellungsmerkmal. Social-Funktionen, Freundeslisten, GPS usw. sind heutzutage fast schon Standard, und schöne Displays haben moderne Telefone auch. Das zweite Touchpad auf der Gerätehinterseite ist zwar innovativ, krempelt aber wohl kaum den Handheld-Markt um. Wenn Sony mit der NGP punkten will, dann geht das nur über Inhalte, also die Spiele, die hoffentlich auch den schnellen Prozessor ordentlich nutzen. Zum Glück sieht es da – siehe weiter oben – vorerst rosig aus. Nun muss man es nur noch schaffen, große Publisher wie Electronic Arts ins Boot zu holen, damit der Nachschub nicht abreißt. Die werden sich aber sehr genau anschauen, ob sich NGP-Umsetzungen lohnen. Immerhin entdecken EA & Co neben dem 3DS immer mehr iPhone/iPad/iPod Touch für sich und haben sicher keine Lust, ihre Entwickler-Kapazitäten sinnlos auf noch mehr Plattformen zu zersplittern. Ein Argument für Sony: Mit dem Flashkarten-Speichersystem kann man zumindest für eine Zeit die Raubkopiererei unterbinden, die der ersten PSP so geschadet hat.

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PlayStation Suite für alle!

Sonys App-Look: das neue Interface LiveArea Sonys App-Look: das neue Interface LiveArea

Gerade im Licht von Apples App-Store-Rekorden ist die zweite Ankündigung von Sony auf der Tokioter Pressekonferenz eine kleine Sensation: Die PlayStation Suite für alle Android-Plattformen (Android =das Handy- und Tablet-Betriebssystem von Google) eröffnet der Firma Millionen von Endgeräten, und die Marktanteile von Android steigen momentan sogar rapide an. Klar, die Aussicht erst mal nur alte PSOne-Titel spielen zu können ist für Videospoiel-Veteranen nur mittelmäßig aufregend. Aber immerhin hat Sony damit den Fuß in der Tür und vor allem gegenüber den Entwicklern ein sehr gutes Argument, sie auf ihre Plattform zu locken – die gehen nämlich immer dahin, wo die meisten potenziellen Kunden spielen. Das durch das Internet geisternde PSP-Telefon Xperia Play (das vermutlich im Februar auf dem Mobile World Congress in Barcelona offiziell vorgestellt wird) passt da gut ins Bild. Das Android-Gerät mit seinen Steuerkreuzen wäre dann wohl das »ideale PlayStation Suite-Telefon«. Und dass alle Suite-Spiele auch auf der NGP laufen sollen, schadet sicher auch nicht.

Was aber bedeuten diese beiden doch sehr unterschiedlichen Ankündigungen aus Tokio für Sonys Strategie und damit für uns Spieler? Nun, offenbar versucht die Firma, zweigleisig zu fahren. Auf der einen Seite ist da die PlayStation Suite, die dank Android-Plattform auf eine breite Userschaft angelegt ist. Spiele dafür gibt’s nur per Download, neue Titel werden – allein schon aus Größengründen – eher keine »vollwertigen« Hardcore-Spiele sein (Ausnahmen gibt’s natürlich immer).

Auf der anderen Seite haben wir NGP. Diese sicher nicht ganz billige Hardware (noch gibt es keinen offiziellen Preis) zielt eher auf Spiele-Profis, die nicht davor zurückschrecken, für eine neue Plattform richtig Kohle hinzulegen. Dafür sprechen auch die angekündigten Spiele, außer Everbody’s Golf sind das ausschließlich Core-Titel. Ob diese im Vergleich zu den Heerscharen an Handy-Gelegenheitsspielern dann doch eher kleine Zielgruppe jedoch reicht, dem System zum Erfolg zu verhelfen, muss sich erst zeigen. Wir ziehen auf jeden Fall den Hut vor Sony für den Mut, in den momentan schwer umkämpften Handheld-Markt erneut einzusteigen. Ob sich diese Investition dann auch lohnt, sehen wir allerdings erst Ende 2011, wenn alle neuen Geräte gleichzeitig im Laden stehen.

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