Der Dämon hoch zu Ross
Um die langsame Wandlung zum Antagonisten zu verdeutlichen, trägt Snake nach der Zerstörung von Mother Base - wohl ausgelöst durch Doppelagentin Paz, der die vom mysteriösen Skull Face geführte Organisation »Cipher« eine Bombe implantiert - einen Kristallsplitter in der Stirn. Das Fragment, das durch eine Explosion zum Geschoss wurde und nicht entfernt werden kann, ohne Snakes Leben zu riskieren, thront wie ein dämonisches Horn über dem Gesicht des tragischen Helden. Passend, dass er sich selbst ebenfalls als Dämonen sieht, der schlimme Dinge tun muss, um sein hehres Ziel einer besseren Welt zu erreichen.
Nicht ohne Grund wird im Trailer die Titelinformation zum Song »Sins of the father« (Die Sünden des Vaters) in dem Moment eingeblendet, als Snake den Jungen Chico scheinbar erwürgt. Unter dem Banner der »Diamond Dogs« arbeitet Snake mit Revolver Ocelot, dem späteren Hauptgegner von Solid Snake und Kazuhira Miller zusammen, den er wahrscheinlich zu Beginn des Hauptspiels in Afghanistan befreien muss.
Wie das funktioniert, zeigt der Trailer: Anders als die Vorgängerspiele steckt euch Metal Gear Solid 5: The Phantom Pain in eine offen Welt, in der ihr ganz nach eurem Gusto vorgehen dürft. Es liegt an euch, wie ihr zum Beispiel eine Festung infiltriert oder an Wachposten vorbeikommt. Um die Distanzen zu überwinden, klaut der Antiheld zum Beispiel Jeeps oder schwingt sich unbemerkt auf die Ladefläche von Militärtrucks. Besonders cool: Snake darf auch hoch zu Ross durch die staubige Wüste von Afghanistan reiten und sich sogar wie ein Cowboy bei einem Indianerüberfall an die Flanke seines Pferdes hängen - allerdings nicht, um Pfeilen auszuweichen, sondern um ungesehen an gegnerischen Patrouillen vorbeizukommen.
Natürlich auf einem weißen Pferd, denn das ist seit Metal Gear Solid 3 ein immer wiederkehrendes Symbol für Snakes Schmerz darüber, dass er seine Mentorin »The Boss« töten musste, deren Markenzeichen ebenfalls ein weißes Pferd war. Cool übrigens: In Metal Gear Solid 5 bewegen die Polygonpferde wie echte Zossen ständig ihre Ohren, um die Umgebung auf verdächtige Geräusche zu »scannen«. So viel Liebe zum Detail steckte nicht einmal in Red Dead Redemption, das seinerzeit für die Darstellung der Pferde ausgiebig gelobt wurde.
Rollenwechsel
Kojima will mit Metal Gear Solid 5 das Erlebnis vermitteln, eine spannende Fernsehserie zu verfolgen. So teilt er das Spiel in viele einzelne Missionen auf, die wie episodische Miniabenteuer wirken sollen - also teilweise für sich stehen oder aufeinander aufbauen und zusammenhängende Handlungsstränge erzählen.
In einer dieser Missionen schleicht ihr euch an einen gegnerischen Stützpunkt heran und befreit Kaz Miller aus dem Kerker, wo die Gruppierung »Cipher« ihm übel mitgespielt hat: Einen Arm und seinen linken Unterschenkel verlor Miller während seiner mehrjährigen Gefangenschaft, die wohl mit der Zerstörung von Mother Base begann.
Logisch, dass er auf Rache geradezu brennt. Wir gehen davon aus, dass er Snake auf seine Seite ziehen und ihn als Werkzeug für seine Vendetta benutzen wird. Anders lassen sich die Szenen wohl kaum erklären, in denen Snake und Miller kaltschnäuzig die Folterung mehrerer Personen überwachen - und das, obwohl der spätere Big Boss solche Methoden eigentlich ablehnt.
Könnte das eventuell mit seinem neuen Sprecher zu tun haben? Statt Stammsprecher David Hayter hat Konami diesmal den Schauspieler Kiefer Sutherland engagiert, der vor allem für seine Rolle als Jack Bauer, den folterfreudigen Spezialagenten aus der Serie 24, bekannt ist.
Nein, dieser Zusammenhang ist natürlich Quatsch! Kojima begründet die Umbesetzung damit, dass er im neuen Metal Gear Solid gerne Emotionen in den Gesichtern seiner Figuren darstellen möchte. Und was liegt da näher, als einen echten Schauspieler zu engagieren, um ihn per Performance Capturing die Rolle nicht nur sprechen, sondern auch leben zu lassen? David Hayter mag zwar für viele untrennbar mit der Figur des Snake verbunden sein, doch ein begnadeter Schauspieler ist er nicht gerade. Wer sich davon überzeugen möchte, sollte sich beispielsweise den Film Guyver 2: Dark Hero (1994) ansehen, in dem Hayter die Titelrolle verkörpert.
Versteckspiel in der Wüste
So sehr man über die Neubesetzung des Snake streiten kann, so sehr scheint sich die Spielmechanik zu verbessern: Waren die Animationen und Körperhaltungen der Figuren in den vorigen Teilen stellenweise noch merkwürdig steif und unnatürlich, schleicht Snake in Metal Gear Solid 5 absolut flüssig durch die Wüste, springt über Dächer oder ergreift in einer fließenden Bewegung das Gewehr eines Gegners, um ihm in der nächsten Sekunde einen Schwung Kugeln in die Brust zu jagen.
Kojima ist stolz darauf, den CQC (»Close Quarters Combat«, zu deutsch Nahkampf) deutlich verbessert und dynamischer in das Spielgeschehen eingebaut zu haben. Dazu gehört übrigens auch der Messerkampf, der wohl in Metal Gear Solid 5 seine Rückkehr feiern wird - Snake trägt schließlich nicht umsonst ein riesiges Militärmesser in seinem Gürtel. Ob es wieder möglich sein wird, Gegner zu überrumpeln und dann im Würgegriff zu verhören, wie in Metal Gear Solid 3, ist noch nicht bekannt, wir gehen aber davon aus. Denn irgendwie muss Snake schließlich an nützliche Informationen über seine Zielgebiete kommen.
Das Spielsystem war schon immer eine der größten Stärken der Metal Gear-Reihe: Auch wenn die Story mit zunehmenden Serienteilen immer komplexer (oder wirrer) wurde, blieb man als Spieler auch dann am Ball, wenn man nur noch Bahnhof verstand - weil einfach einen Riesenspaß macht, sich durch die Abschnitte zu schleichen und mit den Gegnern Verstecken zu spielen. Metal Gear Solid 5 wird da keine Ausnahme sein und die alte Stärke zusätzlich um eine neue erweitern: die offene Spielwelt.
Wenn ein detailversessener Game Designer wie Hideo Kojima sich an eine solche Spielmechanik wagt, können wir bedenkenlos davon ausgehen, dass es sehr viel zu entdecken geben wird. Alleine um die Welt zu erforschen und verschiedene Vorgehensweisen auszutesten, werden wir viele Stunden mit Snake durch die verschiedenen Missionen schleichen, kriechen, meucheln und bestimmt so manches mal über die Story nachgrübeln. Wir können es kaum erwarten!
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