Marvel’s Guardians of the Galaxy von Entwickler Eidos Montreal verschafft den vielleicht größten Arschloch-Helden der Galaxie ihr eigenes Action-Adventure im Stile der Uncharted-Reihe. Fans der Comics und des MCU werden sich hier direkt zu Hause fühlen, denn beim Spielen kommt Guardians-Feeling auf, und das sowohl bei den Charakteren als auch beim Gameplay. Letzteres hat allerdings ein paar Schwächen.
Mit Arschlöchern die Galaxie retten
Wenig überraschend begleiten wir im Spiel die Guardians, oder auch Wächter der Galaxie, wie sie im Deutschen genannt werden. Die bunte Truppe aus (Klein-)Kriminellen mit dem Herz am rechten Fleck wird Fans sofort vertraut sein: Star-Lord, Drax, Gamora, Rocket und Groot sind allesamt dabei.
Obwohl wir in der etwa 18-stündigen Kampagne ausschließlich in die Haut von Starlord schlüpfen, sind die übrigen Guardians mehr als bloß hübsches Beiwerk. Die meiste Zeit begleiten uns einige oder auch alle der Guardians und liefern uns nicht nur die nötige Unterstützung im Kampf, sondern auch ordentlich Unterhaltung.
Denn bei den Guardians ist niemand auf den Mund gefallen und so necken und stänkern sich die Gruppenmitglieder fast ununterbrochen an. Während das meist freundschaftlich passiert, kommt es hier und da auch zu echten Konflikten, die schon mal dafür sorgen, dass sich die Gruppe zwischenzeitlich aufspaltet.
Kein Wunder aber, dass die Stimmung etwas angespannt ist, denn die Guardians haben zu Beginn des Spiels ein riesiges Problem: Sie sind pleite. Als ihr Plan, ein Biest für die wohlhabende Bestiensammlerin Lady Hellbender zu fangen, scheitert, werden sie zu allem Überfluss auch noch vom Nova Corps, einer Art Weltraumpolizei, festgenommen und sollen eine Strafe zahlen - für die sie, klar, kein Geld haben. Bei dem Versuch, die Angelegenheit zu klären, werden die Guardians eher zufällig in einen größeren Plot verstrickt. Und der hebt ihre Probleme schnell von der monetären auf die “galaktische Bedrohungs”-Ebene.
Mehr wollen wir an dieser Stelle nicht verraten, denn auch wenn die Geschichte eine Weile braucht, um in Fahrt zu kommen, gehört sie neben den Charakteren zum Hauptfokus des Spiels. Hier wird auch tatsächlich nicht einfach die Story eines der Filme aufgewärmt, sondern eine eigenständige Geschichte erzählt. Mit großen Überraschungen braucht ihr zwar nicht zu rechnen, aber die Story unterhält über die Spielzeit gut und schickt uns an allerhand abwechslungsreiche Orte.
Auch im Testvideo könnt ihr euch einen Überblick zum Spiel verschaffen:
Das Storyerlebnis verläuft dabei größtenteils linear, hier und da haben wir aber auch einige Entscheidungsmöglichkeiten. Die ändern zwar am Ausgang der Handlung nichts, beeinflussen aber, wie sie abläuft. Konnten wir etwa auf dem Nova Corps-Schiff durch unsere Entscheidungen das Vertrauen eines Charakters gewinnen und einen Generalschlüssel ergattern, können wir bei einem späteren Besuch problemlos verschlossene Türen öffnen. Haben wir das nicht geschafft, bleibt uns der Weg nicht versperrt, aber wir müssen stattdessen etwa Rocket durch Lüftungsschächte schicken und uns anhören, wie er sich die ganze Zeit dabei beschwert.
Diese Stellen sind unterhaltsam, sorgen aber oft auch für Leerlauf. Auch während der längeren Storysequenzen haben wir gerne mal nichts zu tun und können den Controller zur Seite legen, bis wir wieder aufgefordert werden, eine Entscheidung zu treffen. Das kann umso nerviger sein, da Rücksetzpunkte auch gerne mal vor Zwischensequenzen gesetzt sind, die wir nicht mal überspringen können.
Zumindest ist die deutsche (ebenso wie die englische) Vertonung sehr gelungen, auch wenn die Lippenbewegungen häufig nicht synchron sind.
Chaos ist beim Kämpfen vorprogrammiert
Abseits der Storysequenzen gibt es zum Glück ein bisschen mehr zu tun. Dabei besteht das Gameplay aus einem simplen Mix aus Erkunden, Kämpfen und kleinen Rätseln, die kaum nennenswert sind. Komplizierter als einen Türmechanismus einzufrieren, damit wir durchlaufen können, wird es nicht.
Dafür macht das Erkunden aber umso mehr Spaß. Es lohnt sich, abseits des Hauptpfades nach versteckten Abzweigungen zu suchen, die uns teilweise auf ziemlich große Umwege schicken können. Als Belohnung finden wir dann aber Outfits für die Guardians und Komponenten, mit denen wir an strategisch verteilten Werkbänken oder auf unserem Schiff unsere Fähigkeiten verbessern können. Die erlauben es uns etwa, mit Star-Lords Waffen zu schießen, ohne nachladen zu müssen, oder unsere Gesundheit zu erhöhen.
Manchmal wird unser Erkunden auch einfach mit erstaunlich persönlichen Gesprächen mit einem der Guardians belohnt, wie etwa wenn wir mit Drax über das Leben nach dem Tod sinnieren. Solche Gespräche sind dabei trotzdem die Ausnahme, denn meistens quasseln die anderen Guardians einfach ununterbrochen miteinander. Das kann ziemlich unterhaltsam sein und bringt uns auch gerne mal zum Schmunzeln, lässt uns aber auch keine ruhige Minute.
Apropos Ruhe: Von der finden wir auch im actiongeladenen und etwas chaotischen Kampfsystem von Guardians keine. Als Star-Lord sind wir mit zwei Pistolen ausgestattet, die uns per Lock-On einen Gegner anvisieren lassen, um dann automatisch zu treffen. In der Theorie hilft uns das zwar, etwas Überblick beim Kampfgeschehen zu haben, sorgt aber hier und da auch dafür, dass wir in der Hektik mal den falschen Gegner anvisieren. Und das Wechseln des Ziels ist gar nicht mal so einfach, besonders wenn die Kamera spontan in einen ungünstigen Winkel springt, bei dem wir nichts vom Kampfgeschehen mitbekommen.
Im Verlauf des Spiels bekommt Star-Lord zudem noch Elementarschüsse wie Eis oder Elektrizität, die seine eher mangelhafte Feuerkraft etwas aufmotzen und ihn die Schwächen von Gegnern ausnutzen lassen.
Den meisten Schaden richten wir aber trotzdem mit den anderen Guardians an. Die bleiben zwar auch während des Kampfes KI-gesteuert, aber wir können sie anweisen, Spezialattacken gegen Feinde einzusetzen. So kann Gamora jede Menge Schaden gegen einen einzelnen Feind ausrichten, Groot kann Gegner festhalten und Rocket kann ganze Gruppen von ihnen in die Luft jagen. Mittels im Kampf verdienter Fertigkeitspunkte können wir den Guardians zudem weitere Fähigkeiten beibringen.
Wenn wir uns gut schlagen, füllen wir außerdem beim Kämpfen eine Leiste - ist die voll, können wir eine “Huddle” genannte Teambesprechung auslösen, die das Kampfgeschehen unterbricht. Hier müssen wir auf die Stimmung der anderen Guardians hören und dann die passende Motivationsrede halten. Haben wir richtig gewählt, bekommt das gesamte Team einen Schadensboost, lagen wir falsch, kriegen nur wir ihn.
In jedem Fall werden bewusstlose Teammitglieder wiederbelebt und Star-Lord dreht die Musik auf, sodass wir zu klassischen 70er und 80er Rocksongs wie “White Wedding” oder “Don’t Fear the Reaper” ordentlich losballern können. Das macht jedes Mal ziemlich Laune und gibt uns Guardians-Feeling wie im Film. Schön ist übrigens, dass es für Streamer*innen die Option gibt, lizensierte Musik auszuschalten.
Da der Huddle uns aber komplett aus dem Kampfgeschehen reißt, haben wir ihn beim Spielen eher als Notfalllösung genutzt, wenn es doch mal brenzlig wurde.
Technische Performance: Marvel’s Guardians of the Galaxy lief im Test auf PS5 und Xbox Series X flüssig und ohne Abstürze. Hier und da gab es Bugs, die uns auch mal in den Bildschirmtod geschickt haben, als wir etwa durch den Boden ins Nichts geglitcht sind. Das ist aber so vereinzelt passiert, dass es den Spielspaß nicht trübte.
Ein Spiel für Fans
Marvel’s Guardians of the Galaxy hat zwar einige Gameplay-Schwächen und ist in den langen Zwischensequenzen manchmal mehr Film als Spiel, bietet dafür aber auch eine spaßige Singleplayer-Story, die sich besonders an Fans richtet. Guardians fühlt sich nicht wie ein Spiel an, auf das einfach halbherzig der Name einer großen Marke geklatscht wurde, sondern durch und durch wie ein Titel für Guardians-Fans. Die Charaktere sind liebevoll umgesetzt und der Humor und die Musik werden ihr übriges tun, um Fans der Comics und Filme gleichermaßen glücklich zu machen.
Das Spiel fokussiert sich damit auf das, was sich viele Fans schon von Marvel's Avengers gewünscht haben: Eine gelungene Singleplayer-Kampagne, die uns in die Rollen von Marvel-Held*innen schlüpfen lässt und dabei seine Charaktere in den Vordergrund rückt, ohne unnötige Multiplayer-Elemente anzuhängen.
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