Interview mit Ashley Johnson - Von Ping-Pong-Bällen und Riesenbrüsten

Wir haben Ashley Johnson alias Ellie aus The Last of Us interviewt und erfahren, warum ihr die Hauptfigur des Thrillers so viel bedeutet.

Ashley Johnson beim Interview-Termin in München - und ihre Figur Ellie aus The Last of Us Ashley Johnson beim Interview-Termin in München - und ihre Figur Ellie aus The Last of Us

Beim Entwicklertag zu The Last of Us Remastered hatten wir die Möglichkeit, mit Ashley Johnson zu sprechen, der englischen Synchronstimme von TLOU-Hauptdarstellerin Ellie. Die 30-jährige US-Amerikanerin hat vor The Last of Us zwar in Filmen wie Marvel’s Avengers oder The Help mitgespielt, an einem Videospiel aber zuvor noch nie mitgearbeitet. Während wir noch verwirrt sind, weil Ellies Stimme gleichzeitig aus den Demoversionen und von der Person vor uns kommt, spricht sie mit uns über drei Jahre Naughty Dog, Superfrauen mit Riesenbrüsten und ihre Leidenschaft für Videospiele.

Ann-Kathrin Kuhls (GamePro): Bevor du Ellie gespielt hast, hast du bereits eine Menge andere Charaktere gespielt und synchronisiert. Aber für Ellie musstest du ja in einen Motion Capture Suit schlüpfen, quasi einen Taucheranzug mit angeklebten Ping-Pong-Bällen. Wie war das?

Ashley Johnson: Ich musste mich definitiv erstmal daran gewöhnen. Als wir die Motion Capture gemacht haben, wurde die Stimme gleichzeitig aufgenommen, allerdings nur für die Cutscenes. Die Synchronisationen im Spiel wurden ganz normal in einer Sprecherkabine aufgenommen. Ich hab vorher noch nie mit Motion Capture gearbeitet, und das Spielen ist einfach ganz anders. Zum einen ist es nicht das bequemste Kleidungsstück der Welt. Man kommt sich vor wie die Wurst in der Pelle.

Zum anderen musst du dir viel vorstellen, was bei einem Filmdreh schon da ist. Am Filmset hat man die Umgebung, Kostüme und Effekte, die es einem einfach viel leichter machen, sich in die Situation hineinzuversetzen. Beim Motion Capture musste man sich alles dazu denken. Das war auf der einen Seite sehr herausfordernd, aber auch sehr lustig.

GamePro: Und wie funktioniert das genau?

Ashley Johnson: Man steht in einem großen, quadratischen, leeren Raum, mit über 180 Kameras um dich herum. Die fangen die Informationen der Ping-Pong-Bälle auf deinem Anzug auf. Da ist kein Green Screen. Insgesamt ist es eher wie Theater. Du stehst halt in der Mitte des Raumes und fuchtelst in der Leere herum oder sprichst mit deinem Drehpartner. Zu Beginn ist es unbequem, aber cool. Man gewöhnt sich schnell dran.

GamePro: Abgesehen von ihrer Vergangenheit: Wie unterscheidet sich Ellie von anderen Mädchen in ihrem Alter? Wie hast du dich auf die Rolle vorbereitet?

Ashley Johnson: Ellie ist ja nicht das typische 14-jährige Mädchen. Sie wächst in dieser Post-pandemischen Welt auf, in der junge Mädchen eben nicht mit ihren Freundinnen ins Einkaufszentrum oder ins Kino gehen. Und so habe ich mich dann auch an die Rolle herangearbeitet. Ich hab mir nicht dauernd in Erinnerung rufen müssen, dass ich vierzehn bin, denn die meiste Zeit reagiert sie viel erwachsener. Abgesehen von der Geschichte mit dem Ende der Welt ist Ellie mir allerdings sehr ähnlich. Sie ist ein eher burschikoser Typ, genau wie ich, sie schlägt sich und hat eine große Klappe.

Ellie... Abgesehen von Alter und post-pandemischer Grundsituation...

...und Ashley ... hat Ellie viel mit ihr gemeinsam, sagt Ashley.

GamePro: Zu welchem Zeitpunkt in der Entwicklung hast du mit Naughty Dog gearbeitet? Und wie lang?

Ashley Johnson: Insgesamt habe ich für über drei Jahre mit Naughty Dog an The Last of Us gearbeitet. Das kann sehr lang sein, je nachdem ob man seine Kollegen mag oder nicht. Aber da hatte ich echt Glück. Es war sehr familiär. Ich liebe Naughty Dog.

GamePro: Wie viel Spielraum hattest du bei deiner Rolle? Konntest du viel improvisieren oder war alles sehr strikt festgelegt?

The Last of Us fesselt dank spannender Geschichte und starken Charakteren. The Last of Us fesselt dank spannender Geschichte und starken Charakteren.

Ashley Johnson: Also Neil Druckmann, der Autor und Creative Director, hat an sich schon ein wunderbares Drehbuch geschrieben. Da wir die Charaktere schon so lange gespielt haben und sie quasi in und auswendig kannten, hat er uns aber auch sehr viel Vertrauen entgegengebracht. Deswegen war das Ganze so eine Art Mischform.

Zwischendurch gab es Szenen, wo er uns einfach hat machen lassen, und das war dann entweder gut oder halt nicht. Das hat sich dann aber auch meistens schon in den Proben gezeigt. Insgesamt hatten wir viele Freiheiten. Meistens waren die Szenen an sich aber auch schon genau so, wie wir uns unsere Charaktere vorgestellt hatten, und wir gar nichts ändern wollten.

GamePro: The Last of Us steht mit seiner doch sehr erwachsen erzählten Geschichte sehr einsam da. Warum sind Spiele wie The Last of Us so ungewöhnlich? Ihr rettet nicht die Welt, ihr habt eine sehr starke weibliche Rolle, die nicht wie sonst …

Ashley Johnson:… riesige Brüste hat und jede Art des Kampfes meisterlich beherrscht? Ich hab ehrlich gesagt keine Ahnung, warum nicht mehr Spiele so sind. Wenn man sich die Reaktion auf The Last of Us ansieht, merkt man ja, dass solche Spiele eigentlich eine große Nachfrage haben. Im Allgemeinen würde ich sagen, dass sich die Art, Spiele zu entwickeln, ändert.

Es hat eigentlich schon ein bisschen eher angefangen. Das Publikum ändert sich. Nicht, dass zwölfjährige Jungs keinen Geschmack hätten, aber mittlerweile gibt es ein breiteres Publikum für Spiele, und damit wächst auch die Nachfrage nach gut erzählten, starken Geschichten. Zumindest hoffe ich das.

Ich liebe Videospiele, und ich möchte, dass sie ernster genommen werden. Nicht nur als gefährlich oder schädlich, sondern als Bereicherung. Als eine Art besseren Kinofilm. Bei Filmen hat man vielleicht zwei Stunden Unterhaltung. Bei Videospielen 15 bis 20, und man ist selbst mitten in dem Spiel. Deswegen ist es so wichtig, dass Charakteren und Story mehr Beachtung geschenkt wird.

Das tolle an The Last of Us ist, dass alle Charaktere echt wirken. Menschlich. Es gibt niemanden, der außergewöhnlich gut kämpft oder super klug ist. Es sind ganz normale Menschen, die irgendwie versuchen durchzukommen. Ellie zum Beispiel verwandelt sich nicht auf einmal in die totale Draufgängerin und kann auf einmal Kung Fu oder sowas.

Die Charaktere im Spiel sind keine Superhelden, sondern ganz normale Menschen - und genau das macht sie aus. Die Charaktere im Spiel sind keine Superhelden, sondern ganz normale Menschen - und genau das macht sie aus.

GamePro: Offensichtlich magst du Videospiele sehr. Hast du ein Lieblingsgenre?

Ashley Johnson: Das ist schwer zu sagen. Vielleicht Rätsel- und Strategiespiele? Portal zum Beispiel fand ich toll. Die Dialoge dazu sind so clever und lustig geschrieben, und ich stehe einfach auf Rätsel. Entweder das oder Action-Adventures. Die Uncharted-Reihe habe ich geliebt. Eigentlich geht es mir nicht so sehr um das Genre, sondern um das Spiel an sich. Ich mochte das erste BioShock, diese Welt hat mich einfach völlig beeindruckt. Ich bin durch Rapture gelaufen und dachte die ganze Zeit: »Was zur Hölle spiele ich hier gerade? «.

Shadow of the Colossus war auch super damals, und Skyrim. Da habe Ich Tage drin versenkt. Und letztens habe ich Journey angefangen. Was für ein wunderschönes Spiel! Und so mitreißend. Du weißt nicht, mit wem du spielst, aber du willst ihnen nahe sein, und dann verschwinden sie plötzlich, und man steht allein da. So viel Emotionen, und so ein tolles Setting. Das ist für mich ein Kunstwerk. Eigentlich könnte man sagen, dass Lieblingsgenre sind gute Geschichten sind.

GamePro: Als du The Last of Us gespielt hast, wie war das für dich, beim Spielen deine eigene Stimme zu hören?

Ashley Johnson: Wirklich, wirklich seltsam. Ich hab vorher noch nie ein Videospiel synchronisiert. Irgendwie ist es surreal. Das sind meine Bewegungen und meine Stimme, aber in einem ganz anderen Körper. Und sehr oft war ich auch einfach furchtbar angenervt von mir selbst. Immer dieses Herumgesumme! Ich war kurz davor mein virtuelles Ich anzuschreien, es solle doch endlich die Klappe halten.

Nach ein paar Stunden hatte ich mich aber dran gewöhnt und fast vergessen, dass ich das war. Dann gelangt man automatischen in seinen Spielfluss. Das Spiel ist ja auch unheimlich immersiv. Auch wenn ich kein Teil dieses Spiels wäre, würde ich es trotzdem lieben.

GamePro: Wie waren die Reaktionen der Fans? Was ist dir in Erinnerung geblieben?

Ashley Johnson: Am stärksten wahrscheinlich die Reaktion der weiblichen Spielerinnen. Was Ellie ihnen bedeutet, wie wichtig sie für sie war. Wie großartig sie es finden, eben ein ganz normales Mädchen und keine übermächtige, perfekt aussehende Traumfrau. Das ist so beeindruckend und cool eigentlich alles auf einmal. Das war ja auch nicht nur ich. Die Designer, die Techniker, alle, die Ellie zu dem gemacht haben, was sie ist.

Die Reaktion auf das Spiel insgesamt war umwerfend, aber die Reaktionen auf Ellie waren etwas ganz besonderes für mich. In ihr steckt einfach so viel von mir. Ich bin stolz Teil von etwas zu sein, was Spielerinnen so viel bedeutet. Ich habe auch darüber nachgedacht wie es wohl wäre, wenn Ellie stattdessen ein vierzehnjähriger Junge gewesen wäre. Ich hätte es immer noch toll gefunden, einfach weil die Menschen so toll und echt sind. Ich kann mich wirklich glücklich schätzen.

GamePro: Wir danken dir für das Gespräch

Trotz ihrem mittlerweile dritten Interview ist Ashley Johnson zum Ende unseres Gesprächs hin immer noch super gelaunt und nimmt jede unserer Fragen ernst. Die Frage über Frauen in Videospielen hat sie in einen fast zweiminütigen Monolog gestürzt, für den sie sich hinterher entschuldigt. Unnötigerweise, wie wir finden. Man merkt der US-Amerikanerin die Leidenschaft an, die sie in ihre Projekte steckt, und den Spaß, den sie an Videospielen hat. Am liebsten hätten wir die sympathische Blondine in unsere Tasche gesteckt und mitgenommen.

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