Seite 2: Hugo Cabret - Märchenstunde statt Mafia-Morde

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Eine Symbiose vom Feinsten

Scorsese selber sieht den Film nicht nur als eine »Verbindung zu Kindern«, sondern auch als ein historisches Werk, das den Anfängen des Kinos und vor allem Georges Méliès Tribut zollt. Georges Méliès, der vielleicht nicht jedem sofort ein Begriff ist, war ein Stummfilmpionier, der Anfang des 19. Jahrhunderts mehr als 500 Filme schuf. In Scorseses Werk werden die offenkundige Hommage an die Legende des frühen Kinos und die Abenteuer von Hugo und Isabel so gekonnt mit Originalsequenzen aus Méliès Filmen und mit der neusten 3D Technik vereint, dass eine Symbiose entsteht, der man gerne zuschaut.

Deutscher Kino-Trailer zu Hugo Cabret Video starten 1:53 Deutscher Kino-Trailer zu Hugo Cabret

Während man sich einen hochmodernen Film ansieht, wird man mitgenommen auf eine Reise, die einen den Ursprüngen des Lichtspiels fast nachtrauern lässt. Die Original-Sequenzen erinnern an eine Zeit, in der das Kino noch neu und faszinierend und die Filmemacher wahre Zauberer waren. Einige der beeindruckendsten Szenen sind in schwarz-weiß und wecken nicht nur Nostalgie, sondern bringen auch die Passion der damals involvierten Künstler gekonnt herüber.

Jude Law ist nur kurz als Hugos Vater zu sehen, von dem der Junge das Basteln erlernt hat. Jude Law ist nur kurz als Hugos Vater zu sehen, von dem der Junge das Basteln erlernt hat.

Wie Scorsese bei den diesjährigen Golden Globes erklärte, wurde er von seiner 12-jährigen Tochter Francesca, die das Buch The Invention of Hugo Cabret von Brian Selznick liebte zu dem Film inspiriert. Außerdem hätte seine Frau Helen gefunden, dass es an der Zeit wäre, dass er einmal einen Film drehe, den die gemeinsame Tochter auch sehen könnte. Ähnlich wird es auch den Jungstars Asa Butterfield und Chloe Grace Moretz ergangen sein, die beide in Interviews die Scorsese Filme aufzählten, die ihre Eltern sie nicht gucken ließen.

Abseits von Gewalt, Verbrechen und Waffengebrauch hat der erfahrenen Regisseur nun endlich einmal einen ganz zahmen Film geschaffen, dem es an Spannung dennoch nicht mangelt. Im Gegenteil: die tragisch-schöne Geschichte des Waisen Hugo berührt emotional und man begleitet ihn gerne auf seinen Abenteuern. Auch wenn das Ende des Films vielleicht nicht wirklich überraschend kommt, ist der Weg dahin dennoch nicht frei von aufregenden Wendungen und mitreißenden Momenten.

Die Kleinen sind die ganz Großen

Obwohl Scorseses Können bei »Hugo« omnipräsent ist, darf man die Leistung der Schauspieler nicht außer Acht lassen. Ben Kingsley überzeugt als verbitterter alter Mann mit Herz und liefert eine berührende Darstellung eines Mannes, dessen beste Zeiten hinter ihm liegen. Chloe Grace Moretz, die der Zuschauer auf Filmen wie Kick Ass, 500 Days of Summer und Let Me In kennt, brilliert als Isabelle. Moretz, die sich für den Film einen englischen Akzent aneignen musste, hat nicht nur dies sehr gut gemeistert, sondern auch ihre Inszenierung des abenteuerlustigen und leicht altklugen Mädchens geht ans Herz.

Sacha Baron Cohen wurde mit seiner Rolle als Möchtegern-Hip-Hop-Ganster Ali G bekannt. Sacha Baron Cohen wurde mit seiner Rolle als Möchtegern-Hip-Hop-Ganster Ali G bekannt.

Wirklich überzeugend ist auch Sasha Baron Cohen, der in seiner Darbietung des misstrauischen Banhofsaufsehers so eine ganz andere Art von Humor als in »Borat« liefert. Viele Lacher des Films gehen auf die Kappe des ungeschickten Bösewichts, der eigentlich gar nicht so fies ist und sich mit Hilfe von fast slapstickartigem Humor seinen weg durch den Film bahnt. Das rege Bahnhofstreiben ist außerdem gekonnt mit Nebendarstellern ausstaffiert, die dem Film ein familiäres Ambiente verleihen. Emily Mortimer ist als schüchterne Blumenhändlerin Lisette genauso nett anzusehen wie Frances de la Tour und Richard Griffiths als alterndes Paar, das mit Hilfe seiner Dackel anzubändeln versucht.

Christopher Lee und Jude Law sind zwar nur in kleinen Rollen zu sehen, machen ihre Sache aber dennoch gut. Das Herzstück des Films ist und bleibt aber Asa Butterfield (Der Junge im gestreiften Pyjama). Mit großen Augen und einer Darbietung die emotional kaum zu übertreffen ist, meistert er es fast im Alleingang, durch große Teile des Films zu führen, ohne jemals zu enttäuschen. Hugos Schicksal bewegt und durch Butterfields Performance wurde hier ein Junge ins Leben gerufen, den man so schnell nicht wieder vergisst. Der damals 13-jährige spielt so überzeugend, dass man ihm gut und gerne eine große Karriere prophezeien muss. Ihm zu sehen ist ein Genuss.

Fazit

Anne Facompre: »Hugo« ist die Art von Film, die Raum für persönliche Seherlebnisse lässt. Wer einen Familienfilm möchte, wird genauso wenig enttäuscht wie Technik-Fans und Freunde der frühen Kino-Geschichte. Scorsese schafft eine Atmosphäre, die so lebhaft und schön ist, wie man sie nicht alle Tage geboten bekommt. Kurzum: die gekonnte Symbiose aus Familienabenteuer, Geschichtsfilm, 3D-Spektakel und einer Liebeserklärung an das Kino überzeugt nicht nur emotional, sondern auch story-technisch und visuell. Nur wer hier einen »klassischen« Scorsese-Film erwartet, wird wohl enttäuscht.

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