Als Fan des Harry Potter-Universums hatte ich wenig überraschend viel Spaß mit Hogwarts Legacy. Mit meinem selbst erstellten Zauberschüler durch die Hallen Hogwarts zu schlendern, neue Zaubersprüche zu lernen und damit allerlei Trollen, Wilderern oder Spinnen einzuheizen, hat einen langjährigen Traum digital wahr werden lassen.
Anderen erging es ebenso, was auch die mittlerweile über 22 Millionen verkauften Einheiten erklärt, die Hogwarts Legacy zum meistverkauften Spiel 2023 machen. Da wundert es kaum, dass Avalanche Software und Warner Bros. aller Voraussicht nach mit einer Fortsetzung an diesen riesigen Erfolg anknüpfen wollen.
Die Qualität von Hogwarts Legacy 2 könnte allerdings durch ein Live Service-Konzept stark leiden. Das befürchten zumindest viele Fans, nachdem Warner Bros. verlauten ließ, dass sie in Zukunft noch stärker auf Games as a Service, Free2Play und Mobile setzen wollen, statt uns fertige Singleplayer-Spiele vorzusetzen:
Während Spieler*innen aus Sorge um den Live Service-Ansatz sogar eine Petition gestartet haben, habe ich einmal überlegt, wie so ein Spiel überhaupt aussehen könnte – und bin ehrlich gesagt angetan von der Idee.
Hogwarts Legacy 2 als Singleplayer-Spiel und Game as a Service wäre die ideale Kombination, sofern Warner Bros. aus dem letzten Live Service-Debakel von Suicide Squad: Kill the Justice League gelernt hat. Der Spielspaß des Superhelden-Spiels blieb nämlich durch übertrieben umgesetzte Service-Elemente auf der Strecke (unten mehr dazu).
Was ist Games as a Service?
Service-Games sind darauf ausgelegt, über einen langen Zeitraum hin (meist mehrere Jahre) immer wieder neue Inhalte zu bekommen. Das soll die Langzeitmotivation für die Spielerschaft hochhalten, dem Entwickler und Publisher aber auch stetige Einnahmequellen garantieren, etwa durch ein Abo- oder Free2Play-Modell mit zusätzlichen Mikrotransaktionen und Season Passes. Richtig umgesetzt kann das Spiele lange bereichern, schlecht integriert aber auch viel kaputt machen.
Das erste Hogwarts Legacy hatte auch seine Schwächen
Das erste Hogwarts Legacy war ein wirklich gutes Spiel, aber eben auch nicht perfekt. Ich persönlich konnte etwa trotz Charakter-Editor und deutscher Synchronisation keine starke Bindung zu meinem Charakter aufbauen. Dafür wurde er einfach kontextlos in die Rolle des Auserwählten und ins bereits 5. Schuljahr gequetscht.
Was mich ebenfalls störte: Der Schulalltag in Hogwarts kam viel zu kurz. Wir lernten zwar ab und an neue Zauber, aber irgendwie hatte ich mir hier mehr erhofft. Abgesehen von den Begleitermissionen bekommen wir es nicht wirklich mit anderen Mitschüler*innen zu tun, erleben keine Quidditch-Spiele und die Hauspunkte spielten auch keine wirkliche Rolle, da das Ergebnis hier vorgeschrieben war.
Hogwarts Legacy bietet sich hervorragend für Games as a Service an
Hogwarts Legacy 2 könnte genau an diesen Punkten schrauben – oder aber eben durch einen Singleplayer-Service-Ansatz noch einen drauflegen.
Zuerst einmal würden wir mit unserem selbst erstellten Charakter wie alle anderen Zauberlehrlinge im ersten Schuljahr beginnen. Die folgenden Schuljahre folgen dann Stück für Stück, aufgeteilt in vier Seasons – ähnlich wie die Kapitel und Staffeln in Fornite.
Mit jeder neuen Season würden sich nicht nur die Jahreszeiten ändern, wir bekämen auch neue Zaubersprüche, Quests, Items, Events, Rätsel und mehr dazu – gegebenenfalls mit Inhalten, die auf Neuheiten der Wizarding World Bezug nehmen, wie etwa ein besonderes Outfit aus der kommenden Harry Potter-Serie.
So würde sich die Open World nicht nur jedes Mal optisch etwas verändern, sondern auch inhaltlich neue Anreize zum Erkunden schaffen. Beispielsweise gäbe es plötzlich einen abgesperrten Bereich im Schloss, weil dort ein Troll sein Unwesen treibt, den wir besiegen können. Oder ein reisender Jahrmarkt würde im Umland Halt machen, der nicht nur neue Ware, sondern auch Minispiele mit sich bringt. Metroidvania-like könnten uns die neuen Zaubersprüche, die wir erst lernen müssen, auch den Zugang zu neuen Bereichen öffnen.
Vor allem aber die Schuljahreswechsel wären mit ihren Quests samt Bosskampf immer ein Highlight, die wir online mit anderen Spieler*innen erleben könnten. Während wir den Großteil des Spiels solo absolvieren, wären das die Momente, in denen wir uns im optionalen Koop in einen Raid stürzen und das Schuljahr, ähnlich wie in den Filmen und Büchern, mit einem finalen Kampf enden lassen.
Die Hauspunkte wären dieses Mal zudem mit einem internationalen Echtzeit-System (Online-Bestenliste) verknüpft, auf das wir gezielt Einfluss hätten und das wir jederzeit einsehen können. Wie gut der Zusammenhalt online funktionieren kann, zeigt aktuell Helldivers 2, nur dass es darin um die gemeinsame Befreiung von Sektoren geht.
Werden wir zum Beispiel dabei erwischt, wie wir einen NPC-Mitschüler attackieren oder uns in einem verbotenen Bereich herumtreiben, gibt es Punktabzug. Schließen wir hingegen Quests für Lehrer*innen ab oder erlernen neue Zauber, ohne große Fehler zu machen, gibt es Bonuspunkte.
Dadurch käme auch ein gewisses Moral-System mit ins Spiel – dann könnte mein Freelancer-Kollege Lukas auch endlich den Streber spielen, der er schon immer sein wollte:
Und natürlich dürfte dieses Mal Quidditch nicht fehlen. Mit Quidditch-Training und gewonnenen Spielen würden wir die Punkte für unser Haus ebenfalls hochtreiben, um am Ende eines Schuljahres (Kapitels) besondere Belohnungen wie neue Klamotten zu erhalten.
Da es durch die vier Häuser Gryffindor, Slytherin, Ravenclaw und Hufflepuff aber auch ein Konkurrenzdenken gibt, müsste es ein Limit bei der Punktevergabe geben, um zu vermeiden, dass jemand Schindluder mit dem System betreibt. Obwohl oder gerade deswegen würden wir aber auch umso motivierter, gemeinschaftlicher und bedachter vorgehen, was die Spielidentität stärkt.
All das würde den Schulalltag um einiges authentischer und dynamischer gestalten. Die Streckung des Umfangs sowie stärkere Identifizierung mit unserem Haus würden außerdem dazu beitragen, dass wir eine innigere Bindung zu unserem Charakter aufbauen.
Games as a Service hat einen schlechten Ruf
Wie gut diese hypothetische Idee in ein spaßiges Spielkonzept gegossen werden könnte, steht jedoch auf einem anderen Blatt. Eine entscheidende Rolle spielt da der Publisher. Der Erfolg steht und fällt vor allem damit, wie stark ein Monetarisierungssystem durchgedrückt werden soll, wodurch die Entwicklung an anderer Stelle nicht selten Abstriche machen muss. Das kann dann auf Kosten des Spielerlebnisses gehen.
Zum Beispiel weil wichtige Inhalte für spätere Updates oder den Shop zurückgehalten werden. Für Letzteres werden gut und gerne auch Währungen erfunden, um den echten Geldbetrag dahinter zu verschleiern. Auch kann das Gameplay zu repetitiv ausfallen, um – bewusst oder unbewusst – zum Kauf vermeintlich spannenderer Inhalte zu animieren.
Ein Service Game darf meiner Meinung nach Anreize schaffen, Geld auszugeben, sollte uns aber nicht bestrafen, wenn wir es nicht tun wollen. Und da Warner Bros. mit Titeln wie Suicide Squad, Mittelerde: Schatten des Krieges oder auch Mortal Kombat 1 gezeigt hat, mit Live-Service-Elementen über das Ziel hinauszuschießen, entfällt hier der Vertrauensvorschuss.
Warners letztes Live Service-Spiel Suicide Squad wurde etwa der dauerhafte Onlinezwang, die übertriebenen Mikrotransaktionen und das Season-System zum Verhängnis, das uns die Fortsetzung der Story verspricht. Eine Internetverbindung ist für den Koop-Modus zwar unverzichtbar, aber wer rein im Singleplayer spielen will, sollte das offline tun können. Das würde dann auch verhindern, dass sie, wie in diesem Fall, ebenso unter den Serverproblemen leiden mussten.
Mittelerde: Schatten des Krieges ist ein weiteres Beispiel aus dem Hause Warner. Hier wurde mit Mikrotransaktionen (u.a. Lootboxen) übertrieben, während es in Mortal Kombat 1, einem Vollpreisspiel, vier (!) Währungen gibt, mit denen man teils zeitlich limitierte Items kaufen kann.
Im Kontrast dazu steht Ubisofts Assassin’s Creed Valhalla, das mich über zwei Jahre lang mit seinem Service-Ansatz gut bei Laune gehalten hat. Das Action-Adventure lieferte ein vollständiges Singleplayer-Erlebnis, ohne mir optionale Käufe aufs Auge zu drücken. Vielmehr wurde es durch kostenlose Quests (u.a. The Last Chapter) erweitert. Zwischendurch gab es kleinere Feiertags-Festivals wie Ostera, neue Items, Trophäen und ganze Modi, wie das Roguelite The Forgotten Saga.
Nur für die großen DLCs und spielerisch nicht relevanten Skins bat uns Ubisoft zur Kasse. So fühlte sich das Spiel für mich nicht nur wie ein rundes Paket an, auch Protagonist*in Eivor, den/die ich anfangs nicht so mochte, wuchs mir über die Zeit richtig ans Herz.
Live-Service muss also nicht automatisch etwas Schlechtes bedeuten, auch nicht unbedingt bei Warner. Allerdings unterliegt die Entwicklung von Spielen mit diesem Monetarisierungs-Konzept ganz eigenen Herausforderungen. Hier die richtige Balance zu finden, ist, wie man sieht, nicht immer einfach.
Die Sorgen um die Monetarisierung und Qualität mal beiseite: Wie fändet ihr es, wenn wir ein Hogwarts Legacy mit solch einem Live-Service-Konzept bekämen? Fändet ihr es spannend und hättet ihr noch weitere Ideen, wie sich meine erste kleine Idee verfeinern lässt?
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