Auch, wenn die Entwickler diesen Eindruck bis zuletzt verhindern wollten, so hat sich For Honor mittlerweile als Multiplayer-Titel mit einer Einzelspielerkampagne als schmückendes Beiwerk in den Köpfen der Community festgesetzt.
Genau aus diesem Grund wollte ich herausfinden, wie gut die Story von For Honor wirklich ist und ob das Spiel auch für Multiplayer-Muffel in Frage kommt. Also habe ich mir Nacht und Controller um die Ohren geschlagen, bis sich das Spiel schließlich geschlagen gab und mir den Abspann präsentierte.
Hinweis: Dieser Text über die Einzelspielerkampagne von For Honor ist durchgehend spoilerfrei! Ihr könnt das zweite Auge also wieder öffnen und ganz entspannt in den kommenden Absätzen schmökern.
Dutzende Steilvorlagen für eine spannende Geschichte
Fragen gibt es durchaus einige, die die Einzelspielerkampagne von For Honor beantworten oder zumindest ansprechen könnte: Wie gelangten die Wikinger, Ritter und Samurai aus unserer realen Menschheitsgeschichte auf einen gemeinsamen Fantasie-Kontinent? Wieso kämpfen sie unermüdlich und immer wieder gegeneinander? Und warum baut Ubisoft den altmodischen Genderlock ein, um "historisch akkurat sein zu können", leistet sich aber gleichzeitig an anderen Stellen Recherche-Patzer, die sogar schon eine einfache Google-Suche vermieden hätte?
Antworten auf diese und viele weitere Fragen liefert die Kampagne von For Honor eher schlecht als recht und konzentriert sich vielmehr darauf, uns auf eine rastlose Rundreise durch die Spielwelt mitzunehmen: Im Verlauf der etwa acht Spielstunden spielen wir je sechs Missionen als Ritter, Wikinger und Samurai, während wir wunderschön inszenierte Wälder, Gebirgszüge und Gletscherflächen besuchen dürfen - zwar dank eines unsichtbaren Schlauches vor jedem Freigang auf eigene Faust abgeschirmt, aber hübsch ist es da draußen trotzdem.
Als roter Faden für die Geschichte dienen die Pläne der geheimnisvollen Kriegerin Apollyon, die menschliche Spreu vom Weizen zu trennen: Nur wer ein wahrer Krieger ist, hat es in ihrer Welt verdient, am Leben zu bleiben. Und der einfachste Weg, die mutigsten Menschen ausfindig zu machen, ist ein globaler Konflikt, den nur die Besten der Besten überstehen können. Klingt ziemlich schnörkellos. Und genau so spielt sich die Einzelspielerkampagne von For Honor auch.
Ein bisschen Braveheart, ein bisschen Slapstick
Jede der 18 Missionen verläuft nach einem recht ähnlichen Schema: Mit einem meist deutlichen Ziel vor Augen (Erobere den Turm, besiege die drei Elite-Kämpfer, fliehe aus der Stadt) bewegen wir uns von Punkt A zu B und stolpern dabei von einer Gegnergruppe in die nächste.
Die meisten dieser Gefechte sind allerdings so chaotisch und hektisch, dass das raffinierte Kampfsystem von For Honor hier nie so richtig seine Stärken ausspielen kann. Umso besser gelingt das wiederum in den insgesamt vier Bosskämpfen des Spiels, die dramatisch, fordernd und außerordentlich gut inszeniert sind. Ein wenig anders formuliert, könnte ich aber auch sagen: Die Einzelspielerkampagne von For Honor ist in den Momenten am besten, in denen sie sich am stärksten nach dem Multiplayer-Erlebnis anfühlt.
Und hier sind wir auch bei der Krux und meinem Fazit zur Einzelspielerkampagne angelangt: Die Geschichte, die For Honor erzählt, ist der Inbegriff von "ganz nett": Manchmal dank der unübersichtlichen Kämpfe enorm frustrierend, manchmal dank erstaunlich gut abgestimmter Slapstick-Momente sehr unterhaltsam und manchmal an der Grenze zur pathetischen Kampfesliebe von Filmen wie Braveheart oder 300.
Zur absoluten Empfehlung reicht dieses Urteil in meinen Augen allerdings nicht. Der Einzelspielermodus von For Honor hätte ein wirksames, eigenes Gegengewicht zur großen Stärke des Multiplayers bieten müssen, um auch Mehrspieler-Muffel begeistern zu können: Spannende Charaktere oder ein gewisser Wiederspielwelt wären hier mögliche Antworten auf das hervorragende Duell-Gameplay gewesen, dass die Spieler schon seit zwei Beta-Phasen zu Zehntausenden auf die Server lockt.
Stattdessen aber wechseln unsere Gesprächspartner und Kampfgefährten in der Kampagne viel zu schnell, um interessante Spannungsbögen etablieren zu können, während hier und da Sammelgegenstände neue Embleme und Fähigkeiten für den Mehrspieler-Modus freischalten. Nein, die Kampagne von For Honor ist in meinen Augen nicht die große Stärke des Spiels und sollte auch nicht euer alleiniger Grund sein, diesen Titel eurer Sammlung einzuverleiben. Als ausgedehntes Trainingspogramm für den Multiplayer hingegen ist die Einzelspielerkampagne tatsächlich hervorragend geeignet - und das meine ich durchaus mit mehr Anerkennung, als es in manch einem Ohrenpaar vielleicht klingen mag.
Konntet ihr euch schon einen Eindruck der Kampagne verschaffen? Oder spielt ihr sowieso nur den Multiplayer?
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