Es ist niemals leicht, etwas Neues auszuprobieren - genau dieser Erkenntnis musste sich auch Ubisoft vor einem Monat stellen. For Honor versucht in der Tat etwas Neues: Komplexe, taktisch anspruchsvolle Nahkämpfe zwischen den unterschiedlichsten Kriegern aus drei grundverschiedenen Kulturkreisen - und das am liebsten online, Mensch gegen Mensch, in verschiedenen Spielmodi.
Die größte Herausforderung bestand für die Entwickler darin, eine Gameplay-Mechanik zu finden, die all diese Anforderungen erfüllt. Ihre Suche führte sie vorbei am grobschlächtigen Schlagabtausch von Skyrim und den ungenauen Duellen von Chivalry: Medieval Warfare hin zum Theater-Schaukampf. Hier ließen sie sich zu einem Kampfsystem inspirieren, dass auf einem Reflex-System basiert und den Körper in drei Trefferzonen einteilt. Diese Pionierarbeit sollte sich auszahlen, schließlich wurde For Honor von einem Großteil der Kritiker und Spieler gelobt. Allerdings hat der eigentliche Kampf um die Gunst der Community erst nach dem Release begonnen - und hier musste Ubisoft bereits einige herbe Niederlagen einstecken, die den Blick in die Zukunft zu einem ungewissen machen. Es wird Zeit für eine erste Bestandsaufnahme.
Keine Kinderkrankheit mehr: Netzwerkfehler und Verbindungsprobleme
Einen Monat nach Release ist es unmöglich geworden, über For Honor zu sprechen, ohne Beschwerden über die häufigen Verbindungsprobleme der Server zu hören - das ist weder in Privatgesprächen, noch auf GamePro, Reddit oder den offiziellen Foren anders.
Und tatsächlich handelt es sich um ein ernsthaftes Problem und nicht etwa nur das hysterische Kreisen einiger weniger Spieler: Ohne absolute Zahlen zu kennen, lässt sich wohl keine zweistündige For Honor-Plänkelei ohne mindestens zwei bis drei Abstürze beenden. Keiner der bisherigen Patches konnte etwas an diesem ärgerlichen Zustand ändern, Feedback und hilfreiche Stellungnahmen der Entwickler finden wir kaum. Immerhin gab es zuletzt ein Entschädigungs-Wochenende - ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Wenn Ubisoft nicht einen Weg finden sollte, die Netzwerkarchitektur von For Honor zuverlässiger zu konstruieren, können wir uns die folgenden Absätze eigentlich sparen. Denn egal, wie viele gute Ideen, Inhalte und Neuerungen noch in das Spiel fließen, die häufigen Abstürze werden auf Dauer auch die euphorischsten Fans aus dieser Spielwelt vertreiben.
Der Sprung über die Einstiegshürde
Lassen wir den Zorn und die Sorge über die Netzwerkprobleme allerdings beiseite, so haben wir es mit einer überaus engagierten und aktiven Community zu tun, die sich jenseits der Einstiegshürde gebildet hat. Mitglieder jeder Fraktion tauschen sich täglich in eigenen Subreddits oder in Echtzeit via Discord aus, während im "Competitive For Honor"-Forum angeregt und für Normalos kaum verständlich über Waffenstärken, Buffs, Nerfs und sonstige Details diskutiert wird.
Und auch im Spiel selbst hat sich einen Monat nach Release viel getan: Fans, die bereits einige Spielstunden hinter sich haben, übernehmen koordiniert verschiedene Aufgaben, rotten sich für Gruppenangriffe zusammen und stimmen ihre Attacken aufeinander ab. Das kopflose Hauen und Stechen, das auf Zuschauer und interessierte Spieler so abschreckend wirkt, wird jenseits der Einstiegshürde hart abgestraft.
Die übrigen Spieler, die ganz frisch mit For Honor angefangen haben, sehen sich hingegen mit einem der undurchsichtigsten Matchmaking-Systeme der letzten Jahre konfrontiert: Immer wieder werden Anfänger und erfahrene, hochstufige Veteranen in ein Boot geschmissen, was vor allem den For Honor-Nachwuchs mehr frustriert als motiviert. Die Einstiegshürde dieses Spiels ist höher, als die Entwickler wohl vermutet haben und drückt den Spieler-Zustrom spürbar ab.
Mehr: For Honor - Ubisoft: "Besiegt Nazis, meldet Nazis, macht unsere Community zu einem besseren Ort"
Nicht ohne Grund hat Ubisoft mit dem letzten Patch die Option aus dem Spiel entfernt, die Anzahl der aktuell aktiven Spieler auf den Servern einzublenden. Die nächsten Monate werden wohl noch deutlicher zeigen, ob sich For Honor in eine Nische zurückzieht oder den Fuß in der Mainstream-Türe behalten kann.
Selbstbewusste Zukunftspläne
Über die technischen Probleme auf der einen und die engagierte, aber bereits gespaltene Community auf der anderen Seite spannt sich der fast unbedingte Wille Ubisofts zur Kommunikation mit den Fans und die optimistischen Zukunftsplänen für For Honor. Auf Feedback wird gehört, teils sogar direkt geantwortet, Cheater werden mit harten Strafen, kreative Fans mit Retweets bedacht. Gefühlt findet die große Abrechnung aber erst am Ende diesen Jahres statt, wenn Ubisoft eine Rangliste ins Spiel einführen und damit offiziell den eSport-Startschuss geben wird.
Es fällt schwer vorauszusehen, ob For Honor bis dahin auf seine ergebene Core-Community zusammengeschmolzen sein oder neue Wege gefunden haben wird, Anfänger an das ungewöhnliche Kampfsystem heranzuführen. Der Erfolg ist For Honor zu wünschen, denn alles in allem versucht sich das Spiel daran, etwas Neues aufzubauen - und das fällt nun mal nie leicht.
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