Wer seit Monaten der E3 2012, der wichtigsten Spielemesse des Jahres entgegen fiebert, musste schon im Vorfeld einige Kröten schlucken: Bioshock Infinitewird in Los Angeles nicht gezeigt; Valve kündigt keine neuen Spiele an; THQ hat keinen eigenen Stand mehr; Blizzard fehlt sowieso, und auch Rockstar hat »keine Pläne«. Schleicht die E3 der Bedeutungslosigkeit entgegen? Nein, noch lange nicht. Die Spieleindustrie braucht Show, sie braucht Krawall, sie braucht eine Bühne, auf der sie sich zeigen und feiern kann.
Trotz der hochkarätigen Absagen wird auch diese Messe ein Spielefestival, hauptsächlich getragen von Branchengrößen wie Electronic Arts, Microsoft, Activision und Nintendo, deren Blockbuster-Leuchtfeuer die Weltpresse nach Los Angeles locken. Davon profitieren auch die kleineren Hersteller, die Indie-Publisher und –Teams, die in der Korona der Giganten um Aufmerksamkeit heischen. Kurzum: Die E3 ist und bleibt wichtig, sie lebt, sie atmet, und ihre 199 Aussteller werden uns auch im Jahr 2012 zahlreiche Highlights und Überraschungen bescheren. Nur – welche?
Neuigkeiten und Ankündigungen
Sowohl Electronic Arts als auch Ubisoft werden auf der E3 neue Spiele enthüllen, Dead Space 3und ein frischer Tom-Clancy-Titel (Splinter Cell? H.A.W.X.?) gelten als sicher, vielleicht gibt’s auch Neuigkeiten zu Dragon Age 3. LucasArts wiederum wird sein just enthülltes Star Wars: 1313präsentieren. Und auch wenn Rockstar bislang schweigt, dürfte zumindest ein neuer Trailer zu GTA 5auftauchen, vermutlich auf der Microsoft-Pressekonferenz.
Grand Theft Auto mag zwar längst keine Messebühne mehr brauchen, um sich millionenfach zu verkaufen, Microsoft wird diesen zentral wichtigen Titel aber sehr wohl präsentieren wollen, nein: müssen. Schließlich hat GTA 5 das Potenzial, die Verkäufe der Xbox 360 ein letztes Mal anzukurbeln, bevor diese Konsolengeneration in den Ruhestand geht. Darüber hinaus erwarten uns natürlich Neuigkeiten zu Halo 4, Crysis 3, Call of Duty: Black Ops 2, C&C Generals 2, The Last of Us, Assassin’s Creed 3, ArmA 3und und und.
Nintendo wiederum muss für seine nächste Konsolengeneration, für die Wii U, nicht nur einen Starttermin präsentieren (man munkelt vom diesjährigen Weihnachtsgeschäft), sondern endlich auch zugkräftige Spiele – beispielsweise ein neues Zelda. Ebenfalls spannend wird, wie Sony seiner strauchelnden Playstation Vita Leben einhauchen will. Vielleicht mit einer Preissenkung wie aktuell in Frankreich, wo die Handheld-Konsole kurzfristig 50 Euro billiger ist? Derzeit leiden die Verkaufszahlen der Vita nämlich sichtlich unter dem boomenden Handy-Spiele-Markt. Laut dem Branchenmagazin Gamasutra verkauft sie sich sogar in Japan nicht nur schlecht, sondern mit rund 10.000 Exemplaren pro Woche derzeit sogar noch schlechter als das Vorgängermodell PSP (16.000 pro Woche).
Trend zu neuen Geschäftsmodellen
Spannend wird der diesjährige Messetrend. 2009 war’s die Bewegungssteuerung, 2010 ebbte der 3D-Hype ab, bevor er überhaupt aufgebrandet war. Die letztjährige E3 stand im Zeichen der dritten Teile (Battlefield 3, Uncharted 3, Modern Warfare 3, Mass Effect 3) und wenigen Neuankündigungen. Und dieses Jahr? Fehlt bislang ein übergreifendes Thema, nächstes Jahr wird’s einfacher: neue Technologie. Denn die Konsolen der kommenden Generation, die Xbox 720 und die Playstation 4, dürften 2012 allenfalls in Pressekonferenz-Nebensätzen erwähnt werden und erst 2013 präsentations- und anspielreif sein.
Was also gibt’s 2012 zu besprechen? Nun, womöglich neue Bezahlmodelle. Auch klassische Publisher wie Electronic Arts und Ubisoft dürften sich allmählich Gedanken machen, wie sie ihre Spiele abseits der Verkaufserlöse weiter finanzieren können – nicht nur auf dem PC, sondern auch auf den Konsolen. Der angekündigte Premium-Bezahldienst für Battlefield 3 könnte da ein Anfang sein, auf der E3 erwarten uns sicherlich weitere Details. Womöglich präsentiert Ubisoft sogar ein H.A.W.X. Online als Free2Play-Titel für den PC, nach dem Muster von Ghost Recon Online.
Und warum sollten die Hersteller über Bezahlmodelle nachdenken? Unter anderem, weil sie Multiplayer-Server (etwa bei Battlefield 3) jahrelang finanzieren und zugleich neue Patches und natürlich neue Spiele entwickeln müssen. Das kostet Geld. Nicht umsonst kursiert unter Branchenkennern das Motto, dass sich Spiele von reinen Produkten zu Services, also zu Dienstleistungen wandeln müssen. Das heißt, dass die Titel nicht einfach nur veröffentlicht, sondern auch danach gepflegt und erweitert werden. Und diese langfristige Pflege wird ohne zusätzliche Erwerbsquellen eben schwierig – zumindest in den Augen der Publisher. Deshalb führt ja auch Blizzard bei Diablo 3 Echtgeld-Auktionen ein, an denen die Entwickler mitverdienen.
Machtverschiebung auf dem Showfloor
Dass sich neue Bezahlmodelle lohnen, beweist weiterhin der Free2Play- und Social-Games-Markt. Der Wert des Facebook-Riesen Zynga (Farmville) etwa lag beim Börsengang Ende 2011 mit 8,9 Milliarden US-Dollar deutlich über dem von Electronic Arts (6,9 Milliarden). Zuletzt kursierten gar Gerüchte, der japanisch-koreanische MMO-Entwickler Nexon (Vindictus) wolle den Battlefield-Publisher übernehmen – das wird der EA-Chefetage nicht geschmeckt haben. Nicht umsonst hatte Electronic Arts bereits Mitte 2011 das Casual-Games-Studio PopCap (Bejewelled, Plants vs. Zombies) übernommen, um neue Märkte zu erschließen.
Wie erfolgreich Free2Play-Titel sein können, will Wargaming.net auf der E3 vor Augen führen. Die Macher von World of Tanksresidieren in einem ungefähr 1.000 Quadratmeter großen Messestand in der prestigeträchtigen South Hall, direkt neben Disney, Activision und Ubisoft. Sogar noch größer ist der Stand des japanischen Social-Games-Netzwerks GREE, der an 2k Games und Konami grenzt.
Es rumort also im Machtgefüge der E3 und damit der gesamten Industrie, die Newcomer drängen mit enormer (Finanz-)Kraft aufs Parkett. Auch das kann ein diesjähriger Trend sein: Alte Branchengrößen wie THQ schrumpfen, dafür stoßen neue hinzu. Der Spielemarkt wandelt sich, und mit ihm seine wichtigste Bühne: Die E3, die damit auch im Jahr 2012 spannend bleibt.
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