Kim Kitsuragi aus Disco Elysium gehört zu meinen absoluten Lieblingsheld*innen, weil er mich an all die Menschen in meinem Leben erinnert, die meine Eskapaden mit unglaublicher Gelassenheit, stoischem Gleichmut, und unendlicher Geduld ertragen. Weil der Disco Elysium-NPC Kim Kitsuragi mir, also der Hauptfigur, nicht einmal dann böse ist, wenn ich als absoluter Versager dem Fass komplett dem Boden ausschlage.
Kim ist trotzdem für mich da, akzeptiert mich, nimmt mich, wie ich bin. Auch wenn das bedeutet, dass ich mich weder an ihn, meinen eigenen Namen, meinen Job oder irgendetwas anderes erinnern kann.
Kim Kitsuragi ist der wahre Held von Disco Elysium
Wer ist dieser Kim? In Disco Elysium wachen wir mit einem üblen Kater aus einem noch übleren Vollrausch auf und erinnern uns an nichts – nicht einmal unseren eigenen Namen. So bekommen wir die beste Videospiel-Erklärung für die völlige Unwissenheit und Amnesie der Hauptfigur serviert. Kurz darauf treffen wir dann auch schon den Kollegen und Polizisten Kim Kitsuragi, der uns gewissermaßen als Partymitglied den ganzen Rest des Spiels begleitet.
Darum mag ich ihn so sehr: Manchmal will mir Kim nicht so recht glauben, wenn ich wieder einmal versuche, ihm den allerwildesten Bären aufzubinden, den ich mir so vorstellen kann. Aber was soll ich machen, wenn meine unzähligen, inneren Stimmen sich nun mal leider nicht so ganz einig sind, was ich jetzt am besten tun und lassen oder sagen soll? Kim bleibt immer einigermaßen locker, selbst wenn ich mit nur einem Schuh und völlig irrwitzigen Outfits auftauche und versuche, ihn zu überreden, zwei Punkern ihre Jacken abzuziehen.
Es wäre einfach zu cool gewesen, damit im Partner-Look und Vollrausch weiter um die Häuser zu ziehen. Ich kann aber auch irgendwie verstehen, dass der stets elegant gekleidete Kim keine große Lust verspürt, eine Jacke mit der Aufschrift "fuck the world" oder "pissf****t" zu tragen. Seine philosophisch-kunstvollen Ausführungen zu dem Thema waren aber natürlich auch so schon jede Sekunde wert. Es ist einfach erfrischend, von Menschen mit ausgeprägtem Stilbewusstsein, eigenem Kopf und guten Argumenten umgeben zu sein.
David Molke
@DavidMolke
David nutzt die aktuellen Themenwochen, um gleich über drei Lieblingsheld*innen zu schreiben. Irgendwie ist daraus etwas lose Zusammenhängendes, recht Persönliches geworden: Es geht nicht nur um unsere Held*innen, sondern auch um uns selbst, unsere Umwelt und unsere Freund*innen.
Kim Kitsuragi ist natürlich kein klassischer Held. Aber eben auch kein Antiheld, weil diese Funktion definitiv von mir beziehungsweise dem zu Beginn von Disco Elysium noch namenlosen Protagonisten ausgefüllt wird. Aber es hat definitiv etwas sehr heldenhaftes, wie Kim mit dieser völlig wirren Gestalt (mir) umgeht, die selbst nicht so recht weiß, wer oder was er eigentlich ist, wo er hier gelandet ist, wie es so weit kommen konnte und was das alles zu bedeuten hat. Ich stolpere durch die Ereignisse und gerate von einer unangenehmen Situation in die nächste. Kim stellt dabei als einzige wirklich helfende Hand den rettenden Fels in der Brandung dar.
Kim Kitsuragi beweist nicht nur Geduld, sondern auch Stil, Integrität und einen eigenen Kopf
Kim hat immer ein offenes Ohr und lässt sich auf all die wilden Diskussionen ein, die ich vom Zaun breche - seien sie noch so banal oder zutiefst existenziell. Auch wenn es beispielsweise darum geht, in einer ehemaligen Kirche sowohl ein Drogenlabor als auch einen Nachtclub einzurichten. Kim Kitsuragi zeigt sich von meinem zeitweise massiven Substanzen-Konsum zwar nicht unbedingt begeistert, aber er verurteilt mich auch nicht dafür.
Den Trailer zu Disco Elysium könnt ihr euch hier noch einmal ansehen:
Das einzige, was sich Kim Kitsuragi nicht gefallen lässt, ist Rassismus. Auf den reagiert er zu Recht allergisch und sollte ich mich zu entsprechenden Aussagen hinreißen lassen, kann es sein, dass ich es mir mit meinem Partner in Crime komplett verscherze (habe ich gelesen). Aber sonst gilt: Sobald ich einmal Kims Vertrauen genieße, würde er sich für mich sogar vor eine Kugel werfen.
Darum steht Kim für mich exemplarisch für all meine Freunde, die mir mit ihrem offenen Ohr, ihrer Meinung und ihrer Hilfe schon so oft quasi das Leben gerettet oder zumindest dabei geholfen haben, nicht den Verstand zu verlieren. Ich wünsche allen Menschen eine Person wie Kim in ihrem Leben, in dem sie letztlich eine unverzichtbare Freundschaft finden.
Dieser Artikel ist Teil unserer Held*innen-Themenwoche. Alle Artikel dazu findet ihr hier in der Übersicht.
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