Wie sagt man so schön: Die größten Fans sind zugleich die größten Kritiker. Und wie ihr gleich feststellt, habe ich nach dutzenden Stunden mit der Early Access- und Open Beta von Diablo 4 noch so einiges (!) zu meckern. So viel, dass ihr zu Recht auf den Gedanken kommt, dass dem ollen Motzmichel Blizzards düstere Schnetzelorgie so ganz und gar nicht gefällt.
Doch genau das Gegenteil ist mit Blick auf Akt 1 der Fall. Es ist sogar sehr, sehr wahrscheinlich, dass ich 2023 kein Spiel ausgiebiger und mit mehr Freude zocken werde. Welche Punkte mir aktuell dennoch die größten Sorgenfalten bescheren, will ich euch schonungslos aufführen.
Ich will meine transparente Map zurück!
Dass die Karte der Spielwelt und der Dungeons überspitzt gesagt aussieht, als wäre sie binnen fünf Minuten in Paint erstellt worden, schiebe ich mal auf den Beta-Status des Spiels. Sollte sie letzten Endes so im finalen Spiel auftauchen, es wäre verschmerzbar.
Weit schlimmer wiegt jedoch das Fehlen einer transparenten Karte, wie zuletzt in Diablo 2. Eine, die mir genau aufzeigt, wohin ich gerade laufe, ohne erst ins Menü zu gehen. Das Fehlen dieser Funktion hat mich schon in Diablo 3 genervt, da es die Erkundung immens erschwert.
Das soll eine Nebenquest sein?
Ich erwarte von keinem Diablo, dass Nebenquests erzählerische Meisterwerke sind. Oft haben die optionalen Aufgaben einzig den Zweck, einem Levelaufstieg etwas mehr Struktur und Sinnhaftigkeit beim Verbessern seiner Klasse zu geben. Ob da jetzt ein paar Fetch-Quests wie “sammle 20 Skelettknochen" dabei sind, geschenkt und in einem Diablo vollkommen in Ordnung.
Die über 20 Nebenmissionen, die ich jetzt in der Beta absolviert habe, waren jedoch – mit Ausnahme des gepeinigten Mannes – an Einfallslosigkeit kaum zu überbieten. Über ein Emote-Rad eine Geste machen, um Soldaten anzufeuern oder sich zum Lösen einer Quest neben eine heiße Quelle zu setzen, echt jetzt? Selbst für meine niedrigen Ansprüche und erst recht im Vergleich zur tollen Geschichte rund um Lilith ist das verdammt dünn.
Umständliches Scrollen im Skill Tree
Dass Diablo 4 schon direkt zu Spielbeginn mehr Planung beim Build erfordert als zuletzt Diablo 3, ist ganz hervorragend. Außerdem ist es cool, dass mich der Fähigkeitenbaum nicht erschlägt, wie beispielsweise jener in Path of Exile. Hier macht sich auch die mehr casual-lastige Ausrichtung von Blizzard im Vergleich zum komplexen Hack&Slay von PoE-Entwickler Grinding Gear Games bemerkt.
Das aktuell halbseitige Layout des Skill Tree finde ich jedoch ziemlich friemelig, da ich lange scrollen muss und mir die Übersicht über meinen Build in Teilen verloren geht. Zwar lässt sich der Baum aufklappen, aber wer will das schon jedes Mal machen?!
Zu wenig Zoom
Es wäre wirklich schön, wenn ich mir meinen schicken Char mit seiner durchaus feschen Rüstung auch ganz aus der Nähe angucken- Oder aber, zwecks Übersicht auf Konsolen, noch ein wenig weiter rauszoomen könnte. Beides war in der Beta nicht möglich, wodurch die Zoom-Stufen auf mich halbgar wirkten.
Und davon ab: Warum zur Hölle – hier geht’s um Diablo, Fluchen ist also erlaubt – wurde der Zoom standardmäßig ausschließlich auf das Emote-Rad gelegt? Während ich auf PC mal eben am Mausrad drehe, muss ich auf Konsolen über das Optionsmenü extra eine Taste für den Zoom belegen, damit ich nicht jedes Mal das Kreismenü öffnen muss.
Gebt mir WASD auf PC
Auf Konsolen und mit dem Pad ist hingegen die Bewegungssteuerung weit besser. Es ist ja vollkommen in Ordnung die Bewegung seines Charakters via linker Maustaste beizubehalten, doch heutzutage keine WASD-Option mehr anzubieten, ist schlicht nicht zeitgemäß.
Klage gegen Activision Blizzard: Aktuell ist gegen Call of Duty-Publisher Activision Blizzard eine Klage wegen Diskriminierung, sexuellen Übergriffen und schlechten Arbeitsbedingungen im Gange. Alle Infos zu den Vorwürfen von vor einigen Wochen findet ihr hier, alles zum neueren Skandal rund um CEO Bobby Kotick hier. Einen Kommentar von GamePro-Chefredakteurin Rae Grimm bezüglich unserer Berichterstattung zum Thema findet ihr hier.
Zu lange Cooldowns
Egal ob es das Flammenschild der Zauberin oder der Ausweichschritt ist, mir sind viele der Cooldowns noch viel, viel zu lang. Ich kann es durchaus verstehen, wenn für sehr mächtige Attacken die Wartezeit bis zum nächsten Einsatz etwas erhöht ist, aber dass ich bei der Sprungattacke des Barbaren 17 Sekunden warten muss, ist für mich ein absolutes KO-Kriterium für den Skill.
Generell wäre ich dabei, wenn für den Dash die Abklingzeit Klassen-übergreifend gestrichen wird.
Repetitive Dungeons
Hier fasse ich mich kurz, da Kollege Stephan das Schlamassel bereits sehr gut auf den Punkt gebracht hat. Nur so viel: Ich hoffe inständig, dass die Dungeons in den weiteren Akten noch etwas abwechslungsreicher werden.
Zu viele kleine Loot Spots
Gefühlt verbringe ich in der Spielwelt mehr Zeit damit Baumstümpfe, Leichen, Holzkarren und Fässer auf Loot zu durchsuchen, als von A nach B zu laufen. Klar, kann man auch einfach an den Stellen vorbeirennen, aber dann entgehen mir ja eventuell fünf Gold oder nötige Crafting-Materialien.
Es würde dem Spielfluss sicher gut tun, wenn Blizzard in der Open World auf “Weniger ist mehr” gesetzt hätte. Lieber weniger Truhen, in denen dafür aber besserer Kram zu finden ist, das wäre mein Vorschlag.
Zu kleines Inventar
Ein Punkt, der mich aktuell aber noch weit mehr stört, ist das viel zu kleine Inventar. Der Platz für Rüstungsteile und Waffen hätte um einiges größer ausfallen dürfen, damit ich nicht alle zehn Minuten zum Händler rennen und meinen unnötigen Kram verkaufen muss.
Was ich zudem inständig hoffe, ist, dass Edelsteine und die hölzernen Lootboxen in einem eigenen Tab verschwinden, damit sie nicht auch noch die rar gesäten Plätze einnehmen.
Grafik in Cutscenes
Mir geht es hier nicht um die unfassbar epische Intro-Cinematic und auch nicht darum, dass ein Großteil der Story aus der Iso-Perspektive mit vertonten Textboxen stattfindet. Mir geht es um Cutscenes wie die in der Kirche zu Beginn des Spiels, die zwar toll inszeniert und herrlich düster sind, mich optisch beim Spielen auf PS5 aufgrund etwas altbackener Charaktermodelle und nicht ganz so hübschen Animationen aber bei Weitem nicht vom Hocker gerissen haben.
Eine mehr einheitliche, durchweg schicke Präsentation wäre bei einem 2023er AAA-Titel schön gewesen. Davon ab ist Diablo 4 aber ein richtig hübsches Spiel, wenn nicht sogar mit seinen tollen Lichteffekten und vielen Umgebungsdetails das grafisch beeindruckendste Action-RPG überhaupt.
Unnötiger MMO-Kram
Ich sag’s wie’s ist. Für mich hätte Blizzard den ganzen MMO-Klumpatsch samt seiner Shared World auch komplett aus Diablo 4 rauslassen können. Jetzt ist er aber im Spiel und wenn mir nicht gerade jemand meine Monster vor der Nase wegschnetzelt, kann ich damit noch leben. Allerdings erschließt sich mir abseits der durchaus coolen, allerdings viel zu selten erschienenen Weltenbosse bislang die Sinnhaftigkeit hinter der Neuausrichtung nicht.
Was bringt es mir effektiv, dass die Shared World aufgeblasen riesig ist und hin und wieder eine andere Person meinen Weg kreuzt? Was bringt es mir, dass irgendjemand vor meinen Augen ein Event auslöst? Was bringt es, dass andere Spieler zwar im Dorf angezeigt werden, sobald ich mit einem Questgeber spreche, die Leute jedoch künstlich ausgeblendet werden?
Auf mich wirkt das Ganze bislang halbgar und nicht wie etwas, das die Reihe sinnvoll voran bringt.
Nerviges Rubberbanding
Das leidige Thema “always on” mit all seinen lieblichen Begleiterscheinungen. Ich muss gestehen, dass ich mich mittlerweile daran gewöhnt habe, stets mit dem Internet beim Spielen verbunden zu sein.
Aber es wäre dann halt umso wichtiger, dass zum einen die Server halten – was sie abseits der Stoßzeiten zum Beta-Release erstaunlicherweise getan haben – und ich nicht alle paar Minuten den Moonwalk beim Laufen einlege. Soll heißen, am Rubberbanding (der Charakter wird automatisch leicht zurückgesetzt) muss Blizzard echt arbeiten, sonst werde ich ständig unschön daran erinnert, wie sehr ich mir die gute alte Zeit ohne Internetpflicht beim Zocken zurück wünsche.
Dauergast beim Okkultisten
Abschließend noch ein Punkt, bei dem ich aktuell noch hin- und hergerissen bin. Auf der einen Seite finde ich es cool, dass ich Items ummodeln kann und so mehr Tiefe ins Spiel kommt. Aber auf der anderen Seite jedes Mal erst zum Okkultisten latschen zu müssen, um Aspekte auf meine seltenen Items zu packen und sie so zu starken Legendarys zu machen, ist auf Dauer doch ein ziemlich nerviger Zeitfresser – zumal die Mechanik speziell für starke Endgame-Builds essentiell wird.
Ein weiterer Störfaktor ist, dass gefundene legendäre Items dadurch an Wert verlieren, da sie eher als Futter für die schwächeren seltenen Items dienen. Welcher Lootdrop also wirklich ein 6er im Lotto ist, wird nicht gleich ersichtlich und genau die Freude auf DAS geniale Item ist es doch, was Diablo so ausmacht.
Gefühlt 200 Kritikpunkte, ABER …!
An dieser Stelle höre ich mit dem Genörgel endlich mal auf, auch wenn mir sicher noch dutzende andere Kleinigkeiten einfallen würden. Wir befinden uns ja schließlich noch in der Beta-Phase – wenn auch in einer, die nur wenige Wochen vor Release stattfindet.
Insgesamt hatte ich nämlich mit den Diablo 4-Betas eine verdammt gute Zeit. Das Kampfsystem wirkt herrlich wuchtig, die Geschichte rund um Lilith hab ich ausnahmsweise in einem Diablo mal nicht geskippt und mit der düsteren Atmosphäre holt mich das Spiel bislang komplett ab. Auch das Looten und Leveln entfaltet wie gewohnt seine Sogwirkung und ich habe kaum gemerkt, wie viel Zeit schon wieder verstrichen war.
Es ist also trotz all meiner Kritik durchaus möglich, dass ich Diablo 4 wie zuletzt Diablo 3 über hunderte Stunden spielen werde – es sei denn, Blizzard tötet zum Release oder zum Start von Season 1 jeglichen Spielspaß durch aggressive Monetarisierung. Spätestens dann bin ich komplett raus und das fantastische Diablo 2 Resurrected oder der potenzielle Sommer-Hit Path of Exile 2 wandern auf die Festplatte.
Wie hat euch die Beta gefallen und welcher Kritikpunkt ist aktuell euer größter?
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