Bitte tief durchatmen: Warum Xbox-Spiele auf PlayStation nicht das Ende der Marke bedeuten

In den sozialen Netzwerken herrscht nach den Xbox-Gerüchten Weltuntergangsstimmung. Alex kennt die Marke sehr gut und warnt vor voreiligen Schlüssen.

Xbox-Klassiker wie Halo mit dem Master Chief könnten bald auf PS5 + Switch erscheinen. Alex sieht darin eher Chancen als Risiken. Xbox-Klassiker wie Halo mit dem Master Chief könnten bald auf PS5 & Switch erscheinen. Alex sieht darin eher Chancen als Risiken.

Ist man dieser Tage auf X (ehemals Twitter) unterwegs, geht im Gaming wieder einmal eine Welt unter: die Xbox-Welt. Nach Gerüchten um Microsofts Vorhaben, eine Reihe von exklusiven Spielen unter anderem auch auf PlayStation zu veröffentlichen, herrscht bei vielen Unverständnis oder gar blanke Panik. 

Nachdem sich die Gaming-Community auf X in Rage getwittert hat, kündigte Phil Spencer ein Event für kommende Woche an. Ein Business Update, in dem Details zu Microsofts Vision zur Zukunft der Xbox vorgestellt werden sollen.

Aber schon vorher trötet die X-Bubble das Ende von Xbox von den Social-Media-Dächern, die Entwertung der Xbox-Marke, den Schritt zum Third-Party-Publisher oder womöglich sogar den kompletten Rückzug aus dem Konsolenmarkt. Ich glaube aber: Nichts davon ist der Fall.

Alexander Schneider
@JannLee360

Alex arbeitet als Product Manager bei Webedia und verfolgt die Xbox-Marke schon seit ihrer ersten Veröffentlichung im Jahr 2002 sehr intensiv. Dem Release von exklusiven Spielen auf anderen Plattformen blickt er eher entspannt entgegen. Die Kombination aus High-End-Konsole und Gamepass sind für ihn Anreiz genug, um neben seiner PlayStation 5 die Xbox weiterhin als Hauptplattform zu nutzen.

Microsoft Gaming vermeldete jüngst Rekordzahlen

Schauen wir uns doch einmal die letzten Jahre an: Microsoft hat eine beachtliche Zahl von Studios gekauft, um das eigene Exklusiv-Portfolio zu stärken und sich noch fester im Videospielmarkt zu verankern als ohnehin schon. Zuletzt wurden ca. 75 Milliarden US-Dollar ausgegeben, um den Publisher-Giganten Activision-Blizzard unter das Microsoft-Dach zu bekommen. 

Seit Beginn der Corona-Pandemie jagt fast ein Rekordquartal für den Konzern das andere. Im Zeitraum Oktober - Dezember 2023 hat Microsoft so viel Umsatz mit Gaming gemacht wie noch nie – auch dank des Activision-Blizzard-Zukaufs.

Selbst die Windows-Sparte wurde übertroffen. Dieser Erfolg ist aus Unternehmenssicht natürlich großartig. Kommt aber auch mit der bitteren Nachricht, dass Microsoft nur wenige Monate nach der Übernahme über 1.900 Mitarbeiter*innen vor die Tür gesetzt hat.

Microsoft-CEO ist kein Fan von exklusiven Spielen

Das Ende von Xbox also? Ein Rückzug aus dem Gaming? Wenn uns das Muster der vergangenen Jahre eines zeigt, dann, dass Microsoft mehr in Gaming investiert als je zuvor.  Ein kompletter Ausstieg nach den großen Investitionen der letzten Jahre ist ziemlich unwahrscheinlich.

Aber wie passt das jetzt zu den Gerüchten, dass Microsoft Spiele auf konkurrierenden Plattformen veröffentlichen will? Ziemlich gut sogar. Microsoft CEO Satya Nadella hat sich in der Vergangenheit kritisch zu Exklusivspielen geäußert und würde diese Praxis am liebsten komplett beenden.

Möglichst viele Spieler*innen zu erreichen, ist seit Jahren das oberste Mantra: "When everybody plays, we all win." In der Praxis funktioniert "Play Anywhere" aber natürlich nur, wenn auch die direkte Konkurrenz mitspielt. 

Das Muster ist seit vielen Jahren, spätestens aber seit Beginn der Series-Generation eindeutig: Xbox-Spiele erscheinen gleichzeitig auf Xbox und PC. Der Xbox Game Pass ist auf Konsole verfügbar, auf dem PC, auf Mobile, bald wohl auch flächendeckend auf internetfähigen TVs. Alles, was man braucht, ist ein Controller und ein Abonnement. Und wer weiß, vielleicht kommt ja schon bald ein Kühlschrank mit eingebautem Display, der Gamepass-Spiele über xCloud streamt. 

Minecraft Dungeons erschien auch für alle anderen Konsolen als die Xbox - obwohl Microsoft die Marke gehört. Video starten 26:14 Minecraft Dungeons erschien auch für alle anderen Konsolen als die Xbox - obwohl Microsoft die Marke gehört.

Die Strategie ist nicht neu, denn Microsoft hat einen Traum

Tatsächlich hat Microsoft bereits vereinzelt Titel auf anderen Plattformen veröffentlicht, wie etwa Ori and the Will of the Wisps und Minecraft Legends. Legacy-Titel wie Elder Scrolls Online, Minecraft und nun auch Call of Duty werden nicht von anderen Plattformen abgezogen, sondern erhalten weiterhin Updates.

Der Traum von Microsoft: Möglichst überall präsent sein. Über die Konsolen, über den PC, über den Fernseher, über Kühlschränke – überall eben.

Eine Entwertung der Marke Xbox sehe ich hier nicht – im Gegenteil. Stattdessen wird "Xbox" als Synonym für Spieleaktivitäten von Microsoft immer präsenter und wird noch mehr mit leichtem Zugang zu vielen Spielen assoziiert.

Dass dadurch am Ende ein paar Konsolen weniger verkauft werden, ist sicher zutreffend, aber die Masse an Spieler*innen, die man dafür über andere Plattformen erreicht, gleicht das aus Microsofts Sicht wohl mehr als aus. Die Sorge einiger Xbox-Fans, ihr Erspartes womöglich für die falsche Konsole ausgegeben zu haben, ist mit der aktuellen Unklarheit allerdings zumindest nachvollziehbar.

Die Konsole ist nicht das Herzstück von Microsofts Strategie

Dennoch: Anders als bei PlayStation und Nintendo steht die Xbox-Konsole bei Microsoft schon länger nicht mehr im Mittelpunkt des Xbox-Ökosystems. Stattdessen ist sie einer von mehreren Einstiegspunkten in den Xbox-Kosmos: Konsole, PC, Smartphone und wenn es nach Microsoft geht, käme auch der Game Pass zu PlayStation und Nintendo. 

Das ist bisher zwar nicht der Fall, aber zumindest eine Reihe von Xbox-Spielen finden demnächst wohl ihren Weg auf die anderen Konsolen, um die Präsenz der Marke auszuweiten. Microsoft ist es egal, wo ihr Xbox spielt, hauptsache ihr spielt ein Xbox-Spiel.

Die Konsole hat allerdings weiterhin ihre Daseinsberechtigung, denn nur die Konsole oder der PC bieten aktuell das Premium-Erlebnis im Xbox-Ökosystem, denn das Game Pass-Abo in vollem Umfang und mit allen Perks bekommt man bis auf Weiteres nur dort.

Aber wer weiß, vielleicht irre ich mich auch und wenn Phil Spencer nächste Woche im Business Update die "Future of Xbox" vorstellt, kommt alles anders. Bis dahin sollten wir alle aber erst einmal durchatmen – und uns nicht in Weltuntergangsszenarien ergehen. 

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