LEGO, Action-Adventures, Jump & Runs, Beat 'em Ups, Puzzles, Racer, Lernspiele, Arcade Games. Es gibt (fast) kein Genre, in das Batman noch keinen Abstecher gemacht hat. Seit Kurzem gehören auch Adventures dazu, denn mit Batman: The Telltale Series hat der Dunkle Ritter nun auch die Welt der Telltale-Adventures betreten.
Die erste Episode hinterließ bereits einen guten Eindruck davon, ob und wie der grüblerische Superheld zur berüchtigten Telltale-Formel passt. Nach den ersten zwei Stunden, die ich mit dieser Kombination verbracht habe, steht für mich fest: Telltale ist das Beste, was Batman und vielleicht sogar Superheldenspielen hätte passieren können.
Batman & Ich
Vor ein paar Jahren kam ich auf die glorreiche Idee, herausfinden zu wollen, wie Batman eigentlich stirbt. Nie zuvor hatte ich einen Superheldencomic gelesen, aber irgendwo hatte ich gehört, dass den Fledermausmann das Zeitliche segnen sollte und wollte wissen, wie genau das passiert. Also beschaffte ich mir eine Ausgabe von Batman RIP und verstand... nichts.
Im Nachhinein war es sicherlich nicht die cleverste aller Ideen, meinen Einstieg in die Superheldenszene ausgerechnet mit Grant Morrison zu feiern, der für seine besonders komplexe Art des Storytellings berüchtigt ist. Abschrecken ließ ich mich davon aber nicht. Stattdessen beschloss ich, einfach von vorne anzufangen. Von vorne hieß in diesem Fall das Modern Age, das mit Frank Millers »Batman - Die Rückkehr des Dunklen Ritters began.
Von da an las ich alles, was auch nur im Entferntesten mit Batman oder der Bat-Family zu tun hatte. Alles.
Viele schlaflose Nächte, eine Tätowierung und ein großes Comic-förmiges Defizit auf meinem Konto später fand ich nicht nur heraus, wie Batman sein Ende findet (und was danach geschieht), sondern konnte auch eine konstant wachsende Spielesammlung mit seinem Namen mein Eigen nennen. Mein Favorit war dabei Batman: Arkham Asylum, das auf der gleichnamigen Graphic Novel beruhte, der ebenfalls von Grant Morrison stammt.
Batman vs. Arkham
Comic-Fans sind nicht die Einzigen, die die Arkham-Spiele als Meisterwerke sehen. Es handelt sich dabei schließlich nicht nur um sehr gute Comic-Adaptionen, sondern schlicht um großartige Action-Spiele, die fast jeden für sich begeistern können. Oder konnten, denn mit Batman: Arkham Knight fand die Reihe 2015 ihr Ende.
Batman: Arkham Knight ließ mich auf viele Arten gespalten zurück. Zu verdanken war das unter anderem dem übermäßigen Einsatz des Batmobils ebenso wie dem Mangel an spannenden Schurken, die das Bat-Universum so interessant machen. Obwohl Rocksteady viele Elemente fast zur Perfektion poliert hatte, fühlte es sich an, als wäre abseits des Batmobils wenig Platz für Neues.
Da es Batmans finales Abenteuer unter Rocksteady sein sollte, legte das Studio den Fokus auf ein besonders spektakuläres Ende, das keinen Raum ließ für andere Facetten des Dunklen Ritters, die nicht direkt zur Handlung beitrugen. Die Bedrohung, die Gotham City in Arkham Knight erfuhr, erforderte den fast übermenschlichen Superhelden und nicht den Detektiv mit der Maske. Arkham Knight war wie jedes Finale und jede Fortsetzung darauf angelegt, größer und actionreicher als sein Vorgänger zu sein.
Daher ist es so unglaublich angenehm, dass Batman: The Telltale Series, der nächste Bat-Titel nach Arkham Knight, eine Steigerung erst gar nicht versucht, sondern eine komplett andere Richtung einschlägt.
Zurück zu den Wurzeln
Telltale-Spiele sind dafür bekannt, den Fokus weniger auf die Spielmechanik und stattdessen vielmehr auf ihre Handlung zu legen. Obwohl Batman: The Telltale Series einige spannende neue Mechaniken in die angestaubte Formel des Entwicklers gebracht hat, ist der Story-Fokus überdeutlich. In vielerlei Hinsicht fühlt sich das neueste Batman-Spiel wie ein spielbarer Comic an, der den Spuren von Graphic Novels wie Jeph Loebs »Batman: Das lange Halloween« oder »Dark Victory folgt.
Anstatt sich nur auf Batman zu konzentrieren, geht es ebenso um Bruce Wayne. Der ist gerade noch dabei, sich als Dunkler Ritter zu etablieren, während er sich nebenbei mit finsteren Gerüchten um seine Familie konfrontiert sieht. Diese lassen Zweifel an allem aufkommen, an was er bisher glaubte und bedrohen somit nicht nur den Mann hinter der Maske, sondern gleichzeitig auch Batman.
Anders als in allen anderen Bat-Spielen zuvor, ist die Bedrohung in Batman: The Telltale Series deutlich realistischer und greifbarer und lässt den Dunklen Ritter sehr viel verletzlicher zurück, als die meisten Superschurken es je konnten.
Anstatt typische Superbösewichte mit abgedrehten Spleens wie Riddler, Scarecrow oder Mr. Freeze zu präsentieren, müssen sich sowohl Batman als auch Bruce Wayne mit dem organisierten Verbrechen herumschlagen, das seine Klauen tief in Gotham geschlagen hat. Somit wird Batman: The Telltale Series zu einer klassischen Detective-Comics-Geschichte, den die meisten Batman-Spiele höchstens in eine Nebenmission zu zwängen versuchen.
Eine andere Art von Superheldenspiel
So großartig ich die Arkham-Spiele fand, bläst Telltales Batman frischen Wind ins Genre der Superhelden-Spiele, da dieses Mal eben nicht explosive Action im Vordergrund steht. Die Geschichte erinnert daran, warum sich Bruce Wayne überhaupt erst dazu entschied, sich eine Maske aufzusetzen und für Gerechtigkeit auf den Straßen Gothams zu sorgen - lange bevor die ersten Superschurken aus dem Untergrund krochen.
Telltale zeigt mit Batman: The Telltale Series, dass auch eine andere Art von Superheldenspiel möglich ist. Eines, das nicht durch Action hervorsticht, sondern den Fokus auf Handlung und Charaktere legt. Batman ist hier gleichzeitig eine logische, aber auch eine sehr konservative Wahl. Gerade die Tatsache, dass er einer der beliebtesten Superhelden aller Zeiten ist, lässt ihn nahezu überall auftauchen, was aber auch bedeutet, dass wir seine Geschichte schon unzählige Male in unzähligen Variationen gesehen haben.
Während das Hardcore-Fans wenig stört, ist es dennoch gut zu sehen, dass gerade das Medium Spiel eine neue Herangesehensweise an den Dunklen Ritter wagt - noch dazu eine, die auf den Joker zu verzichten scheint.
So sehr ich den Clown Prince of Crime als Charakter mag, ist seine Omnipräsenz im DC Universe mit der Zeit Gewohnheit, ja sogar fast schon langweilig geworden. Kein Spiel oder Film scheinen ohne ihn auszukommen. Seine Beliebtheit ist das Sicherheitsnetz für alle Risiken, die vielleicht eingegangen werden. Mit Sicherheit mag er zu den faszinierendsten Charakteren rund um Batman zu gehören, trotzdem ist es schade, dass er viele der nicht minder interessanten Schurken rund um die Fledermaus immer wieder aus dem Rampenlicht und in kleine Sidequests drängt.
Umso erfrischender ist es, dass Batman: The Telltale Series völlig auf ihn verzichten könnte. Sicher, wir konnten erst die erste Episode spielen und daher noch wenig darüber sagen, ob er nun auftaucht oder nicht. Im aktuellen Aufbau der Geschichte würde seine Abwesenheit allerdings Sinn ergeben und nur von der eigentlichen Handlung ablenken.
Im Kern ist Batman: The Telltale Series weniger eine Superhelden- und vielmehr eine Detektivgeschichte im Superheldengewand. Sie ist ein Schritt in eine Richtung, die wir dank der unzähligen Action-Blockbuster auf der Leinwand und auf unseren Konsolen nicht mehr gewohnt sind. Telltale erinnert daran, dass auch mit Superhelden Geschichten erzählt werden können, die nicht unbedingt in die Popcornkino-Kategorie fallen.
Egal wie sehr ich die Arkham-Spiele mochte, ich bin dankbar für die Abwechslung, die ein Spiel wie Batman: The Telltale Series einem meiner liebsten Superhelden (und somit mir) endlich bietet. Telltale zeigt, dass Superheldengeschichten auch anders aussehen können. Dass es nicht immer um die Rettung der Welt gehen muss und dass es nicht immer Superschurken sind, die eine Stadt bedrohen.
Manchmal sind es nur Männer mit sehr viel Geld, die nicht gewillt sind, ihre daraus entstehende Macht zu teilen und die darüber hinaus ihre Menschlichkeit vergessen. Gerade um diese Menschlichkeit geht es aber in Batman: The Telltale Series und ich bin gespannt, ob und wie Telltale dieses Potenzial, das Superheldenspiele für immer verändern könnte, letztendlich nutzt.
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