Linearer Ablauf
Negativ fällt dagegen auf, wie linear der DLC im Vergleich zum Hauptspiel verläuft: Die Entwickler treiben uns meist strikt von einer Szene zur nächsten. Zwar gibt es einige Nebenmissionen, in denen wir zum Beispiel Gefangene aus einem Konvoi befreien. Wirklich abwechslungsreich sind die Aufgaben abseits der Haupthandlung aber nicht.
Für zusätzliche Motivation sorgen eher die Nebenziele, welche in die Hauptquests eingebaut sind: Wer sich zum Beispiel in eine Festung schleicht und dabei keinen Alarm auslöst, erreicht bei der Level-Abrechnung die volle Synchronität - ein Fall für Perfektionisten. Kaufleute gucken dagegen in die Röhre: Ubisoft hat das Handeln komplett gestrichen. Rathonhake:ton stockt stattdessen seine Vorräte auf, indem er überall verteilte Schatzkisten plündert.
Todesschwinge
In der Episode »Der Verrat« erkundet der Held rund zwei Stunden lang die Stadt Boston und erlernt die Macht des Adlers. Die bringt gleichzeitig die größte Veränderung: War das Klettern, Spurten und Springen stets ein wichtiger Teil von Assassin's Creed, fliegen wir nun einfach über die Dächer der Stadt.
Frei flattern kann Rathonhake:ton aber nicht, er visiert stattdessen spezielle Haltepunkte an Hausdächern und Mauervorsprüngen an. Ganz ähnlich wie der Teleport in Dishonored also, zumal der Adlerflug auch in Die Tyrannei von König Washington nur über eine gewisse Distanz funktioniert.
Die Adlerschwingen sind gleichzeit eine Waffe: So wie die Kanten von Hausdächern nehmen wir auch Feinde ins Visier - und stürzen uns als Adler auf sie. Das sieht nicht nur cool aus, sondern macht auch jede Menge Spaß.
Hänger in Boston, Hochform in New York
Schade hingegen: Im Vergleich zur ersten Episode hängt die Story des Mittelstücks etwas in den Seilen. Wenn Rathonhake:ton in Boston Kuriere beschattet oder für Benjamin Franklin Hufeisen aus besonderem Metall stiehlt, dann ist das alles nur die große Vorbereitung für den Showdown in Episode 3. Und der finale Kampf in Boston lässt sich sogar mit einem einzigen Knopfdruck gewinnen - an manchen Stellen machen die magischen Kräfte das Spiel eben doch zu einfach.
Zur Hochform läuft das Download-Abenteuer schließlich in der rund zwei Stunden langen finalen Episode »Die Vergeltung« auf. Der verrückte König Washington hat sich in New York in seiner Festung verschanzt, während das Volk in den Straßen verhungert oder von den Blauröcken exekutiert wird. Als wir uns schließlich mit den Aufständischen verbünden und den Angriff vorbereiten, fühlen wir uns endlich wie ein echter Rebell - und sind bereit, den Tyrannen Washington von seinem Thron zu stürzen.
Showdown am »Big Apple«
Auch spielerisch ist die dritte Episode die intensivste: Rathonhake:ton rammt nun mit der Kraft des Bären seine Fäuste in die Erde und tötet damit alle Feinde im Umkreis von fünf Metern. Es ist die perfekte Ergänzung zu den anderen beiden Fähigkeiten. Sich mit dem Wolfsmantel oder den Adlerschwingen in Position begeben, dann mit der Bären-Tatze zuschlagen - so mächtig haben wir uns noch in keinem Assassin's Creed gefühlt. Und damit auch das nicht zu leicht wird, hetzen uns die Entwickler jede Menge feindliche Soldaten auf den Hals.
Nach dem großen Showdown gelingt den Entwicklern noch ein letzter Kunstgriff in Sachen Story, den wir lobend erwähnen, aber natürlich nicht verraten. Offen sagen können wir dagegen, dass am Ende ein gutes Gefühl bleibt,nämlich ein Abenteuer erlebt zu haben, das einen echten Mehrwert besitzt. In Sachen Story und Spielmechanik zeigt es ganz neue Seiten der Welt von Assassin's Creed - so wie es bei einem guten DLC sein sollte.
Fazit
Benjamin Blum: Schon beim Treffen mit den Entwicklern vor einigen Monaten war es zu spüren: Ubisoft schustert hier nicht einfach DLC-Dutzendware zusammen, sondern lässt seiner Kreativität freien Lauf. Und das Endergebnis kann sich sehen lassen. Genau genommen hatte ich mit keinem der »echten« Assassin's-Teile so viel Spaß. Denn nirgendwo sind die Figuren so schön überzeichnet wie der verrückte Washington. Und nirgendwo fühle ich mich so mächtig wie als unsichtbarer Wolfskiller oder Todesadler.
Allerdings wackelt an manchen Stellen die Balance, wodurch das tierische Indianer-Abenteuer oft zu leicht wird. Insgesamt ist die Tyrannei von König Washington aber ein Musterbeispiel für einen DLC, der bewährte Stärken mit neuen Ideen kombiniert. Jetzt würde normalerweise die Kaufempfehlung folgen - doch die 30 Euro sind bei rund sechs Stunden Spielzeit trotz hoher Qualität einfach zu viel.
Schon klar, Crysis 3, Call of Duty & Co. sind je nach Spielweise auch nicht viel länger und kosten sogar Vollpreis, bieten aber noch besser inszenierte Kampagnen und interessante Multiplayer-Modi. Das Washington-Abenteuer entwickelt dagegen nur für Perfektionisten, die auch alle Nebenziele erfüllen wollen, einen gewissen Wiederspielwert. Ansonsten hinterlässt es den faden Beigeschmack eines Experiments, wie viel Geld Ubisoft den Spielern mit Download-Kapiteln denn noch aus der Tasche ziehen kann. Nur als Teil der George Washington Edition sind die DLCs halbwegs fair eingepreist - schließlich gibt's da noch das Hauptspiel mit dazu.
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