Manga ist nicht gleich Manga. Und Anime ist nicht gleich Anime. Fans fernöstlicher Animationen rollen mit den Augen, wenn sie immer und immer wieder hören müssen: Anime sieht doch immer gleich aus! Klar, es gibt sicher diesen gewissen generischen Stil, der sich bei billigen Produktionen wiederholt.
Aber gute Anime-Künstler verleihen mit ihrer Feder einen eigenständigen Charakter. Einen erkennt man immer wieder, selbst wenn man mit Manga nicht viel am Hut hat: Akira Toriyama.
Von Dragon Quest bis Chrono Trigger
Der legendäre Zeichner ist mittlerweile 64 Jahre alt und ist mit Dragon Ball international bekannt geworden. Spielern dürfte er aber vor allem mit Dragon Quest am meisten aufgefallen sein. Seit Beginn der Rollenspielserie drückt er mit seinem Charakterdesign dem JRPG einen unverkennbaren Stempel auf. Bei Chrono Trigger und Blue Dragon hatte Toriyama seine Finger ebenfalls im Spiel.
Doch wie sieht sein Stil eigentlich aus? Na, da sind erst einmal die großen Augen natürlich. Sehr große, oft in die Höhe gezogene Augen! Toriyama liebt Slapstick, und seine ausdrucksstarken Charaktere bieten dabei einen drolligen Blick.
Sie schielen in manchen Situationen sogar ein bisschen, was ihnen Naivität verleihen soll. Trotz extremer Kämpfe mit überdimensionalen Energieexplosionen wirken die Charaktere durch solche Momente menschlich.
Rund und weich
Ein weiterer Aspekt: Fast alles an Toriyamas Stil ist rund. Reduziert man Goku auf geometrische Formen, werden seine Körperelemente zu Ovalen und Kreisen. Kopf, Oberkörper, Arme - alles wirkt rundlicher als bei anderen Manga. Sogar Fahrzeuge bestehen fast nur aus kreisförmigen Elementen.
Man braucht bloß Raumschiffe oder Mecha aus anderen Serien gegenüberzustellen: Die riesigen Kampfmaschinen aus Neon Genesis Evangelion etwa sind spitz und scharfkantig. Man hat fast das Gefühl, man kann sich an ihrer Oberfläche schneiden. Toriyama hingegen lässt sein Universum weich und angenehm erscheinen.
Jackie Chan als Vorbild
Wenn spitze Elemente vorkommen, dann ebenso um Gefahr zu signalisieren. Sogar an Goku selbst: Seine Frisur ist zackig, denn obwohl der Kämpfer ein gutes Herz hat, wohnt geballte Kraft in ihm. Die Körperform von Gegnern ist auch nicht kugelförmig, sondern eckig. Wobei Ausnahmen die Regel bestätigen: Runder als Majin Boo ist vermutlich niemand.
Piccolos ursprüngliches Kostüm hat zum Beispiel eckige Schulterpolster, die weit abstehen. Das kombiniert Toriyama mit ausdrucksstarken Körperhaltungen.
Bereits in seinen ersten Arbeiten aus den 80ern zeichnet er beeindruckende Kämpferposen. Kein Wunder, denn Toriyama ist ein großer Fan von Kung-Fu-Filmen, allen voran von Jackie Chan. Von dem hat er sicher die eine oder andere Pose gelernt.
Meisterhafter Lesefluss
Dragon Ball war schon vor der Anime-Serie beliebt. Das liegt vor allem an Toriyamas geschicktem Arrangement der Panels. Er berücksichtigt mit größter Sorgfalt die Leserichtung. Worte, Laute, Bewegungen, ja, sogar Parallelhandlungen zeichnet er immer so, dass sie in ihrer Reihenfolge eine ganze Handlung ergeben.
Von links nach rechts gelesen bedeutet das zum Beispiel: Erst holt die Faust des Gegners aus, die Bewegungslinien führen auf Goku, der springt nach oben und ruft: "Zu langsam!". Würde man diese Elemente tauschen, müsste man zweimal hinsehen, aber Toriyama hält den Lesefluss aufrecht. Wer öfter Manga liest, weiß: Die Panels manch anderer Werke wirken manchmal konfus, überfrachtet, unstrukturiert. Bei Toriyama ist das nie der Fall.
Auch Toriyama verändert sich
Mit der Zeit hat sich der Zeichenstil von Dragon Ball allerdings gewandelt. Die Charaktere in Dragon Ball Super haben realer wirkende Körperproportionen. So manch einer mag behaupten, dass mit den neueren Serien auch der Enthusiasmus und die erzählerische Qualität von Toriyama abgenommen hat - aber das ist ein Thema für einen anderen Artikel.
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