Optimismus trotz übriger Probleme
Obwohl umfassende Accessibility-Optionen noch kein Industriestandard sind, und Social Media-Auftritte von Studios noch Verbesserungsbedarf haben, ist Jenkins mit dem Stand der Dinge zufrieden. "Immer mehr Leute reden darüber und wir sehen die ständig wachsende Zugkraft des Themas, sogar in Mainstream-Publikationen wie IGN oder Kotaku."
Zudem haben die jährlich stattfindenden Game Awards mittlerweile eine eigene Kategorie eingeführt, die Innovationen in Zugänglichkeit auszeichnen soll. The Last Of Us: Part 2 hat vergangenes Jahr in dieser Kategorie gewonnen, zum Beispiel für seine zahlreichen Optionen für seh- und hörgeschädigte Personen oder Menschen mit motorischen Problemen.
Und auch die Zahl der Studios mit dedizierten Accessibility-Teams nimmt zu. "Bei Ubisoft oder Square Enix arbeiten zum Beispiel mehrere Vollzeitangestellte an der Zugänglichkeit aller Spiele", ergänzt sie.
Craven ist ebenfalls optimistisch. "Ich bin glücklich mit dem Stand der Accessibility in Spielen. Das Wachstum von CIPT und die Fortschritte der Industrie, allein in den vergangenen zwei Jahren, war wirklich aufregend."
Ein Blick auf den Anfang von CIPT verstärkt die Freude. "Damals hat meine Partnerin immer gefragt: Kann ich das spielen? Und die Antwort war meistens: Wahrscheinlich nicht." Das sei nicht länger der Fall. "Würde mir heute jemand dieselbe Frage stellen, würde ich sagen: Ja, höchstwahrscheinlich."
Zugänglichkeit hilft allen
Doch warum sollten sich Menschen für Accessibility einsetzen, die nicht auf sie angewiesen sind?
Jenkins hat eine klare Antwort: "Accessibility hilft allen." Das erklärt sie anhand junger Eltern. "Stell dir vor, dein Neugeborenes schläft neben dir und du möchtest es beim Spielen nicht aufwecken. Dann schaltest du einfach deinen Fernseher stumm und Untertitel an."
Ein weiterer Grund ist, dass jede Person jederzeit behindert werden kann, sei es permanent oder temporär: "Wer sich zum Beispiel einen Arm bricht, kann vielleicht wochenlang mit nur einer Hand spielen." In diesem Fall wären Spiele wie die jüngsten Pokémon-Ableger, Schwert und Schild, gefragt, die eine einhändige Steuerung ermöglichen.
Auch das Alter spielt eine zunehmend größere Rolle. In Deutschland lag der Altersschnitt aller Spieler*innen im Jahr 2020 bei 37 Jahren- sechs Jahre mehr als noch im Jahr 2014. Ein Trend, der sich wahrscheinlich weiter nach oben bewegen wird. Damit gehen zwangsweise altersbedingte Probleme einher. "Möglicherweise kämpfst du dann mit Gelenkschmerzen und hast Schwierigkeiten mit Button Mashing. Dann brauchst du Spiele, die dich diese Teile überspringen lassen", so Jenkins.
Missverständnisse müssen der Vergangenheit angehören
Dass Spiele durch solche Features verändert werden, oder die vermeintliche Absicht der Entwickler*innen verwässern, wie es in manchen kleinen Kreisen heißt, verneint Craven. "Das sind Optionen. Wer nicht auf sie angewiesen ist, kann sie ignorieren. Es geht uns ausschließlich darum, überhaupt Zugang zu Spielen zu haben."
Damit solche Missverständnisse künftig der Vergangenheit angehören, sei laut Craven eines besonders wichtig: Die Stimmen von behinderten Content Creators, Journalist*innen oder sonstigen Personen zu verstärken, Accessibility-Arbeit leisten und mit ihnen zusammenzuarbeiten.
"Das ist eine Konversation, die nicht mehr verschwinden wird. Besonders, je besser die Technologie wird. Wir werden mehr und mehr Dinge verbessern können, aber auch konstant weitere Dinge lösen müssen, die Barrieren sein könnten."
Eins scheint also sicher zu sein. Spiele und der Austausch über sie werden konstant zugänglicher und damit zu einem offeneren Raum für alle. Seien es die Leser*innen von CIPT, Streamer*innen wie das Team von Chronically Badass, deren Publikum oder einfach Menschen, die ihrem liebsten Hobby nachgehen möchten - unabhängig ihrer Fähigkeiten.
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