"Festgefahren in der Erde, steht der Truck in Lehm gebannt." Hätte Friedrich von Schiller 1799 ein Gedicht über Spintires: Mud Runner geschrieben, es hätte wohl so begonnen. Denn bei dieser Geländefahrsimulation geht's darum, alte Ostblock-LKW und SUVs durch die Botanik zu bugsieren, ohne dass sie im Morast steckenbleiben, im Fluss absaufen, von hölzernen Minibrücken purzeln, schlicht umkippen oder mangels Sprit verenden.
Mud Runner präsentiert sich dabei als Sandkasten für große Jungs mit ausgeprägtem Schmutzfimmel, kurz: Offroad-Fans. Im Mittelpunkt steht weniger das Spiel, sondern vielmehr die Essenz des Fahrens. Doch auch dem normalen Otto-Motor-Verbraucher erschließt sich möglicherweise die Faszination, falls er über ein sonniges, geduldiges Gemüt verfügt. Aller Laster Anfang ist nämlich schwer.
Ich und mein Holz
Das Herzstück der Simulation bilden sechs Karten, von denen zu Beginn zwei freigeschaltet sind. Es handelt sich um klassische Sandbox-Maps, virtuelle Fahrer dürfen sich darauf also frei bewegen, um sie zu erkunden. Anders als etwa der ähnlich geartete Euro Truck Simulator 2 (PC) bietet Spintires keine Karriere als Firmenchef. Im Grunde gilt es lediglich, Sägewerke mit Holz zu versorgen.
Der Spieler sammelt es bei Punkt A ein, eiert durch ein russisches Naturschmutzgebiet und transportiert die Stämme nach B. Findet er auf den je einen Quadratkilometer großen Arealen einsame Vehikel, nimmt er sie als Belohnung in den zunächst drei Fahrzeuge kleinen Fuhrpark auf. Außerdem aktiviert unser Holzmichel gesperrte Werkstätten, indem er sie mit Equipment beliefert. Sie dienen dann als Stützpunkte und machen beschädigte Brummis heile.
Was lange währt, wird gut
Klingt soweit alles fruchtig leicht. Allerdings vergehen oft Stunden, bis das erste Holz vor der Hütte des Sägewerks landet. Auch weil der Konsolenbesitzer zeitweise im Schmutze der Nacht unterwegs ist, also bei schlechter Sicht. Spintires entpupptsich dabei so ziemlich als das genaue Gegenteil von einem Rennspiel, als Schleichspiel quasi.
Unken rufen deshalb vielleicht "Laaangweilig!", doch das wäre kurzsichtig. Ja, man tuckert 90 Prozent der Zeit mit dem Ruhepuls einer Leiche durch die Walachei. Wenn sich dann aber der vollbeladene Anhänger kurz vorm Ziel aufschaukelt und die Meinung vertritt, den schiefen Turm von Pisa mimen zu müssen, steppt das Adrenalin.
Hier hilft oft nur noch der Griff zu den Herztropfen oder zur Seilwinde des LKW. Dafür macht ein erstes Erfolgserlebnis all das Leid, den Schweiß und die Tränen vergessen, wie das eben so ist bei einer schweren Geburt.
Straße des Todes
Die herausragende Fahrphysik von Spintires ist in Kombination mit dem verformbaren Terrain ein Geschenk, das mit großen Herausforderungen einhergeht. Ebendies gilt auch für die Challenges, bei denen der Spieler vertruckte Aufgaben erfüllt. Ein Sterne-Bewertungssystem bringt hier einen gewissen Wiederspielwert mit sich.
Die dritte von neun Missionen ist dabei übrigens ein Musterbeispiel für die abgrundtiefe Spintire'sche Boshaftigkeit. Der Hügel, den wir hier hinauffahren müssen, kristallisiert sich als der kleine Bruder der Yungas Road in Bolivien heraus, auch El Camino de la Muerte genannt, die Straße des Todes. Serpentinen, zehn Zentimeter breit, wie erwähnt: abgrundtief.
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