Oft sind es doch die kleinen Dinge im Leben, die uns die größte Freude bereiten. Ein Blümchen auf der Fensterbank zum Beispiel, das dem grauen Wohnzimmer etwas mehr Farbe und Seele verleiht. Oder das Dragon Quest-Spinoff Dragon Quest Builders, das mich Anfang 2016 ebenso entzückte und schon nach wenigen Spielstunden komplett verzauberte.
Zwei Jahre nach dem Release für PS4, PS3 und Vita hat es Dragon Quest Builders auch auf die Nintendo Switch geschafft. Und wieder bin ich begeistert vom simpel-genialen Konzept des Spiels. Das Sandbox-Rollenspiel schnappt sich das grundlegende Klötzchenbau-Prinzip von Minecraft, verbindet es mit einem einfachen RPG-System und dekoriert das Ganze mit Story-Quests im klassischen Dragon Quest-Gewand. Square Enix hat ein echtes Schmuckstück erschaffen, das zwar auch auf der Switch nicht ganz fehlerfrei ist, aber zur Konsole passt wie der Ikea-Bleistift in die Hosentasche.
Von dunklen Herrschern & strahlenden Hammerschwingern
Dragon Quest Builders versetzt euch nach Alefgard, das Serienfans bereits aus dem allerersten Dragon Quest kennen. Inzwischen wurde die Welt allerdings vom dunklen Drachenfürsten in Schutt und Asche gelegt. Graue Wolken überschatten das Land, Städte und Schlösser sind zerfallen. Monster laben sich an ihren Überresten. Die einzige Hoffnung? Ein strahlender Held!
In ranzigen Lumpen und nur mit einem Stöckchen bewaffnet wacht ihr nach der Erstellung eures Recken in einem dunklen Erdloch auf. Eine Stimme in eurem Ohr flüstert euch zu: "Ihr seid der Erbauer und nur ihr habt die Kraft, Alefgard wieder zu errichten und ihm zu altem Glanz zu verhelfen!". Die Geschichte ist alles andere als originell. Aber sie erfüllt einen entscheidenden Zweck: Sie nimmt euch an die Hand. Wer sich von der schier endlosen Freiheit von Sandbox-Titeln wie Minecraft überfordert fühlt, darf sich hier mit Anleitung kreativ austoben.
Dragon Quest Builders auf der Switch
Die Nintendo Switch-Version von Dragon Quest Builders kann optisch und performancetechnisch nicht ganz mit der PS4-Fassung mithalten. Die Kantenglättung ist auf der Sony-Konsole minimal besser. Während Dragon Quest Builders auf der PS4 mit einer Auflösung von 1080p läuft, erreicht die Switch-Fassung sowohl angedockt als auch im Handheld-Modus 720p. Am Ende des Tages sind die technischen Unterschiede aber gering. Gemessen an der Hardware der Switch ist Dragon Quest Builders ein sehr guter Port. Das Spiel läuft butterweich und sieht im Handheld-Modus sowie auf dem TV fantastisch aus.
Inhaltliche Unterschiede zwischen den Versionen gibt es nur wenige. Neben der Kampagne könnt ihr im Free Roam-Modus Terra Incognita frei Schnauze bauen und anschließend eure Werke auch auf der Switch online mit anderen Spielern teilen. Neu sind allerdings einige zusätzliche Crafting-Optionen sowie der Great Sabrecub, ein klassisches Dragon Quest-Monster, auf dem ihr reiten dürft. Außerdem erhaltet ihr dank eures Kumpels spezielle Materialen, nachdem ihr Monster besiegt habt.
Werkeln mit Plan
Die Kampagne unterteilt sich in insgesamt vier Kapitel. Jedes einzelne versetzt euch in einen anderen Abschnitt von Alefgard, mit eigener Nebengeschichte, eigenen Charakteren und eigener Siedlung, die ihr wieder aufbauen müsst. Das Abenteuer beginnt in einem saftig-grünen Gebiet von Cantlin. Aus eurem Loch gekrochen erreicht ihr auch schon euer erstes Projekt: Eine Siedlung, die nur noch ein trostloses Fleckchen lückenhaft aufeinander gestapelter Stein- und Erdblöcke ist.
Wild drauf los zimmern und euer Städtchen von jetzt auf gleich in ein Prachtmetropole verwandeln könnt ihr allerdings nicht. Crafting-Optionen und Materialien schaltet ihr nämlich erst nach und nach frei, indem ihr Quests absolviert und euch die Spielwelt stückweise erschließt.
Bewohnerin Pili will, dass ihr ein Ankleidezimmer für sie errichtet? Dann habt ihr nach Annehmen der Quest einen Geistesblitz und wisst, dass man für einen Kleiderschrank Kupferbarren, Holz und Seile braucht. Ihr seid der Bitte von Roy nachgegangen und habt die Siedlung vor einer Welle angreifender Monster beschützt? Ihr werdet mit einem Teleporter belohnt, der euch in die Wüste schickt. Ein ganz neues Gebiet von Cantlin, in dem ihr ganz andere Materialien für weitere Kreationen findet.
Je mehr Quests ihr erfüllt, desto mehr könnt ihr bauen. Anstatt dass ihr euren Charakter in klassischer Rollenspiel-Manier auflevelt, lasst ihr eure Crafting-Liste und euren Spielraum in der Welt wachsen. Und genau das macht Dragon Quest Builders so verdammt motivierend. Die Story-Quests weisen den Weg und belohnen euch mit mehr Macht und mehr Möglichkeiten, die Welt zu verändern. Es ist noch kein strahlender Hammerschwinger vom Himmel gefallen. In Dragon Quest Builders erarbeitet ihr euch diesen Status stückweise.
Bosse, die an Bauwerken & Nerven kratzen
Doch so belohnend die Kombination von Quest-System und Crafting ist, so belanglos ist das Kampfsystem. Mit der Waffe kloppt ihr solange auf klassische Dragon Quest-Monster wie Skelette und Wüstenskorpione ein, bis sie sterben. Gleichzeitig achtet ihr auf eure Verteidigung, um euren eigenen Tod zu verhindern. Sehr dumpf und eher unspannend. Um Crafting-Materialien zu gewinnen, müsst ihr euch aber zwangsläufig mit einfachen Standardgegnern anlegen, die in der Spielwelt kreuchen und fleuchen. Aber was tut man nicht alles für Fleisch oder ein Bündel Stofffetzen, das sich zu einem schicken neuen Gewand stricken lässt.
Von seiner schwächsten Seite zeigt sich Dragon Quest Builders allerdings in den Bosskämpfen. Am Ende eines jeden Kapitels müsst ihr eure Siedlung vor einem zerstörungswütigen Endgegner beschützen. Fieslinge wie ein Golem oder der Hadeskondor scharren nur mit ihren gigantischen Füßen, um euer mit viel Schweiß, Spucke und Schaffenskraft hochgezogenes Baby wieder einzustampfen. Die Bosskämpfe sind nicht nur spielerisch unnötig zäh und langatmig, sondern auch fürchterlich frustrierend, weil euer gesamtes Projekt der letzten zehn bis 15 Spielstunden auf dem Spiel steht. Dragon Quest Builders will hier mehr (Action)Rollenspiel sein als es ist, und untergräbt dadurch seine größten Stärken.
Weil das Sammeln, Looten und Bauen in Dragon Quest Builders aber so fesselnd ist, lassen sich die Schwächen des Spiels dennoch verzeihen. Dragon Quest Builders ist ein Schatz, bei dem es auch euch schwer fallen wird, jemals wieder die Finger davon zu lassen. Handwerker-Ehrenwort.
Alleine wegen des mobilen Aspekts habe ich die Nintendo Switch-Fassung von Dragon Quest Builders am Ende sogar etwas mehr ins Herz geschlossen. Ich liebe es einfach, mich mit dem Spiel und einem Tee unter die Decke zu verkriechen. Und Montage sind plötzlich viel schöner, wenn ich in der U-Bahn an der Inneneinrichtung der Wohnungen meiner Stadtbewohner feile, während die anderen Leute muffig zur Arbeit fahren. Es sind eben die kleinen Dinge im Leben.
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