Dicey Dungeons im Test: Dieses Würfel-Highlight hätten wir fast übersehen

Mit raffinierten Regeln und flotten Sprüchen glückspielt sich dieser Geheimtipp für Xbox-Konsolen und Nintendo Switch in unsere Herzen.

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Die heimlichen Hauptfiguren in Rollenspielen sind Würfel eigentlich schon immer. Egal ob sechs- oder mehrseitig oder aus Plastik, Holz sowie Glas – wenn es um das Auswürfeln von Charakterwerten oder den Ausgang von Kämpfen geht, sind die handlichen Zufallsgeneratoren unabdingbar. Und ja, das gilt auch und erst recht für Videospiele, auch wenn sich da die Würfel natürlich im Programmcode verbergen. 

Höchste Zeit, dass jemand diese heimlichen Helden ans Licht holt und in ein eigenes Abenteuer setzt. Genau das passiert im Knobel-Rollenspiel-Roguelite Dicey Dungeons für Xbox-Konsolen und die Nintendo Switch, in dem ihr sechs tapfere Würfel in die grausame Arena von Lady Fortuna schickt. Auf einer Übersichtskarte wählt ihr den nächsten Gegner aus, dann kommt es zum rundenweisen Schlagabtausch. Der Clou: Über den Sieg entscheidet hier nicht etwa das Wurfglück, sondern euer Grips und eure Kombinationsgabe.

Glückloses Kampfsystem

Natürlich stehen bei Dicey Dungeons Würfel im Zentrum des Kampfsystems. Jeder Kämpfer – egal ob wir selber oder Gegner – hat ein Repertoire an Ausrüstung und Fertigkeiten,  dargestellt durch farbige Kacheln auf dem Kampfbildschirm. Die auszulösen bedarf jedoch passender Würfel. Da gibt es etwa Dolche, die nur mit unter drei Punkten funktionieren. Oder einen Blitzhammer, der gefüttert mit einer Sechs sogar noch zusätzlichen Schockschaden verursacht.

Dieser Pirat bekommt gleich den Schockhammer des Erfinder-Würfels zu spüren, der eine gegnerische Fähigkeit lähmt. Dieser Pirat bekommt gleich den Schockhammer des Erfinder-Würfels zu spüren, der eine gegnerische Fähigkeit lähmt.

Immerhin lassen uns manche Fähigkeiten Würfel auch kombinieren (aus zwei Dreien wird dann eine Sechs) oder aufspalten. Im Lauf einer Abenteuer-Episode verdienen wir bis zu fünf Würfel, sodass wir am Ende gut überlegen müssen, welche Augenzahl wir wie einsetzen. Erschwerend kommt hinzu, dass manche Fähigkeiten nur mit geraden beziehungsweise ungeraden Augenzahlen funktionieren. Wer hier nicht zu Beginn jeder Runde scharf überlegt und mögliche Kombinationen im Kopf durchspielt, hat eigentlich schon verloren. 

Story? Vorhanden.

Ein gutes Rollenspiel braucht bekanntlich eine packende Story und ausgefeilte Charaktere. Demnach dürfte Dicey Dungeons kein gutes Rollenspiel sein, denn die Story ist denkbar simpel: Die Glücksgöttin Lady Fortuna schickt fünf Helden (plus einem freischaltbaren) in jeweils sechs Abenteuer-Episoden – fertig! Ähnlich flach bleiben die Helden, die ohne Hintergrundgeschichte oder Zusatzinformationen ins Rennen gehen.

Lady Fortuna schickt uns mit schadenfrohen Kommentaren in das Würfelabenteuer. Lady Fortuna schickt uns mit schadenfrohen Kommentaren in das Würfelabenteuer.

Lediglich unterschiedliche Charakterklassen haben die Protagonisten, doch genau die machen Dicey Dungeons zusätzlich interessant. Es macht einen riesigen Unterschied, ob ihr als Krieger, Dieb, Roboter, Erfinder oder Hexe antretet. Jede Klasse hat nämlich eine eigene Ausrüstungs-Grundausstattung sowie besondere Kniffe auf Lager.

Der Dieb klaut sich etwa pro Kampfrunde eine gegnerische Fähigkeit und kann die dann selbst einsetzen. Als Erfinder hingegen können wir standardmäßig zwei Würfel zu einem neuen kombinieren und dürfen nach jedem gewonnenen Kampf einen Gegenstand so upgraden, dass er ganz ohne Würfel funktioniert. Und der Roboter dagegen bekommt keine Würfel hingelegt, vielmehr müssen wir uns die in einem Mini-Geschicklichkeitsspiel auf einer Skala selber herdrücken – inklusive dem Risiko, dass wir die Skala überdrehen und in einer Runde überhaupt keinen Würfel bekommen. 

Ständig neue Regeln!

Die Herausforderungen von Lady Fortuna sind in 36 Episoden unterteilt, also sechs für jeden Helden. Die werden nicht nur immer kniffliger, jedes der Abenteuer hält zudem eine oder mehrere Zusatzregeln bereit. Da dürfen zum Beispiel nie zwei Würfel mit gleicher Augenzahl liegen, eine dringend benötigte zweite Sechs verschwindet dann einfach. Oder ihr könnt zwar mit einer Zusatzfähigkeit den Wert eines Würfels erhöhen, das gilt dann aber für alle – dann funktioniert aber vielleicht eine andere Fähigkeit nicht mehr.

Jede der 36 Episoden besteht aus fünf solcher zunehmend komplexer werdenden Karten und einem Bossgegner. Jede der 36 Episoden besteht aus fünf solcher zunehmend komplexer werdenden Karten und einem Bossgegner.

Diese Regeländerungen halten einen ständig auf Trab. Eine eben noch super funktionierende Strategie ist in der nächsten Episode schon eine Scheitergarantie. Durch die Kombination aus Charakterunterschieden und immer neuen Herausforderungen spielt sich Dicey Dungeons deshalb immer wieder erfrischend anders, und man will nicht aufhören, bis man alle Episoden gesehen hat. Doof nur, dass dann wirklich Schluss ist und man auf Nachschub durch die Entwickler angewiesen ist, etwa mit den Halloween-Episoden. Ein Episoden-Editor mit Community-Funktion würde hier für langfristigeren Spielspaß sorgen.  

Würfel ohne Schmuck

Dass Dicey Dungeons ohne technische Probleme läuft, ist angesichts der eher schlichten Comic-Optik zu erwarten. Allerdings ist die Präsentation stellenweise schon fast schmerzhaft schlicht. Zwar wirken die Figuren und vor allem die Gegner liebevoll gestaltet und ausdrucksstark (unser Liebling: die Sängerin am Piano), die Levels werden dagegen schnell eintönig und könnten durchaus ein paar Hintergrundanimationen mehr vertragen. Auch wenn es natürlich nicht ganz so drastisch reduziert ist wie der ebenso geniale Genre-Kollege Baba Is You.

Gar nicht meckern kann man dagegen über den Soundtrack. Der untermalt das Geschehen dezent, aber stimmungsvoll und nervt auch nicht, wenn man diese verdammte fünfte Diebes-Episode zum zehnten Mal angehen muss.

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